Bad Berleburg/Hamm. Der Rechtsstreit mit den Waldbauern im Sauerland geht nun wohl weiter. Nach dem Urteil aus Hamm prüft der Trägerverein den erneuten Weg zum BGH.

Für die freilebenden Wisente im Rothaargebirge wird die Luft immer dünner. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm gab am Donnerstag den Klagen von zwei Waldbauern aus Schmallenberg-Oberkirchen recht, die seit Jahren nicht hinnehmen wollen, dass die bulligen Wildtiere die Rinden ihrer Buchenbestände anknabbern und diese aus ihrer Sicht nachhaltig schädigen. In beiden Verfahren der klagenden Waldeigentümer hat das OLG Revision zugelassen. „Daher prüft der Wisent-Verein nun, erneut Revision beim BGH in Karlsruhe einzulegen“, erklärt der Pressesprecher des Wisent-Vereins, Dr. Michael Emmrich. „Damit würde der Rechtsstreit in eine weitere Runde gehen.“

Das sagen die Richter

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Der 5. Zivilsenat des OLG vertrat bei seiner Entscheidung die Ansicht, dass die beiden Kläger aus dem Sauerland die Beeinträchtigungen ihrer Wälder durch die Wisente nicht länger hinnehmen müssen. Die Waldbauern könnten vom Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein verlangen, dass diese die Ausflüge der Wisente auf ihre Grundstücke mit Hilfe „geeigneter Maßnahmen“ verhinderten.

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Nach Auffassung der OLG ist die sogenannte Freisetzungsphase des Projekts nach dessen Start im Jahr 2013 längst beendet. Das hatte der Trägerverein bei der mündlichen Verhandlung Ende Mai anders gesehen. In der Freisetzungsphase, so der Senat, sollten nur über einen „begrenzten Zeitraum“ Erfahrungen über das Verhalten der Tiere in Freiheit gesammelt werden.

Die OLG-Richter kritisierten in ihrer Entscheidung, dass die Projektbeteiligten nicht der Aufforderung im Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Juli 2019 gefolgt seien, „zeitnah zu einer Entscheidung für oder gegen die Fortsetzung des Projekts zu gelangen“.

Das sagt der Wisent-Verein

Die Vertragsparteien des Wisent-Projektes hätten seinerzeit „für die angestrebte Wiederansiedlung einen klaren rechtlichen Rahmen formuliert“, erläutert Vereinssprecher Dr. Emmrich. Demnach sollten „insgesamt drei öffentlich-rechtliche Verträge [...] nacheinander die Grundlage für das Artenschutzprojekt im Rothaargebirge bilden“.

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Der erste Vertrag, der die Phase bis zur Freisetzung im April 2013 geregelt habe, so Dr. Emmrich, sei von einem zweiten Vertrag abgelöst worden, der die Grundlage für die aktuelle Freisetzungsphase bilde. Und in einem noch zu schließenden dritten Vertrag „sollten schließlich die Rahmenbedingungen für die dauerhafte Ansiedlung und Freiheit der Wisente formuliert werden“.

Die politische Entscheidung

Die Urteile des Gerichts beziehen sich laut Dr. Emmrich „ausschließlich auf den Vertrag der aktuellen zweiten Phase“. Und „mit einem entsprechenden dritten Vertrag zur dauerhaften Etablierung des Artenschutzprojektes wären die klagenden Privatwaldeigentümer dann wieder verpflichtet, die Wisente zu dulden“. So ein neuer öffentlich-rechtlicher Vertrag „wäre unter Federführung des NRW-Umweltministeriums zu schließen“.

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Im Auge hat der Wisent-Verein auch eine politische Entscheidung über das Projekt, die NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser noch für das laufende Jahr angekündigt hat. Basis dafür soll ein Gutachten sein, „das in Kürze in seiner endgültigen Fassung vorgelegt werden wird“, so Dr. Emmrich. Den Entwurf der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo Hannover) dazu hatte die Westfalenpost erst kürzlich exklusiv veröffentlicht. Der Wisent-Verein erwarte nun, so dessen Sprecher, „dass diese politische Entscheidung noch vor einem weiteren Gerichtsentscheid fallen wird“.