Wittgenstein. Die Sassenhäuserin tritt erneut für die CDU im Landtagswahlkampf an. Im Interview spricht sie auch über Koalitionen, KAG und Gendern.
Am Samstag ist Anke Fuchs-Dreisbach vom CDU-Kreisverband gemeinsam mit Jens Kamieth aus Siegen erneut als eine von zwei Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Mai 2022 aufgestellt worden. Grund genug mit der ersten Wittgensteinerin im Düsseldorfer Landtag über ihre Bilanz in Düsseldorf und bevorstehende Wahl zu sprechen.
Zur Person Anke Fuchs-Dreisbach
Anke Fuchs-Dreisbach wurde am 13. April 1977 in Bad Berleburg geboren.Aufgewachsen ist sie mit vier Geschwistern, Eltern und Großeltern auf einem Bauernhof im Bad Berleburger Ortsteil Sassenhausen.Eltern: Ihre Mutter besaß ein Lebensmittelgeschäft und ihr Vater eine Werkstatt für Forst- und Gartentechnik. Anke Fuchs-Dreisbach erlernter zunächst den Beruf der Schornsteinfegerin. Später machte sie eine weitere Ausbildung zur examinierten Physiotherapeutin.Seit 2017 ist sie Abgeordnete des Landtages NRW.
Im Mai 2022 wird ein neuer Landtag gewählt. Zeit ein Stückchen Bilanz zu ziehen. Welches politische Thema hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten beschäftigt?
Anke Fuchs-Dreisbach Meine Aufgaben sind zum Glück vielfältig. Ich konzentriere mich auf die Stärkung der Region und da sind als gute Erfolge die zahlreichen Projektförderungen und Fördermittelvergaben zu nennen, z.B. die vielen Mittel zur Stärkung des Ehrenamtes in Vereinen und bei der Feuerwehr, Sanierungshilfen für Sport- und Vereinsanlagen und sämtliche Dorferneuerungsprogramme und Städtebaufördermittel uvm., die für die Lebensqualität in den Ortschaften von großer Bedeutung sind. Diese Fördermittel werden manchmal als eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Tatsächlich aber sind sie deutlicher Ausdruck einer Politik, die das Gemeinschaftsleben in unseren Orten stärken soll.
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Was ist Ihnen in ihrer ersten Legislaturperiode besonders gut gelungen?
Politik ist immer eine Mannschaftsleistung. Als Abgeordnete bringe ich die Anliegen, die mir die Bürger mitgeben, bei den zuständigen Stellen vor. Im Laufe einer Wahlperiode sind es hunderte kleiner Themen, die mir angetragen werden. Und immer geht es mir darum, für neue Ideen Zustimmung und letztlich Mehrheiten zu erzielen. Mein Antrieb in die Politik zu gehen, war u.a. die Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Gesundheitsfachberufen. Und da ist viel Erfreuliches gelungen. Die Abschaffung des Schulgeldes war eine gravierende Notwendigkeit! Die Schülerzahlen in den Gesundheitsberufen wie Physiotherapeuten Logo-, Ergotherapeuten, Podologen und PTA steigen wieder, und damit wirken wir dem Fachkräftemangel in diesen Berufen deutlich entgegen.
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Lokalpolitisch war vor allem die Diskussion um die KAG-Gebühren wichtig. Wie schätzen Sie die von der schwarz-gelben Landesregierung umgesetzte Gesetzesnovelle ein?
Die Novellierung des Gesetzes zum Kommunal-Abgaben-Gesetz war ein Riesen-Kraftakt. Alle Argumente wurden zu diesem sehr komplexen Thema zwei Jahre lang ausgetauscht. Das Ergebnis ist ein Gesamtpaket mit einem guten Kompromiss: Das Land übernimmt die ermittelten und berechneten Straßenausbaubeiträge zur Hälfte, die frühzeitige Bürgerbeteiligung und Bürgerinformation ist verbindlich. Außerdem gibt es einen Rechtsanspruch auf Ratenzahlung für 20 Jahre, wir haben eine Tiefenbegrenzung und eine Eckgrundstücksregelung sowie eine Härtefallregelung eingeführt. Die Kommunen sind jetzt aufgefordert, eine Klassifizierung der Straßen zu erarbeiten und die kaputten Straßen konkret aufzulisten. Denn niemand kann sagen, wie teuer die komplette Übernahme der Anliegerbeiträge sein wird, da es dazu keine konkreten Angaben gibt. Zudem darf man nicht den Fehler machen, dass die Bezeichnung KAG ausschließlich für den kommunalen Straßenbau steht. Abschaffung KAG - das ist schon alleine eine Fehlformulierung. KAG beinhaltet nicht nur den Straßenbau sondern auch Abwasser, Kanal- Erschließungskosten und mehr. Wer A wie Abschaffung sagt, muss auch B wie Bezahlen beantworten können!
Windkraft war ein bestimmendes Thema in den zurückliegenden Jahren. Mit dem Regionalplan-Entwurf ist die Diskussion nun noch heftiger geworden. Ist der Ausbau in Südwestfalen überhaupt noch zu verhindern?
Der Gedanke, mit Wind Strom zu erzeugen, ist sympathisch und gut. Es gibt Regionen in NRW die bestens geeignet sind und einen Ausbau von Bürgerwindparks anstreben. Regionen, die auf Tourismus setzen und mit dem Slogan „Naturparadies Südwestfalen“ werben und etliche Premiumwanderwege besitzen, haben ein für mich nachvollziehbares Akzeptanzproblem mit Windenergieanlagen. Es gilt für mich unbedingt eine sog. Verspargelung und Umzingelung von Ortschaften zu verhindern. Die Kommunen sollten jeweils für sich die Entscheidung treffen können, an welchen Stellen sie Vorrangzonen/ Konzentrationszonen ausweisen wollen. Es geht nicht ums Verhindern, sondern um eine Regelung, die von den Menschen akzeptiert wird. Wir brauchen nicht eine Politik, die ohne Rücksicht auf die Bürgerinnen und Bürger ihre Vorstellungen durchsetzt, sondern demokratische Politik muss immer das Bemühen sein, einen breiten Konsens zu finden.
Ähnlich schwierig sind die Debatten um Wohn- und Industriegebiet sowie Straßen. Wie realistisch ist der Ausbau der Route57 heute noch?
Die Ortsumgehungskette Route 57 ist aus mehreren Gründen notwendig. Und zu diesem Thema gibt es eine breite Unterstützung. Damit unsere heimischen Betriebe wettbewerbsfähig und somit erfolgreich bleiben können, brauchen wir ein schnelle Verbindung ins Siegerland, also zur Autobahn. Gleichzeitig entlasten wir die Anwohner wie z.B. an der Straße durch Ferndorf; von Lärm, Gestank und Feinstaub. Unserem Verkehrsminister Hendrik Wüst habe ich ganz klar gesagt: Spätestens in der nächsten Legislaturperiode muss er mit dem Spaten kommen und den ersten Stich setzen.
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Sie treten erneut als Direktkandidatin für Wittgenstein und das nördliche Siegerland an. Mit welchem politischen Ziel gehen Sie in den Wahlkampf?
Mein Hauptziel ist und bleibt, im Landtag die starke Stimme für die Menschen in unserer Region zu sein. Politik in Bund und Land, und das hat gar nichts mit Parteipolitik zu tun, ist häufig sehr stark an den Umständen und das Leben in Großstädten ausgerichtet. Wir sind hier der so genannte ländliche Raum. Eine vielfältige, bunte Region, die zum Leben, wohnen und arbeiten und zur Freizeit und Erholung einlädt. Die Menschen, die Einrichtungen und Unternehmen hier bei uns brauchen häufig ganz andere Unterstützung und eine andere Art der Förderung. Ich nenne beispielhaft mal wieder mein Hauptthema Gesundheit: Leider sind durch die Pandemiebekämpfung einige Ziele liegen geblieben. Im Gesundheitsbereich wachsen die Aufgaben. Wir brauchen überall eine gute hausärztliche Versorgung, eine feste und zukunftsorientierte Krankenhausplanung, wir brauchen dringend neue Fachkräfte in Gesundheitsberufen. Zusätzlich gibt es mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen neue Chancen, die wir nutzen müssen. Wir sind eine wirtschaftsstarke Region mit vielen Mittelständlern. Aber auch hier können wir nur Zukunft sichern, wenn wir ganz verstärkt den Kampf gegen den Fachkräftemangel in allen Berufen aufnehmen und gleichzeitig, bitte mit allen Städten und Gemeinden gemeinsam, dafür sorgen, dass unsere Region noch spannender, attraktiver, interessanter und bekannter wird.
Bündnis 90/Die Grünen haben in Umfragen deutlich zugelegt. Ist eine schwarz-grüne Landesregierung für sie denkbar?
Denkbar ist so vieles. Aber ist das wünschbar? In jedem Fall ist es schwer machbar. Ich denke, dass wir eine starke Regierung brauchen, die sachorientiert und realistisch denkt, plant und arbeitet.
Wie denken Sie über Gendersprache?
Durch die Veränderung der Sprache werden wir weder Gleichberechtigung noch Gleichstellung erreichen. Starke, engagierte Frauen haben im letzten Jahrhundert wahnsinnig viel erreicht und vor allem ein neues, wichtiges Bewusstsein für Gleichstellung geschaffen. Jeder soll selbstbestimmt leben. Mit dem Gendersternchen habe ich meine Probleme. Ich denke, dass wir auch eine Verantwortung für unsere Sprache tragen. Sprache dient der Verständigung, nicht der Spaltung. Ich bin sicher, dass wir eine diskriminierungsfreie Sprache, die Frauen und Männer gleichermaßen ernst nimmt, auch sehr gut ohne Gendersternchen erreichen können.
Wie können Frauen in der nach wie vor von Männern dominierten Wirtschaft und Politik eine stärkere Rolle spielen?
Ja, ich will, dass Frauen in Wirtschaft und Politik viel stärker mitwirken. Aber das erreichen wir nicht durch Beschlüsse und Quotenregelungen allein. Ein wesentlicher Faktor ist Bildung, wirtschaftliche und politische Kenntnisse und Fähigkeiten. Es muss deutlich werden, wie interessant, ja spannend es ist, in Wirtschaft oder Politik mitzuwirken. Der Anreiz, etwas zu bewegen und sich einzubringen, muss gestärkt werden. Zum Glück gibt es in der jungen Generation ein völliges Umdenken zu diesem Thema. Viele junge Leute wissen zu schätzen, wie bereichernd Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit in der Arbeitswelt ist. Mit Blick auf die Akzeptanz von Frauen, darf das Leistungsprinzip nicht außer Acht gelassen werden.
Das Interview führte Lars-Peter Dickel