Bad Berleburg. Sieben Südwestfälische Heilbäder schrauben am Konzept für die Zukunft. Bad Berleburg hat die Federführung für einige Konzepte.

Bad Berleburg arbeitet an seiner Zukunft als Heilbad. Gemeinsam mit sechs anderen südwestfälischen Heilbädern und Kurorten - Bad Laasphe, Bad Sassendorf, Brilon, Olsberg, Schmallenberg und Winterberg - entwickelt die Stadtverwaltung in einem Projekt ein Konzept für den „Kurort der Zukunft“, in dem Tourismus und Gesundheitsanbieter gebündelt werden und die wirtschaftliche Basis der Kurorte gestärkt werden soll. Das ist erneut Thema in der Politik.

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Rückblende

Es war ein unglaublicher Boom, der Berleburg erfasste und zu einer bekannten Adresse des Gesundheitswesens machte. Sanatorien und Kurheime schossen wie Pilze aus dem Boden. Den Grundstein dafür legte der 1951 gegründete Kneippverein, aus dem später die Wittgensteiner Kurgesellschaft und dann die Kuranstalt (WKA) wurde. 1967 stellten die Stadtväter dann den Antrag auf einen Bad-Titel, der 1971 auch verliehen wurde.

Kurorte-Tinder: App zeigt das beste Angebot

Was kann Bad Berleburg zu einem Kurort der Zukunft machen?

Die Stadt Bad Berleburg möchte sich nachhaltig und ganzheitlich als Kurort der Zukunft ausrichten. Im interkommunalen Dialog sollen dabei gemeinsame Lösungsansätze entstehen, von denen alle Projektbeteiligten profitieren können. In einem ersten Schritt haben dazu Workshops mit den Beteiligten stattgefunden, weitere sollen folgen. Durch die wissenschaftliche Begleitung der Universität Siegen und der Fachhochschule Südwestfalen soll die Ausarbeitung der Lösungsansätze auf nachhaltig breiter Basis, orientiert am Bedarf der Kurgäste, ausgerichtet sein. Ein wichtiger Baustein kann dabei beispielsweise das beantragte Projekt DigiKur sein.

Beim Thema Auszeit in Südwestfalen geht es um Prävention für Pflegende Angehörige. Wo kommen die Pflegebedürftigen während dieser Aufenthalte unter bzw. wie kann deren Versorgung sichergestellt werden?

Zunächst stehen bei diesem Thema die Pflegenden Angehörigen im Fokus. Diese sollen vor Ort eine Auszeit erhalten. Hervorzuheben bei diesem Projekt ist grundsätzlich ebenfalls der interkommunale Gedanke, auf dessen Grundlage Präventionskurse für pflegende Angehörige entwickelt werden sollen. Das Angebot soll dabei Patienten-spezifisch konzipiert sein. Darüber hinaus können optional auch die Pflegebedürftigen selbst mitgebracht werden – die Stadt Bad Berleburg ist als Kurstadt auch Rehastandort. Aufenthalt und Versorgung kann dann beispielsweise vor Ort durch die Zusammenarbeit mit den Vamed-Rehakliniken erfolgen. Alternativ gibt es aber natürlich auch die Möglichkeit der Kurzzeitpflege in der Heimatregion bzw. im Heimatort des oder der Pflegebedürftigen.

Stichwort DigiKur. Gesundheits- und Fitnessdaten sollen spezifische Angebote für Patienten möglich machen. Welche Daten passen zu welchem Angebot?

Beim geplanten Projekt DigiKur – ebenfalls ein interkommunales Projekt, für das ein Regionale-Antrag gestellt wurde – handelt es sich um individualisierte Angebote. Dabei werden Gesundheitsparameter von Gästen mobil erhoben und mit kurörtlichen Gesundheitsangeboten informationell gekoppelt. Das Ergebnis ist ein auf die Person zugeschnittenes individuelles Angebot zum Erhalt und zur Ertüchtigung von Gesundheit und Vitalität.

Welche IT-Infrastruktur braucht es dafür beim Anwender und den Kurorten (Endgeräte wie Smartphones verfügen häufig über entsprechende Apps)?

Das Angebot könnte über eine noch zu entwickelnde Kurorte-App ausgerollt werden. Diese soll beispielsweise auf Smartphones installiert werden können, aber auch auf handelsüblichen Fitnesstrackern bzw. Smartwatches.

Und wie kann sichergestellt werden dass bei dem „Kurorte-Tinder“ der Datenschutz gewährleistet wird?

Ein Datensicherheits- und Datenschutzkonzept, das alle vom System berührten Regularien einbezieht, muss selbstverständlich projektbegleitend erstellt werden, da es sich um gesundheitsrelevante Daten handelt. In diesem Zusammenhang sollen auch eine Akzeptanzanalyse und eine ethische Beurteilung erfolgen.

Seine beste Zeit erlebte das kleine, feine Bad Berleburg dann in den 1970er und 1980er Jahren, in denen die der Gesundheitssektor mit den vier Kliniken der Wittgensteiner Kuranstalt zu einem der größten Arbeitgeber wurde. Das Kreiskrankenhaus, das Kriegsblindenheim, die Klinik Wittgenstein des Johanneswerkes und andere rundeten das Angebot ab.

Das Klischee „Morgens Fango, abends Tango“ galt auch in Berleburg. In der Gastronomie herrschte zumindest bis kurz vor 22.30 Uhr oft Hochstimmung. Dann mussten die Kurgäste und Kurschatten wieder in ihre Kliniken und Unterkünfte zurück. Hinzu kamen Konzerte und Tanzveranstaltungen.

Gegenwart

Heute, 70 Jahre und etliche Gesundheitsreformen später, ist vom Charme des Heilbades nicht viel mehr übrig als eine „Sebastian-Kneipp-Brücke“ und Erinnerungen. Die Rehabilitation hat das Kuren abgelöst. 1993 löste sich der Kur- und Verkehrsverband auf. Die Kliniken spezialisierten sich und wurden nach dem Verkauf der WKA an Fresenius 2001 immer wieder nach Kostengesichtspunkten optimiert und schließlich zu einer Reha-Klinik vereint. Reha-Patienten sind seltener im Stadtbild, der Gastronomie und den Geschäften anzutreffen, weil sie häufig kurz nach medizinischen Eingriffen noch wenig mobil sind. Der Medizinsektor wurde von der Industrie als größtem Arbeitgeber abgelöst. Auch der Tourismus, Hotels und die Gastronomie haben in der Folge ein Betriebesterben erlebt.

Ausblick

Die Politik in Bad Berleburg befasst sich aktuell mit drei Schlagworten;: „Kurorte der Zukunft“ heißt ein Projekt, bei dem die Uni Siegen und die Stadt Bad Berleburg die Federführung haben. Das Projekt wird vom Bundesinnenministerium mit 179.800 Euro gefördert. Die im Projekt nachzuweisenden Eigenanteile werden durch Bereitstellung von Personal und Materialien für Workshops dargestellt.

Das zweite Stichwort heißt „Auszeit in Südwestfalen“ und soll ein Angebot speziell für die Zielgruppe der Pflegenden Angehörigen entwickeln. Bei einer 80-prozentigen Förderung werden hier 8889 Euro als Eigenanteil auf die Kommunen zukommen.

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Das dritte Stichwort heißt Digi-Kur. Die Universität Siegen und die Fachhochschule Südwestfalen wollen eine IT-Infrastruktur schaffen, bei der persönliche Gesundheits- und Fitnessdaten die richtigen individuellen Kur- oder Urlaubsangebote ermitteln. Bei einem Projektvolumen von 750.000 Euro entfallen auf jede Kommune 20 Prozent Eigenanteile.