Wingeshausen. Astrazeneca ist kein zweitklassiger Impfstoff, der nicht mehr Risiken birgt als Biontech – aber kaum einer will ihn. Das ist ein großes Problem.

„Nehmt euch ein Herz – nehmt Astrazeneca!“ Der Appell von Dr. Oliver Haas ist eindeutig: Viele Praxen bleiben auf dem Impfstoff sitzen, seit er in der Öffentlichkeit ein schlechtes Bild abgegeben hat. Aber: Er ist nicht risikoreicher als Biontech oder Moderna. Er ist mindestens genauso wirkungsvoll, nur: Kaum einer derjenigen über 60-Jährigen, für die Astrazeneca vorgesehen ist, will den Impfstoff aufgrund des schlechten Images. Und so bleibt gerade für die jungen Leute weniger Biontech übrig. Haas ist selbst mit Astrazeneca geimpft und würde auch seine Familie damit impfen: „Etwas anderes würde ich meinen Patienten auch niemals empfehlen.“

Das Problem

Allerdings lehnen viele derer, für die eben dieser Impfstoff vorgesehen ist, Astrazeneca ab, wollen lieber

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Biontech. Das Problem hierbei ist jedoch, dass das Risiko, durch Astrazeneca eine Hirnvenenthrombose zu erleiden, für junge Menschen höher ist als für ältere Leute. Und selbst dann ist das Risiko verschwindend gering: „Wir sprechen hier von vier bis fünf Fällen auf eine Millionen Impfungen. Bei so einer Chance würde keiner Lotto spielen.“ Das Risiko sei dennoch ans Alter gebunden – warum das genau so ist, wisse man nicht, so Haas. Nur: Gerinnungsstörungen spielen dabei keinen Faktor.

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Leute über 60 könnten sich also den Stoff bedenkenlos geben lassen. „Es ist aber jeden Tag ein Kampf. Die Leute dieser Altersgruppe und darüber wollen den Stoff oft nicht und wollen stattdessen lieber mit Biontech geimpft werden. Sie würden dann sogar lieber ins Impfzentrum nach Siegen fahren, als sich in der Hausarztpraxis Astrazneca geben zu lassen.“ Teilweise würden seine Arzthelferinnen sogar beschimpft werden, die Patienten würden als Versuchskaninchen missbraucht.

Weniger Impfstoff

Das Problem, wenn keiner der älteren Menschen Astrazeneca will und lieber auf Biontech zurückgreifen möchte – es bleibt insgesamt weniger des für junge Menschen empfohlenen Impfstoffes Biontech übrig. „Ich appelliere daher ausdrücklich an die Menschen, sich solidarisch zu verhalten“, so Haas.

„Als die Pandemie begann herrschte viel Solidarität, damit sich die älteren Menschen nicht anstecken und an Corona sterben. Jetzt sollte das auch umgekehrt funktionieren.“ Denn auch junge Menschen wollen und

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sollten geimpft werden, vor allem wenn sie eine Vorerkrankung haben. „Vorerkrankungen sind nicht exklusiv den über-60-Jährigen vorbehalten“, so Haas. Würden sich alle den Impfstoff geben lassen, der für sie empfohlen ist, würde auch der gesamte Impfvorgang schneller vonstatten gehen.

Denn das Impfstoffkontingent ist immer dasselbe – wenn sich jemand im Siegener Impfzentrum Biontech statt in Wingeshausen Astrazeneca geben lässt, fehlt unter dem Strich diese Dosis Biontech dennoch. „Ich würde auch gerne jemanden Mitte 20 impfen können, der gar nichts hat, denn auch so jemand möchte doch seine Freiheit irgendwann wieder“, so Haas. In seinen Praxen in Wingeshausen und Erndtebrück wird jeder letzte Tropfen von Biontech ausgenutzt, nichts wird verschwendet.

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Viele jüngere Menschen rufen derweil bei ihm an, wollen unbedingt geimpft werden, „zur Not auch mit Astrazeneca“. Doch dabei hat Haas Bauchschmerzen, versucht dennoch Biontech anzubieten – auch wenn das Risiko gering ist, will er dennoch die Impfstoffe geben, wie es empfohlen ist.

Außerdem: Auch die anderen Impfstoffe bergen Risiken: „Eine meiner Patientinnen, die diesen Stoff bekommen hat, bekam daraufhin eine Hirnvenenthrombose.“ Mittlerweile hat sie sich wieder erholt. Was auch zeigt: Die Thrombose ist nicht automatisch ein Todesurteil.

Die Wirksamkeit

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Astrazeneca ist bei Weitem kein Impfstoff zweiter Klasse, betont Haas – im Gegenteil. „Ich habe mich drei Wochen nach der ersten Impfung auf Antikörper testen lassen, die waren wahnsinnig hoch“, so Haas. Er hofft auf die Solidarität und das Vertrauen auf Hausärzte. „Ich würde nie etwas impfen, bei dem ich Nachts nicht mehr schlafen könnte, weil der Patient daran sterben könnte.“