Wittgenstein. Katrin Buhbut ist eine der Filmemacherinnen – und stammt selbst gebürtig aus Wittgenstein. Für sie war der Dreh daher etwas ganz besonderes.

Wohin man auch derzeit in den Wäldern blickt – beinahe überall sind die Folgen des Klimawandels, Stürme wie Kyrill, die Hitze und Trockenheit der letzten Jahre und die die Borkenkäferplage zu sehen. Um diesen Folgen Herr zu werden, arbeiten Tag für Tag zahlreiche Menschen Hand in Hand – so auch die Protagonisten der Dokumentation „Das grüne Herz Westfalens“, die heute Abend um 20.15 Uhr im WDR zu sehen sein wird.

Protagonisten wie die jüngste Revierleiterin des Regionalforstamtes Siegen-Wittgenstein – Ann-Sophie Bilsing, Kaja Heising von der Wisent Welt, die Kultur-Frauen Iris Imhof und Elke Bäcker-Heuel, Forstdirektor Henning Graf von Kanitz und viele weitere kommen dabei zu Wort. Die Redaktion hat mit Katrin Buhbut – eine der Filmemacherinnen – unter anderem über die Hintergründe gesprochen.

Teamarbeit

„Dass ich einmal zusammen mit meiner besten Kollegin und Freundin Katja Debus so intensiv in meine Heimat schauen würde, hätte ich mir bis vor kurzem gar nicht vorstellen können“, sagt die Filmemacherin und gebürtige Wittgensteinerin Katrin Buhbut. „Gerade wo mein Blick eher in die Fremde, in das Unbekannte gerichtet war.

Dabei habe ich glatt übersehen, wie naheliegend das Unbekannte sein kann. Und vor allen Dingen: wie spannend“, sagt sie. „Natürlich sind wir uns immer über die Verantwortung gegenüber den Themen und Menschen, die wir in den Fokus nehmen, bewusst. Aber jetzt in der eigenen Heimat bekommt das noch eine zusätzliche Dimension, zumal sie aufgrund des Klimawandels und seinen Folgen starken Veränderungen unterworfen ist, und die große Frage, wie damit umzugehen, die Gemüter bewegt und ganz bestimmt noch lange bewegen wird.“

Heimat neu entdecken

Heimatflimmern heißt der Sendeplatz beim WDR, und so war klar – Heimatgefühl sollte die Grundstimmung für die Dokumentation sein. Und wenn Wald den Deutschen Inbegriff ihres Wesens ist, was bedeutet das dann im waldreichsten Kreis der Bundesrepublik? Bei 45 Minuten Sendezeit kann das Erfassen der verschiedenen Ebene – der zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen, ganz schön sportlich

Mit Spaß bei der Arbeit: Hier werden gerade die Szenen mit Revierleiterin Ann-Sophie Bilsing (rechts) gedreht.
Mit Spaß bei der Arbeit: Hier werden gerade die Szenen mit Revierleiterin Ann-Sophie Bilsing (rechts) gedreht.

werden. „Wir hatten uns für das multiperspektivische Erzählen entschieden, um den diversen Facetten gerecht zu werden“, sagt Buhbut und ergänzt: „Und auf jeder dieser Ebenen gab es Neues, Erzählenswertes zu entdecken! So fantastisch transportiert über die Protagonisten, die uns mit so viel „grünem“ Herzblut und Geduld ihr jeweiliges Walten im Wald vor der Kamera gezeigt haben.“

Film, so Buhbut, ist Teamwork – vor und hinter der Kamera. Das ist dem Autorinnenduo wichtig: „Jedem Einzelnen der Beteiligten können wir nur mehr als großen Dank sagen.“

Und für die Wittgensteinerin Katrin Buhbut war es ganz besonders, nicht nur die eigene Heimat neu zu entdecken: „Nein, sie zusammen im Team zu entdecken und dabei zu verstehen, wie sehr jeder Einzelne des Teams sich in der Waldverbundenheit wieder gefunden hat, war besonders“, sagt sie. „Wir haben hier vertrauensvoll Hand in Hand gearbeitet. Katja und ich haben viel darüber gesprochen und wir haben das Gefühl, dass in dieser Zeit des Klimawandels, des Waldwandels, die Menschen bereit sind, mehr von sich für den Wald und somit für die Zukunft zu geben.“

Und was haben die beiden Filmemacherinnen bei diesem Projekt gelernt? „Dass der Mensch schon seit tausenden von Jahren die Landschaften und das, was dort gedeiht, oder eben nicht gedeiht, maßgeblich gestaltet und somit die Verantwortung dafür trägt – und zwar gemeinschaftlich“, so die Wittgensteinerin. „Man kennt ja den Begriff ,Kulturlandschaft’. Dazu gehört auch der Wald. Und bei diesem sind die Entscheidungen generationsübergreifend. So selbstverständlich ist das einerseits, und so leicht wird es andererseits übersehen.“ Das Team hat versucht, das Selbstverständliche, das leicht Übersehbare etwas mehr in den Vordergrund zu rücken.

Film-Impressionen

Worum es im Dokumentar-Film heute Abend geht, sollen die kleinen Impressionen aus dem Themenreigen des Films im Folgenden geben: „Frauen, die im Wald arbeiteten gab es früher tausende – in Wittgenstein, in NRW, in ganz Deutschland. Man nannte sie Kulturfrauen – heute gibt es in Wittgenstein

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nur noch zwei von ihnen.“ Und die sind Protagonisten in der Dokumentation. „Dafür gibt es immer mehr Försterinnen. Eine der jüngsten in NRW und auch in Deutschland übernimmt gerade im Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein jede Menge Verantwortung.“

Spurensuche

Des weiteren geht es im Film um Spurensuche: Unter anderem um das Wisent und die Historie. Was hat der Wald mit Kunst und Sterben zu tun? Und wie berührend können Bäume sein? Warum und wie kann Hightech im Wald effizient und naturschonender zugleich sein? Warum brauchen Bechsteinfledermäuse Spechte und alte Laubwälder? Und warum braucht es sie wiederum zum Artenschutz? Welcher Wanderweg

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ist der schönste im ganzen Wittgensteiner Land? Was ist eine Hutefichte und warum gibt Wandern mit Eseln ganz andere Aus- und Einsichten? Klingt nach Potpourri, doch hinter jeder Szene stehen Entscheidungen, was und wer kommt wieso und weshalb in den Film? Als Pars pro Toto – aber natürlich mit jeder Menge Spaß und der tollen Erfahrung des Miteinanders, des konstruktiven nach vorn Schauens, ist das Team den Fragen nachgegangen.

Hintergrund-Info

Gefragt nach einer Hintergrundinfo, die den Rahmen des Filmes gesprengt hätte, fällt Katrin Buhbut ein: „Die Kelten hatten bereits vor Jahrhunderten den Wald des heutigen Siegerlandes komplett gerodet, danach zogen sie weiter und der Wald brauchte 600 Jahre, um sich zu erholen“, sagt sie.

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„Als Gegenpol steht hier die Vergegenwärtigung, dass nur drei Prozent der deutschen Wälder älter als 160 Jahre alt sind. Das zeigt Dimensionen auf. Dazu kommt die Vielfalt, die sogenannte Biodiversität, von der wir jetzt erst richtig erkennen, wie wichtig sie ist – für eine starke, gesunde Gesellschaft. Und das ist wohl das, was wir uns für alle wünschen: gesund und stark zu sein.“ Den beiden Dokumentarfilmerinnen Debus und Buhbut ist es ein Anliegen, Anstöße zum Mitdenken und Mitmachen zu geben.