Berghausen. Neun Monate nach dem schweren Unfall beim Osterfeuer ist die 17-Jährige zurück in ihrer Heimat. Ein Gespräch über ihre Reha und ihre Ziele.

„Hallo. Kommen Sie herein.“ Mit einem Lachen im Gesicht öffnet Laura Pott die Tür, als wir sie in Berghausen – ihrer Heimat – besuchen. Es riecht nach frisch renovierten Räumen. Die erste Etage wurde vor ihrer Rückkehr in die Trufte barrierefrei umgebaut, ein moderner Lift an der Treppe angebracht. Seit Samstag ist Laura wieder bei sich zuhause – nach neun Monaten. Acht davon war sie in Reinhardshausen in einer Rehaklinik. Monate, in denen sie viel erlebt und gelernt hat

Den Umgang mit dem neuen Rollstuhl, Umsetzen, verschiedene Therapien, wie Ergo und Physio. Monate, in denen ihre Mutter Mechthild regelmäßig an ihrer Seite war – dank einer Sonderregelung in Coronazeiten und später auch weitere Verwandte und Freunde. Es waren aber auch Monate, in denen Laura einige neue Menschen kennenlernte. „Ich hatte zum Schluss eine wirklich coole Zimmernachbarin“, sagt die 17-Jährige.

Die Rückkehr

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Laura Pott erinnert sich gut an die Rückfahrt nach Wittgenstein. „Wir mussten einiges zusammenpacken und haben dann den Chefarzt total lieb verabschiedet. Das war schon erst einmal komisch nach so langer Zeit“, sagt sie. Das war Anfang Dezember. Ein Fotobuch erinnert an die Zeit in der Rehaklinik in Reinhardshausen, aber auch an die Zeit in der Klinik in Gießen. Eine emotionale Zeit auch für Mutter Mechthild. „Ich sah dort meine Tochter liegen und dachte: Das ist nicht mein Kind“, sagt sie, während sie immer wieder den Blink senkt. „Man sagte mir dann, dass sie höchstwahrscheinlich nicht mehr laufen wird. Ich habe versucht, es zu verdrängen“, erinnert sie sich an die Anfangszeit.

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„Als Laura davon erfuhr, sagte sie noch zu mir: Mama, ich wollte doch LKW-Fahrerin werden.“ Doch Laura gibt nicht auf. Sie kämpft. „Das habe ich von meinem Vater. Er ist 2012 an Krebs gestorben. Er hat lange Zeit dagegen gekämpft. Ich selbst habe ihn oft gepflegt. Diese Zeit hat mich gestärkt“, sagt die 17-Jährige, während sie weitere Bilder aus der Klinik zeigt. „Da haben sie mir zum ersten Mal nach einem Monat die Haare gewaschen“, sagt sie und zeigt auf eines der Bilder. „Ich glaube da war die Erde vom halben Sportplatz in Berghausen mit im Wasser“, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht.

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Bilder einer jungen Frau, die trotz allem das Lachen nicht verloren hat. Die kämpft, für ihre Zukunft, ihre Träumen und Zielen. „Wenn Corona nicht wäre, würde ich zum Beispiel gerne einfach mal wieder feiern gehen – auf ein Schützenfest oder zum Tractorpulling“, sagt sie und lacht. Dennoch aber sei sie gerade auch ein wenig froh, dass dies derzeit nicht möglich ist. „Man muss ja auch erst einmal schauen, wie das dann mit dem Rollstuhl klappt und wie man dann auch unter anderem wieder nach Hause kommt nach dem Feiern.“

Die Alltagsprobleme

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Da sind die steilen und zum Teil kaputten Bürgersteigkanten, steile Rampen, auf denen man kaum mit dem Rollstuhl fahren kann und zu enge Gänge in den Geschäften – Dinge, über die man sich als Außenstehender kaum Gedanken macht. Dinge, die nun zu Lauras Alltag gehören.

„Das fängt ja schon bei der Parkplatzsuche an. Wir sind angehalten, auf dem Hit-Parkplatz in Bad Berleburg zu parken, um überhaupt den Rollstuhl ohne Probleme aus dem Auto zu holen.“ Und auch die neue Bushaltestelle am Krankenhaus birgt einige Gefahren. „Da gibt es nur einen schmalen Weg, sodass ich mit meinem Rollstuhl über die Fahrbahn fahren muss.“

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Nun nutzt die 17-Jährige die Zeit zuhause, um sich weiter einzuleben. „Das sieht immer so einfach aus mit dem Rollstuhl – doch das täuscht. Und damit ist es ja nicht getan. Viele denken immer, dass Rollstuhlfahrer nur nicht laufen können.“ Druckstellen vermeiden, auf die Haut aufpassen, das richtige Sitzkissen verwenden – es gibt vieles, auf das die 17-Jährige seit dem Unfall achten muss.

Die Zukunftswünsche

Und wie schaut es mit ihren Zukunftswünschen aus? Da ist unter anderem der Traum vom LKW-Fahren. „Mein Opa und mein Vater waren auch LKW-Fahrer. Ich glaube, dass liegt irgendwie in unserer Familie“, sagt Laura. Auch diverse Praktika haben sie in ihrem Wunsch bestärkt. Doch dann kam der Unfall. „Ich habe von dem LKW-Fahren erst einmal Abstand genommen, weil ich mich dabei nicht zu hundert Prozent wohlfühlen würde. Dazu gehört mehr, als nur das Fahren. Aus- und Einsteigen und vieles mehr hängen ja auch daran.“ Stattdessen überlegt die 17-Jährige über eine Ausbildung als Speditionskauffrau nach – ein Ausbildungsplatz wurde ihr bereits angeboten. „Ich überlege noch, möchte mich aber derzeit auch nicht stressen“, sagt sie.

Denn erstmal geht es darum, zuhause anzukommen und klarzukommen. „Ich bin froh, wieder hier zu sein. Ich fühle mich hier natürlich viel wohler, auch wenn es zunächst komisch war, hier zu bleiben“, sagt sie über die ersten Tage. „Ich war es gewohnt, nach dem Wochenende wieder nach Reinhardshausen zu müssen. Am Montag habe ich noch überlegt, wann ich wieder los muss“, sagt sie. Doch sie bleibt, trainiert und kämpft weiter – für ihre Ziele und Wünsche.