Bad Berleburg. Abenteuerlich, experimentell, verträumt und kraftvoll: All das vereinte das Klavierduo Neeb, das in Bad Berleburg noch vor dem Shutdown gastierte.
Es mag befremdlich wirken, wenn in Corona-Zeiten die Musiker auf der Bühne plötzlich anfangen, im Duett zu husten. Doch Vincent und Sophie Neeb, ihres Zeichens Pianisten, klärten beim letzten Konzert in Bad Berleburg vor dem Shutdown ihr maskiertes Publikum auf: „Es ist ein experimentelles Stück von Wolfgang Rihm, bei dem wir auch ein wenig schauspielern und husten müssen. Aber keine Sorgen, die Bühne ist ja weit genug weg von ihnen.“
Die Regeln für den Shutdown „light“ gingen gerade durch die Medien, doch die Kulturgemeinde Bad Berleburg hatte sich entschieden, dieses eine Konzert des Klavierduos Neeb am Donnerstagabend doch
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noch stattfinden zu lassen. Und es waren auch noch einige hartgesottene Klassikliebhaber, die den Weg in das Bürgerhaus am Markt auf sich genommen hatten, um sich das Konzert der Geschwister mit Mundnasen-Schutz und auf mit weit auseinanderstehenden Stühlen verteilt anzuhören. Geboten wurde ihnen dafür feinste vierhändige Klavierkunst.
Start mit Debussy
„Wir freuen uns, gerade in diesen Zeiten doch noch vor ihnen auftreten zu dürfen. Möge diese wunderbar beschwingte Musik durch die nächsten Wochen tragen“, sagte Vincent Neeb zu seinem Publikum. Und beschwingt war die Musik durchaus, die er mit seiner Schwester Sophie zum Besten gab. Eröffnet wurde das Konzert mit der Petite Suite von Claude Debussy. Schon bei den ersten zauberhaften Klängen aus
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dem Piano wurde klar, welche musikalische Finesse das Publikum noch erwarten würde. Die beiden Geschwister – Jahrgang 1998 und 2000 – studieren seit 2018 bei hao-Yin Huang und Sebastian Euler Klavierduo am Konservatorium Innsbruck. Sie erhalten zudem regelmäßig Impulse von weiteren führenden Duos wie Yaara Tal und Andreas Groethuysen sowie von Hans-Peter und Volker Stenzl.
Absolute Spielfreude
Mit absoluter Leidenschaft und Spielfreude stürzen sich Sophie und Vincent Neeb in die Stücke En Bateau, Cortège, das Menuet und das Ballet – der Zuhörer hat das Gefühl, die Geschwister drücken sich am liebsten mit Hilfe der weißen und schwarzen Tasten aus, Mimik und Gestik sowie das gefühlvolle und zuweilen kraftvolle Spiel verdeutlicht, dass die beiden die Musik nicht nur spielen, sondern auch leben.
Ein Wechselbad der Gefühle erwartete die Zuhörer auch beim Andante mit fünf Variationen G-Dur, KV 501 von Wolfgang Amadeus Mozart. Doch dabei bewegten sich die jungen Pianisten nach wie vor in den gewohnten Gewässern der klassischen Musik.
Abenteuerlich wurde es hingegen, als sie das zeitgenössische Klavierstück Nr. 3 op. 8c von Wolfgang Rihm präsentierten. Dabei verließ Sophie Neeb zuweilen den
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Hocker und spielte im Piano in enger Kommunikation mit ihrem Bruder, verwendete dabei ein weiches Tuch zum abdämpfen der Saiten, die Vincent Neeb anschlug, oder bespielte dieselben mit einem Plektrum, dass eigentlich für das Gitarrenspiel gedacht ist. Hier und da wähnte man sich als Zuhörer beinahe, zu träumen, so absurd-schön hallte es durch das Bürgerhaus. Mit einem Walzer von Johannes Brahms und der Rapsodie espagnole von Brahms verabschiedeten sich die beiden von ihrem begeisterten Publikum, dass die Geschwister erst nach ausgiebigem Applaus und einer Zugabe gehen ließ.