Wittgenstein. Gastronomie, Kosmetikstudios und vieles mehr sollen ab Montag geschlossen bleiben. Die Redaktion hat mit einigen Betroffenen gesprochen.
Es ist kurz nach 17 Uhr. Gespannt warten Gastronomen, Kosmetiker, Fitnessstudio-Betreiber und viele mehr auf eine Antwort. Darauf, wie es für sie in den kommenden Wochen weitergeht. Dann ein erstes Ergebnis: Ab dem kommenden Montag, 2. November, bleiben Fitnessstudios, Tattoo- und Kosmetik-Studios, Bars, Restaurants und vieles mehr vorerst geschlossen – bis Ende November – so der Plan. Die Lokalredaktion hat mit einigen Betroffenen über diese Entscheidung gesprochen.
Die Gastronomie
Einer von ihnen ist Michael Müller vom Landgasthof Laibach in Bad Berleburg. Wut, Traurigkeit, Empörung und auch Enttäuschung – darüber, was soeben von Bund und Ländern beschlossen wurde. „Da fehlen wir die Worte“, so der Gastronom, der bereits Tage zuvor mit Kollegen, Familie und Freunden über die angespannte Lage gesprochen hat. Erst kurz zuvor hat er im TV eine Stellungnahme vom Vorsitzenden der DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) gesehen. „Da ging es auch darum, dass laut RKI nur bis zu zwei Prozent der mit Corona Infizierten sich in der Gastronomie angesteckt haben. Bis zur Ankündigung heute Abend waren bereits 60 Prozent der Betriebe existenzgefährdet. Viele werden eine zweite Schließung nicht überleben.“
Müller ist wütend über die Entscheidung der Politik. Gerade in der Gastronomie wurde in den vergangenen Monaten viel in neue Hygienekonzepte und deren Umsetzung investiert. „Wir mussten viel Investieren, Listen und Adressen kontrollieren und vieles mehr. Mit der letzten Regelung hätten wir gut leben können, natürlich hätte es auch da Einbußen gegeben, aber nicht so gravierende, wie mit einer weiteren Schließung.“
Viele Familienfeiern, die abgesagt werden mussten, Reisebusse, von denen statt um die 100 nur zwei kamen – die Einbußen während des ersten Lockdowns waren für Müller und auch viele seiner Kollegen hart. „Eine weitere Schließung ist ein völlig falscher Ansatz.“ Dennoch hat er diesen Ansatz bereits geahnt. „Ich habe mit der Entscheidung gerechnet“, sagt er und schaut kritisch auf die nächsten Wochen. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob es bei den vier Wochen bleiben wird.“ Wochen, in denen es auch weiterhin an den Wochenenden Außer--Haus-Essen geben wird – zur Martinsgans-Zeit auch ganze Gänse.
Kontakte auf ein Minimum reduzieren
Auch Stephan Frettlöh vom Westfälischen Hof in Erndtebrück ist wütend über die Entscheidung – kann sie aber zum Teil nachvollziehen. „Wir tragen sie mit, weil es diesmal eine bundesweite Entscheidung ist und kein Flickenteppich, wo jedes Land wieder seine eigenen Regeln hat.“ Auch der Westfälische Hof bietet nach wie vor an drei Tagen ein Außer-Haus-Essen an – wie auch viele andere gastronomische Betriebe. Im Zeitraum vom 11. November bis 26. Dezember wird es – unabhängig von Corona – wieder die Gans-to-Go mit Beilagen geben. „Das wurde in den vergangenen Jahren gut angenommen. Da werden wir uns nun verstärkt drauf konzentrieren.“
Auch für ihn kam die Entscheidung nicht völlig überraschend. „Man hat in den vergangenen Pressekonferenzen schon immer mal wieder eine Tendenz rausgehört. Jetzt geht es erst einmal darum, die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren.“
Die Kosmetikstudios
Es ist 12.30 Uhr. Seit Stunden sitzen die Minister in der Telefonkonferenz und diskutieren über weitere mögliche Maßnahmen. Maßnahmen, die vor allem die Menschen in der Gastronomie, Fitnessstudios, Spa’s aber auch Kosmetikstudios betreffen – so auch Lisa Bues aus Sassenhausen.
Erst vor wenigen Monaten hat die junge Mutter ihr eigenes Kosmetikstudio eröffnet. Der Start verlief für sie positiv. „Es kamen mehr Kunden als erwartet und die haben sich alle wirklich super an die Regeln gehalten. Sobald jemand einen Schnupfen hatte oder sich nicht fit fühlte, sagte er ab. Die Kunden sind da sehr verantwortungsvoll.“
Schon vor Corona war Hygiene bei ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen ein wichtiges Thema. „Egal ob Corona oder nicht – ich reinige und desinfiziere meine Sachen nach jedem Kunden.“ Zudem trägt sie während der Behandlung Handschuhe, Mundschutz und Visier. „Ich glaube steriler ist es nur noch im OP“, sagt sie. „Man fühlt sich einfach machtlos und hofft, dass am Ende alles gut wird und wir weiterhin unsere Kunden bedienen können.“
Einen Plan B während der Schließung gibt es für sie derzeit nicht. „Ich kann höchstens Pflegeprodukte verkaufen. Gutscheine würden sich für mich nicht lohnen. Zwar hätte ich dann jetzt das Geld, aber sobald ich wieder aufmache und die Gäste alle mit Gutscheinen zahlen, fehlen mir die Einnahmen.“ Bis zum Abend hatte sie auf einen Entschluss gegen die vorläufige Schließung gehofft.
Weihnachtsgeschäft startet
Auch Meike Scholl hat nur noch wenig Verständnis für die erneute Schließung ihres Kosmetikstudios Beauty Lounge in Erndtebrück. „Beim ersten Mal war ich noch sehr verständnisvoll. Aber jetzt fehlt auch mir langsam das Verständnis für die Maßnahme.“ Sie selbst wusste bis Mittwochmorgen nicht einmal, dass ihr Bereich mit von einer möglichen Schließung betroffen ist. „Ich habe mein Kind in den Kindergarten gebracht und habe dann auf dem Rückweg erfahren, dass auch wir betroffen sind. Ich bin erst einmal in eine Schockstarre gefallen“, sagt sie.
Nun bleiben nur noch wenige Tage zum Arbeiten und, um den Kunden Bescheid zu geben. „Viele haben schon gefragt, was nun mit ihrem Termin ist.“ Und noch etwas beschäftigt die junge Kosmetikerin: „Jetzt beginnt auch eigentlich unser Weihnachtsgeschäft. Zudem kommen demnächst viele Lieferung.“ SWirklich verstehen kann auch sie die neue Maßnahme nicht. „Wir haben einen sehr hohen Hygienestandard und behandeln immer nur einen Kunden.“ Nun hofft sie, dass die Maßnahmen nicht allzulange dauern und sie schon bald wieder ihre Kunden behandeln kann.