Am Sonntag findet in der Evangelischen Kirche in Erndtebrück sein letzter Gottesdienst statt. Ein Rückblick über seine Zeit im Amt.
Erndtebrück/Bad Berleburg. Aller Abschied fällt schwer – vor allem nach so langer Zeit. Am Sonntag, 20 September, findet der letzte Gottesdienst von Stefan Berk in der Evangelischen Kirche in Erndtebrück statt. Etwas mehr als 22 Jahre ist es her, dass er als neuer Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Erndtebrück ins Amt eingeführt wurde. Üblicherweise assistierten dem örtlichen Superintendenten bei diesem feierlichen Akt zwei weitere Pfarrer – bei Stefan Berk waren es damals stattdessen ganz bewusst zwei Erndtebrücker Presbyteriums-Mitglieder.
Aus den alten Traditionen heraus neue Wege des gelebten Christseins zu finden, so erläuterte der Neue damals diesen Bruch mit dem Althergebrachten. Ganz praktisch wollte er mit und in seiner Arbeit vermitteln, dass es in erster Linie darauf ankomme, die Botschaft des Evangeliums im alltäglichen Eintreten für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit zu leben.
Neue Wege gehen
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Neun Jahre später wurde jener Erndtebrücker Gemeindepfarrer in ein neues Amt eingeführt. Bei der Wittgensteiner Kreissynode war er zum Superintendenten und damit zum Nachfolger von Hans-Jürgen Debus gewählt worden, als dessen Stellvertreter er zuvor Synodalassessor im Kirchenkreis gewesen war. Die feierliche Amtseinführung des neuen Superintendenten Stefan Berk und die Verabschiedung des scheidenden Hans-Jürgen Debus war eine lange Veranstaltung mit vielen Gästen und Grußworten, wo Stefan Berk seine Zukunftsperspektive ganz einfach und kurz auf den Punkt brachte: Er wolle neue Wege gehen, ohne das Alte schlecht zu machen. Dabei hatte ebenfalls ein altes Konstrukt Bestand: Stefan Berk blieb auch Erndtebrücker Gemeindepfarrer, denn Superintendent ist man hier nebenamtlich, daran ändern auch generell weitere Wege im ländlichen Raum und 930 Quadratkilometer Fläche im ziemlich evangelischen Wittgenstein und im eher katholischen Hochsauerland, wo die protestantischen Esloher, Schmallenberger und Winterberger in ihrer Diaspora-Situation leben und zum Wittgensteiner Kirchenkreis gehören, nichts.
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Einer der neuen Wege von Stefan Berk war dabei gar kein ganz neuer, aber ein neuerdings viel öfter genutzter: nämlich der nach Bielefeld. Dort, wo man Wittgensteiner ansonsten gern als Schneewittchensteiner und ganzjährig mit der Frage nach Schnee begrüßte, rückte der kleinste Kirchenkreis mit ihm neu in den Blickpunkt. Das seit Jahren bestehende Jugendaustausch-Programm „Young Ambassadors“ mit der Church of Christ in Indiana und Kentucky wurde deutlicher als das Aushängeschild der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) beachtet, das es stets war.
Stefan Berk brachte sich mit viel Energie auf landeskirchlicher Ebene ein und sprach dort von dem Kirchenkreis, in dem Pfarrer Dr. Ralf Kötter mit dem Diakonischen Werk vor Ort das alte Gemeindeschwester-Modell neu belebte und Pfarrerin Claudia Latzel-Binder das Salutogenese-Konzept anstieß, das hauptamtlichen kirchlichen Mitarbeitenden in Gesundheitsfragen ganz auf der Höhe der Zeit Unterstützung garantierte. Und die Landeskirche nahm es wahr, wie man im Wittgensteiner Kirchenkreis auf dem Land für das 21. Jahrhundert Kirche neu buchstabiert.
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Dabei ging es Stefan Berk auch immer ums große Ganze: So wie er zu Beginn seiner Zeit in Wittgenstein die Erlassjahr-Idee ins Bewusstsein der Menschen gerückt hatte, besuchte er als Superintendent den Wittgensteiner Partnerkirchenkreis Ngerengere in Tansania und die United Church of Christ (UCC) in den USA, und hob schon vorher als Gemeindepfarrer die Arbeit der Regionalen-Agenda-21-Gruppen im Wittgensteiner Zweckverband mit aus der Taufe, die unter anderem bei Fairen Frühstücken nicht nur die typischen Produkte aus dem fairen Teil des Welthandels anboten, sondern gezielt vor Ort nach fairen und biologischen Produkten suchten.
Großes Engagement
Schnell fällt Erndtebrückern die Arbeit von Stefan Berk und seiner Ehefrau Uli im Klöneck ein, außerdem sein Engagement in der Fortsetzung der Kirchengemeinde-Partnerschaft mit Berlin-Müggelheim, das einst in der DDR lag. Bei alldem war die Musik Stefan Berk immer ein wichtiges Anliegen: Von anderen Menschen gemacht, wie beim Judy-Bailey-Konzert in der Erndtebrücker Kirche zum 100-jährigen Bestehen des Gebäudes – aber bei vielen Erndtebrücker Abendgottesdiensten spielte der Pfarrer auch selbst Klavier. So auch bei vielen Ökumenischen Kreuzwegen in der Kirchenkreis-Region III. Dort hatte er unter freiem Himmel sogar seine eigene Gitarre mit dabei.
Sein Einsatz für den Neustart des Freizeitzentrums Wemlighausen als Abenteuerdorf Wittgenstein mit einem modern überarbeiteten Konzept, als stellvertretender Vorsitzender der Lokalen Aktionsgruppe Wittgenstein für das EU-Leader-Fördergelder-Projekt, für die Vereinigung der Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein auf Augenhöhe sind da nur ein paar Schlaglichter während seiner Amtszeit.
Genau wie sein Engagement auf übergeordneten kirchlichen Ebenen: Er arbeitet im Netzwerk „Kirchen im ländlichen Raum“ der Evangelischen Kirche in Deutschland und im landeskirchlichen UCC-Unterausschuss, im Ständigen Ausschuss für Mission, Ökumene und Weltverantwortung der EKvW ist er seit 2016 Vorsitzender. Auch damit ist der Wittgensteiner Kirchenkreis in Bielefeld sichtbarer und greifbarer geworden.
Seine Theologie
Bliebe nur die Frage nach Stefan Berks Theologie. Genau die spiegelt sich in all den aufgezählten Aktivitäten wider. Sie ist außerdem in all seinen Predigten zu hören, die eine Brücke zwischen den alten Texten und der Realität der Gegenwart schlagen. Exemplarisch wurde sie vor sieben Jahren bei der EKvW-Landessynode deutlich, die mit einem Wittgensteiner Gottesdienst eröffnet wurde.
Unter der Leitung von Superintendent Stefan Berk zeigten sich die Schmallenberger Schulpfarrerin Christine Liedtke, die Presbyter Otto Marburger aus Schwarzenau und Thomas Soth aus Wenholthausen sowie der Raumländer Pfarrer Dr. Dirk Spornhauer als Team der Wittgensteiner reformierten Tradition bewusst und stellten damals den 450 Jahre alten Heidelberger Katechismus in den Mittelpunkt des Gottesdiensts.
Eine große Veranstaltungen, wie die bei seiner Einführung in die Evangelische Kirchengemeinde in Erndtebrück, kann es in diesem Jahr coronabedingt leider nicht geben. Aber am Sonntag, genau 22 Jahre und eine Woche nach seiner Einführung in der Edergemeinde, findet der letzte Gottesdienst von Stefan Berk in der Evangelischen Kirche Erndtebrück statt. Dabei gelten die derzeit gültigen Abstands- und Hygieneregelungen. Diese Regelungen sind unbedingt einzuhalten.