Erndtebrück. Bürgermeister-Kandidaten stellen sich vor: Fliesenlegermeister Michael Schnell tritt in seiner Heimat Erndtebrück als unabhängiger Bewerber an.
Anfang Juni schon hatte der Erndtebrücker Fliesenlegermeister Michael Schnell seine „Bewerbung“ samt der notwendigen Unterstützer-Unterschriften beim Erndtebrücker Rathaus eingereicht. „Und das waren mit 70 Unterschriften mehr als die geforderten 44“, betont er. Schnell tritt bei der Bürgermeister-Wahl in Erndtebrück als Einzelbewerber an. Er finde es übrigens schön, dass sein Heimatort neulich beim „Heimat-Check“ unserer Leser mit am besten abgeschnitten habe. „Aber was Schöneres als Wittgenstein gibt‘s ohnehin nicht“, findet Schnell.
Die Kandidatur
Steckbrief: Michael Schnell
Michael Schnell (44) ist gebürtiger Erndtebrücker, dessen Familienwohnsitz im Oberdorf 8 sich nie geändert hat. Die Hauptschule in Erndtebrück schließt er 1992 mit der Fachoberschulreife (Realschulabschluss) ab.
Seine Freizeit ist ausgefüllt mit Arbeiten auch in der elterlichen Landwirtschaft, Bauarbeiten am Elternhaus, dem Hobby Modellbau sowie sportlichen Aktivitäten beim TuS Erndtebrück in den Abteilungen Ski, Fußball und Tischtennis.
1992 beginnt Schnell eine Lehre als Fliesenleger bei Berthold Busch. Nach vier Gesellenjahren bei „Busch Fliesen“ und inzwischen mit dem Meisterbrief in der Tasche gründet der Betriebswirt HWK 2004 sein eigenes Unternehmen. Der 44-Jährige ist verheiratet und hat einen Sohn. Er ist 1. Vorsitzender des Vereins Handel, Handwerk und Touristik Erndtebrück.
Michael Schnell über sich selbst: „Ich bin eigentlich ein ruhiger Zeitgenosse. Es gibt aber Dinge, die mich auf die Palme bringen: Das eine ist Dummheit, das andere Arroganz.“
Wäre eine Kandidatur mit Unterstützung einer Partei nicht einfacher? Immerhin: „Bei der UWG war ich schon einmal in der Fraktionssitzung“, so Schnell. Aber auch CDU und FDP hätten ihn schon eingeladen – und er sei gekommen. Doch der Erndtebrücker möchte politisch unabhängiger sein, als es die UWG ohnehin schon sei. „Ich habe eben andere Einstellungen zu verschiedenen Dingen“, sagt er.
Die kritischen Themen
Beispiel Straßenausbau-Beiträge nach NRW-Kommunalabgabengesetz (KAG): Im Rathaus seien ja im Grunde „alle dafür“ – aber dann hätte zum Beispiel die CDU auch mehr gegen die eigenen Leute im Düsseldorfer Landtag tun müssen, die bekanntlich mit der FDP „nur“ für eine Reform des KAG-Paragrafen 8 und gegen eine Abschaffung gestimmt hätten.
„Und wo ich gegen alle was hab‘, ist die Finanzpolitik“, macht Schnell deutlich. Was ihm da absolut nicht gefalle, sei „die Intransparenz – und dass die Bürger so schlecht beteiligt werden“ an Entscheidungsprozessen. Beispiel „Zukunft der Grundschule“: Da hätten Politik und Verwaltung das Konzept eines Gutachters, das derzeit noch hinter verschlossenen Türen diskutiert werde, doch von vornherein öffentlich machen können, findet Schnell. Denn die nächsten Sitzungen des zuständigen Fachausschusses und des Gemeinderates seien erst wieder Ende September, Anfang Oktober. Also nach der Kommunalwahl am 13. September.
Das ganz heiße Thema
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Er befürchte ja, so Schnell, dass weder der barrierefreie Umbau des bestehenden Gebäudes noch ein Umzug in eine modernisierte frühere Rothaarsteig-Hauptschule tragbar sei. Im Übrigen sei die Grundschule an der Schulstraße schon jetzt bedingt für Kinder mit Rollstuhl zugänglich – man müsse bloß die jeweiligen Klassenräume im Erdgeschoss ansiedeln. „Man muss gucken, was vernünftig ist“, sagt Schnell. Vielleicht sollten das ja auch die Erndtebrücker selbst entscheiden – per Bürgerentscheid pro oder kontra Umzug. So eine Abstimmung ließe sich sicherlich auch gut an die Kommunalwahl am 13. September andocken. Aber leider kämen die Fakten ja nicht auf den Tisch, bedauert Schnell.
Unterdessen steige die Pro-Kopf-Verschuldung Erndtebrücks, stellt der Fliesenlegermeister fest – und die habe noch vor Corona schon bei 3576 Euro gelegen – eine Steigerung von 33 Prozent seit 2009.
Das wichtigste Ziel
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Schnell wünscht sich mehr Fragestunden für Einwohner – nicht nur im Gemeinderat oder als „Bürgerfragestunde für Senioren“ im Ausschuss für Soziales, Sport und Kultur, sondern auch in den übrigen Fachausschüssen.
Die Selbstvermarktung
Und wie möchte sich der Einzelbewerber Michael Schnell den Wählern verkaufen? Das wisse er auch noch nicht so genau, räumt der 44-Jährige ein – aber am besten vielleicht mit viel Ehrlichkeit und dem Ziel, für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung sorgen zu wollen. Jedenfalls wolle er den Bürgern „kein blühendes Erndtebrück“ versprechen.
Die Qualifikation
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Der Erndtebrücker Handwerker, der Mitte September gegen den Amtsinhaber Henning Gronau (SPD) und dessen Herausforderer Steffen Haschke (CDU), Ortsvorsteher in Birkefehl, antritt, richtet sich aber auch auf einen möglichen Wahlsieg ein. „Ich weiß, worauf ich mich einlasse“, sagt Schnell. Er sei zwar „nicht in der Verwaltung groß geworden“, aber dafür gebe es im Rathaus ja auch Fachleute, die den Verwaltungschef unterstützen.
Realschulabschluss, Wehrdienst, Gutachter- und Sachverständigen-Ausbildung, Meisterprüfung, Ausbildung zum Fachkaufmann und zum Betriebswirt (HWK) mit Bestnoten – damit fühlt sich der 44-Jährige für die Wahl gut aufgestellt. Auch mit seiner verantwortungsvollen Grundeinstellung: „Wenn ich als Unternehmer einen Fehler begehe, muss ich das ausbügeln – sonst gehe ich über die Wupper.“
Der Wahlkampf
Im Übrigen sei die Bewerbung für das Bürgermeister-Amt „mein gutes Bürgerrecht“. Er sei eben „irgendwie auch unzufrieden“ mit dem, was im Rathaus passiere, gibt Schnell zu – sieht sich aber nicht als ausgemachter Protest-Kandidat. Und wie schaut es mit dem Wahlkampf aus? „Ich werde definitiv nicht plakatieren“, betont Michael Schnell. Und Info-Flyer werde es auch nicht geben – um die Ressourcen zu schonen.
Die Wahlchancen
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Die amtierenden Bürgermeister in Wittgenstein außer dem in Bad Laasphe vielleicht hätten „die besten Karten“, wiedergewählt zu werden, findet Schnell, hätten sicherlich auch einen Amtsbonus durch Corona. Aber: Schafft es Gronau in Erndtebrück noch auf Anhieb? Oder muss er womöglich gegen einen seiner beiden Mitbewerber in die Stichwahl?
Schnell ist ganz ehrlich: So ein Bürgermeister-Job sei mit mindestens 7500 Euro brutto auch gut bezahlt und krisensicher, biete eine gute Altersvorsorge. Und die Pension sei schon nach zwei Amtszeiten gesichert, so der Fliesenlegermeister.
Vier Fragen an den Kandidaten
Wie würdest Du Deine Kommune einem vollkommen Ortsfremden in einem Satz beschreiben?
Kleinstädtischer Charakter mit schönem Flair.
Worüber hast Du zuletzt herzlich gelacht?
Wir haben ja leider im Moment nicht viel zu lachen.
Und was bringt Dich echt zum Weinen?
Corona und die Folgen, vor allem für die Finanzen – damit werden wir ja noch lange, lange zu tun haben. Und wir werden den Wohlstand auch nicht mehr so halten können wie bisher. Deshalb muss man umdenken, sparsam sein mit allem. Und vor allem auch die Natur schonen, so gut es geht.
Nenne drei Dinge, die Du in Deinem Leben noch unbedingt gemacht haben willst!
Ich bin jetzt Bürgermeister-Kandidat – damit habe ich mir eines von drei Zielen, die ich im Leben unbedingt noch erreichen möchte, bereits erfüllt. Egal, wie‘s ausgeht – ich hab‘s vesucht. Und wenn‘s klappt, hätte ich auch das noch geschafft. Was mein Ziel drei allerdings nicht ist: das Kanzleramt in Berlin. Dafür bin ich zu heimatverbunden.