Elsoff. Borkenkäfer, Trockenheit und hohe Temperaturen: Die kaputten Fichtenbestände belasten die heimischen Waldbauern stark.
Überall sind sie zu sehen: braue Flecken in der sonst so grünen Landschaft. Kaputte Fichtenbestände plagen die Waldbauern. Und es werden immer mehr. Davon haben sich nun die Mitglieder des Berleburger CDU-Ortsverbandes bei einer Waldbegehung in Elsoff ein Bild machen können. „Wir haben uns bewusst Flächen in Elsoff ausgesucht, weil hier die Schäden sehr gut sichtbar sind“, sagt Förster Klaus Daum, der gemeinsam mit seinem Kollegen Manfred Gertz und Johannes Röhl, Forstdirektor der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer, die Tour führte.
Die aktuelle Lage
Dem Wald geht es schlecht – das lässt sich nicht leugnen. Allein im Bereich Elsoff liegt der Schaden bei rund 1,2 Millionen Euro. 23.000 Festmeter Holz wurden bereits aufgearbeitet und dadurch sind gut 20 Hektar Kahlfläche entstanden. „Wir haben 2019 mit dem Abholzen der kaputten Bäume begonnen. Man sieht hier diverse Flächen: Manche stehen noch, manche sind abgeholzt. Das sind immer wieder Folgehiebe. Wir haben ausgekesselt und gehofft, dass sie stehen bleiben. Dann hat uns der Wind den Rest umgeschmissen, oder aber die Käfer sind wieder rein gegangen. Dann musste wieder gehauen werden“, sagt Daum.
Das Problem: Alle 50 bis 100 Meter ändert sich der Waldbesitzer und man muss mit jedem reden. „Ich wurde einmal gefragt: Warum hast du die kaputten Fichten nicht einfach abgehauen? Ja, weil die jemand anderem gehören, die kann ich nicht einfach abhauen.“ Mittlerweile sei man schon soweit, dass man diese Themen mit den Waldbauern am Telefon bespricht. „Wir haben Holzernte betrieben, geschält, begiftet im großen Stil – geholfen hat es alles nichts“, so Daum. „Man verzweifelt da fast. Das ist eine Dynamik da kommt man nicht gegen an. Ich betreibe aktuell eigentlich fast nur noch Seelsorge: Da kommen Waldbauern zu mir und fragen mich: Soll ich jetzt zuschauen, wie mein Wald nun abstirbt?“
Der Käfer und die Witterungsverhältnisse haben den Wald im Griff. Hinzu kommt: „Die Kollegen sind alle am Limit – mit der Aufarbeitung, der Vermarktung, dem Abtransport, mit der Organisation, dem Wegebau und so weiter sind sie mehr als eingespannt. Selbst wenn wir wollten, das ist gar nicht machbar. Das ist kapazitätsmäßig nicht möglich. Es ist nicht zu finanzieren und das Holz ist nicht zu verkaufen. Das ist leider so.“
Bis alles wieder „normal“ weiterläuft – so Daums Kollege Manfred Gertz – dauert es bestimmt noch zehn Jahre.
Ursprung des Problems
Der Ursprung des Problems liegt bereits zwei Jahre zurück – wie Johannes Röhl den Teilnehmern der Waldbegehung erläuterte. „Dieser war der extrem heiße Sommer 2018 mit sehr wenig Niederschlägen. Die Hauptinsekten, um die es hier geht, hatten wir immer schon bei uns im Wald.“ Aber wie das bei Insekten so ist: Sie sind in der Lage innerhalb kürzester Zeit eine Massenvermehrung hinzulegen, wenn die Lebensumstände für sie günstig werden.
„Die Fichte wehrt sich gegen das Einbohren des Käfers durch Harzfluss. Sie kann diesen Harzfluss aber nur aufbauen, wenn sie auch ausreichend mit Wasser versorgt ist. Das genau war aufgrund der hohen Temperatur und dem geringen Niederschlag nicht der Fall. Und so konnte sich der Käfer einbohren und sich dort vermehren.“
Ruhe bewahren
Und wie sieht es in Sachen Neubepflanzung aus? „Selbst wenn wir pflanzen wollten – einige Waldbesitzer sind mutig und haben schon angefangen – aber das war alles vergeblich, denn auf dieser Fläche sind jede Menge Rüsselkäfer. Der hat die ganzen Kulturpflanzen gefressen, der Frost hat dann den Rest kaputt gemacht“, so Daum. „Wenn es nach uns geht, werden diese Flächen möglicherweise zwei Jahre lang nicht bepflanzt.“ Stattdessen wolle man beobachten, wie es sich weiter entwickelt. Denn: Sobald man im Wald hektisch werde, koste das eine Menge Geld. Dabei betont auch Gertz, dass aktuell noch eine halbe Million Kalamitätsholz im Bereich des Regionalforstamtes Siegen-Wittgenstein stehe. „Und da kommt noch was drauf. Das sind richtig große Baustellen“, so Gertz.
Und in noch einem Punkt sind sich Daum, Röhl und Gertz einig: „Es ist nicht damit getan, wenn die Landesregierung jetzt schnell Geld auf den Haufen schmeißt und sagt, pflanzt mal wieder alles an. Das ist eine lange Aufgabe, die da auf uns wartet. Wir reden aktuell mit den Waldbesitzern, dass Ruhe das wichtigste Ziel ist.“
Denn: Nicht nur der Rüsselkäfer macht den Waldbauern Sorgen – es gibt ja auch die Vorgaben, dass einiges an Laubholz angepflanzt werden muss, um überhaupt in den Genuss von Fördermitteln zu kommen. Und auch sonst lassen die Finanzierungsmöglichkeiten noch einige Wünsche offen – wie Johannes Röhl unter anderem mit einigen Beispielen vorrechnete.
Ein Erholungsort
Dass aber an den Fichten auch eine Kette hängt – wissen nur wenige. „Viele sagen: Dann macht doch Mischholz. Aber wo soll denn das Sägeholz herkommen? Das meiste was hier verbaut wird, sind Nadelhölzer“, erklärt Klaus Daum. Doch der Wald ist nicht nur Holzlieferer, sondern hat auch noch andere Aufgaben zu erfüllen. Er soll touristische Anlaufstelle sein und zugleich ein Erholungsort.
Das aber sei in der Vergangenheit von vielen aber nicht honoriert worden. „Da wird man angegriffen, weil die Waldwege ein bisschen plump gefahren sind oder weil Äste darauf liegen“, so Daum. „Viele der Eventgesellschaft wollen mit dem E-Bike durch den Wald fahren – dann soll der Weg möglichst glatt sein. Und dann sperrt man mal irgendwo was – beispielsweise den Wanderparkplatz zum Holzverlagern, da macht der Naturpark einen Aufstand, als wenn das ihre eigenen Plätze wären. Es ist unglaublich mit welchem Anspruchsdenken die Bevölkerung sich erdreistet den Waldbesitzern zu sagen, wie es vermeintlich geht.“
Die Fachkräfte
Der Wald könne nur mit der richtigen Strategie wieder aufgebaut werden – das jedoch erfordert ein kompetentes Team aus Fachleuten. “Gerade, wenn wir Mischbestände anlegen, die werden ja unter anderem unterschiedlich reif, brauchen wir Mitarbeiter, die sich gut auskennen. Wir brauchen Fachleute. Wir haben nach Kyrill eine Versuchsfläche in Kreuztal (80 Hektar ) angelegt und konnten dort nun zeigen, dass es mit der Bepflanzung nicht getan ist, sondern, dass man da immer wieder eingreifen muss und zwar mit Sachverstand“, so Gertz. Nur so könne am Ende der Wald entstehen, den sich alle wünschen.
Die Mitglieder des CDU-Stadtverbandes nahmen die Wünsche und Forderungen ernst. „Wir können das Rad nicht neu erfinden, das ist uns bewusst. Aber wir wollen uns einen Eindruck verschaffen von den Schäden, die bereits unsere ganze Region erreicht haben. Wir wollen das nicht einfach hinnehmen“, sagte Georg Freitag als Vorsitzender des Stadtverbandes und Kreistagskandidat.