Bad Berleburg. Die Regionale Allianz für den freien Sonntag lehnt vier geplante Termine ab. Das Angebot sei wichtig für den gefährdeten Handel, so die Stadt.

Gegen vier verkaufsoffene Sonntage in Bad Berleburg für die letzten vier Monate des Jahres spricht sich die „Regionale Allianz für den freien Sonntag Kreis Siegen-Wittgenstein“ aus. „Die Vorlage der Stadtverwaltung entbehrt einer gesetzlich legitimierten Grundlage und ist abzulehnen“, schreibt im Rahmen einer Anhörung Erwin Vitt, Sprecher der Allianz, in einer Stellungnahme zur beabsichtigten Ladenöffnung in der Odebornstadt.

Das plant die Stadt

Konkret plant die Stadt Bad Berleburg laut einer Verwaltungsvorlage zur nächsten Ratssitzung am 31. August jeweils von 13 bis 18 Uhr geöffnete Läden in der Kernstadt für die Sonntage 6. September, 4. Oktober, 8. November und 6. Dezember (2. Advent). Und sie sieht darin ein deutliches öffentliches Interesse insbesondere „im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ sowie zur „Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren“ nach den Kriterien des Ladenöffnungsgesetzes NRW (LÖG NRW).

So reagieren die Gegner

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Allerdings: „Mit den Kirchen und Gewerkschaften, Beteiligte der Regionalen Allianz für den freien Sonntag, wird es an dieser Stelle kein Einverständnis geben“, signalisiert Erwin Vitt – und macht darüber hinaus deutlich: Das „Einvernehmen vor Ort mit den anzuhörenden Verbänden wie Verdi, den Kirchen sowie der Verbände des Handels und der Wirtschaft“ sei laut LÖG nötig, damit Sonn- und Feiertagsöffnungen „rechtlichen Bestand“ haben.

„Schlampige NRW-Gesetzgebung“

Die Stadt Bad Berleburg berufe sich in ihrer Vorlage ja auf einen Erlass des NRW-Wirtschaftsministeriums, so Allianz-Sprecher Erwin Vitt, aber: „Minister Pinkwart (FDP) geht es unseres Erachtens nicht nur um eine Förderung des Einzelhandels.“

Vielmehr wolle Pinkwart „den Schutz des christlichen Sonntags gemäß Grundgesetz-Artikel 140 aushöhlen und missachtet dabei klar die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesverwaltungsgerichtes“.

Die im Ladenöffnungsgesetz NRW (LÖG NRW) aufgeführten weiteren Begründungen seien „außer dem Anlassbezug bislang belanglos, haben keine rechtlich belastbare Grundlage geschaffen“. Im Gegenteil, sagt Vitt: „Die Rechtsunsicherheiten um Sonntagsöffnungen haben durch die schlampige NRW-Gesetzgebung von Pinkwart zugenommen.“

Für die Durchführung verkaufsoffener Sonntage forderten die Verwaltungsgerichte bisher den „besonderen Anlass“, der in der Vorlage der Bad Berleburger Stadtverwaltung aber „nicht erkennbar“ sei, meint Vitt. Dem Ansinnen selbst sei „ja nichts entgegenzusetzen, nur: Glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass mit fünf Stunden Öffnungszeit am Sonntag irgendeine Innenstadt gestärkt wird, wenn in den anderen 163 Stunden einer Woche die Innenstädte veröden?“

So argumentiert die Stadt

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Das zentrale Argument der Stadt für die offenen Sonntage: „Aufgrund der Corona-Pandemie ist der stationäre Einzelhandel flächendeckend und damit im gesamten Stadtgebiet gefährdet“ – und dieser flächendeckenden Gefährdung könne „allein mit Ladenöffnungen von Montag bis Samstag nicht erfolgreich begegnet werden, da erlittene und noch zu erwartende Einbußen zu hoch ausfallen“. So hätten verkaufsoffene Sonn- und Feiertage „mit etwa drei Prozent des Gesamt-Jahresumsatzes in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Maße zum Gesamtumsatz des Einzelhandels beigetragen“ – und seien deshalb „für den stationären Einzelhandel von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung“.

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Ferner: Wenn wegen der Pandemie „bereits festgesetzte verkaufsoffene Sonn- und Feiertage ausfallen, weil die damit im Zusammenhang stehenden Veranstaltungen nicht durchführbar sind“, dann sei deren Neufestsetzung „als unmittelbare Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie-Folgen einzuordnen“.

So wirkt Corona

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So war der verkaufsoffene Sonntag am 3. Mai in Verbindung mit dem Wollmarkt bereits aus dem Veranstaltungskalender gestrichen worden. Ähnlich wird es wohl in Kombination mit Erntedankfest und Brotmarkt am 4. Oktober laufen, nachdem in NRW größere Veranstaltungen inzwischen bis mindestens 31. Oktober untersagt bleiben sollen. Und auch die beliebte Weihnachtszeitreise, geplant für das Wochenende 12. und Dezember, steht nach Informationen unserer Redaktion mehr als auf der Kippe.

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Bereits im Februar hatte in der Anhörung die Gewerkschaft Verdi den offenen Sonntag zum Wollmarkt abgelehnt, während IHK Siegen und Handelsverband Südwestfalen die Aktion ausdrücklich begrüßten. Und auch die Stadtverwaltung hatte der Politik vorgeschlagen, den Markt samt offenem Sonntag stattfinden zu lassen – bis Corona kam.

Der Schutz des Sonntags

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In seiner Stellungnahme verweist Allianz-Sprecher Vitt auf die Sommerausgabe des Gemeindebriefes der evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg. Hier werde das Thema „Unsere Zeit“ behandelt. Demnach fördere der Schutz des Sonntages „freie Zeit für Familie, Freunde, Sport, Zeit für Gottesdienst, Zeit zum Auftanken, zum Luft holen, Zeit, um aus dem wöchentlichen Laufrad und dem Stress auszusteigen. Fällt der Sonntag, ist jeder Tag ein Werktag“.

Und: „Im Herbst sind Kommunalwahlen“, gibt der Allianz-Sprecher zu bedenken. Dann hätten die Bürgerinnen und Bürger die Chance, die Einstellung der Kandidaten für die Stadtverordneten-Versammlung zum Schutze des Sonntages zu bewerten. „Wer will schon gerne sonntags arbeiten?“