Wittgenstein. Die Kämmerer kalkulieren mit sinkenden Einnahmen, etwa bei der Gewerbesteuer. Kritik am Düsseldorfer Kommunalschutz-Paket üben die Bürgermeister.

Die Kämmerer in den drei Wittgensteiner Rathäusern rechnen schon jetzt mit deutlich sinkenden Einnahmen in den nächsten Jahren – etwa bei den Steuern, insbesondere der Gewerbesteuer. Letzteres überdies ein unwägbarer Faktor, auf den Städte und Gemeinden keinen Einfluss hätten, heißt es unisono. Zugleich sei die Unterstützung des Landes NRW durch ein bereits geschnürtes, sogenanntes „Kommunalschutz-Paket“ schlicht unzureichend – und ausgeglichene städtische Haushalte bis auf Weiteres nicht in Sicht.

Erndtebrück

Derzeit sei eine Prognose zu den mittelfristigen finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf die gemeindlichen Einnahmen kaum möglich, heißt es aus dem Erndtebrücker Rathaus. Sie hätten sich aber durch wegbrechende Gewerbesteuer-Vorauszahlungen 2020 bereits deutlich verschlechtert. Darüber hinaus sei „sicherlich im Laufe des Jahres mit deutlich geringeren Gemeinde-Anteilen an der Einkommensteuer und Umsatzsteuer zu rechnen“.

Bürgermeister: Ungerechter Stärkungspakt

Zwar hat das NRW-Landeskabinett Ende März ein sogenanntes Kommunalschutz-Paket mit einer Abschreibungslösung beschlossen – doch bei den Bürgermeistern und beim Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein kommt es nicht gut an.

In einem Brief, den die „Konferenz der Bürgermeister des Kreises Siegen-Wittgenstein“ an Ina Scharrenbach geschrieben hat, kritisiert das Gremium diesen wenig sachgerechten und zielgerichteten Lösungsansatz für die finanziellen Probleme von Städten und Gemeinden als keine echte finanzielle Unterstützung, sondern fordern einen Rettungsschirm.

Der wiederum ließe sich unter anderem aus einem Fonds in Höhe von rund 340 Millionen Euro finanzieren, die das Land bislang nur für einige wenige Kommunen im sogenannten Stärkungspakt ausschütten wolle, so die Bürgermeister und der Landrat. Genau das aber sei in der aktuellen Lage ungerecht – zumal in der Summe auch Geld aus den Kommunen stecke. Darüber hinaus müssten die Hilfsmittel angemessen aufgestockt werden.

Zusätzliche Belastungen der Bürger durch Gebühren- oder Steuer-Erhöhungen als Folge der Corona-Krise dürfe es nicht geben, betont die Gemeindeverwaltung, „da bereits jetzt viele Bürgerinnen und Bürger durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit erhebliche finanzielle Einbußen haben“. Auch deshalb seien zusätzliche Finanzmittel von Bund und Land von besonderer Wichtigkeit.

Das fordert die SPD

Unterdessen fordert die Erndtebrücker SPD-Ratsfraktion vom Land NRW „einen Schutzschirm, um die kommunale Handlungsfähigkeit und Daseinsvorsorge weiter aufrecht erhalten zu können“. Die erwartbaren Einnahme-Ausfälle etwa bei der Gewerbesteuer hätten „nicht nur Folgen für die Aufrechterhaltung der kommunalen Infrastruktur, sondern auch für Unterstützungsleistungen, die an vielen Stellen fehlen würden“, fürchtet SPD-Fraktionsgeschäftsführer Karl Ludwig Völkel. Genau das „muss aber angesichts der Gesamtsituation verhindert werden“.

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Völkel verweist auf „extrem strikte Haushaltsregeln“ für die Städte und Gemeinden, „von denen auch im Krisenfall nach jetziger Gesetzeslage nicht abgewichen werden“ dürfe – etwa, um die Schuldenbremse auszusetzen. „Hier muss das Land sofort reagieren und einerseits Gelder bereitstellen und andererseits die Haushaltsregeln so verändern, dass die Handlungsfähigkeit der Kommunen erhalten bleibt“. Jedenfalls sei es derzeit „unzumutbar, von Gemeinden ausgeglichene Haushalte zu verlangen“.

Der Ansatz, dass die Kommunen corona-bedingte Mindereinnahmen und Mehrkosten wie eine Investition auf 50 Jahre kreditfinanziert abschreiben, sei nur möglich, wenn das Land NRW auch Tilgung und Zinszahlungen übernehme, meint Völkel. „Jetzt rächt sich auch, dass es noch immer keine Lösung für die drängende Altschulden-Problematik gibt, mit dem die Kommunen entlastet würden“, kritisiert der SPD-Politiker. Hier habe die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung „bisher versagt“.

Bad Laasphe

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Auch in Bad Laasphe hat die Kämmerei die Gewerbesteuer mit Sorge im Blick. Inzwischen hätten so viele Gewerbebetriebe aus dem Stadtgebiet beim Finanzamt eine Herabsetzung der Vorauszahlungen für das laufende Jahr 2020 beantragt, dass man nur noch mit 80 Prozent der bislang geplanten Erträge aus der Gewerbesteuer kalkuliere – Tendenz weiter sinkend.

Aber auch „der Anteil aus der Einkommensteuer, den die Kommunen vom Land erhalten, wird für 2021 und die Folgejahre niedriger zu erwarten sein, weil aufgrund von Kurzarbeit und ansteigender Arbeitslosigkeit das zu verteilende Gesamtaufkommen sinken wird“, fürchtet die Stadtverwaltung. Und wie sich der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer entwickeln wird, bleibe mit Blick auf den privaten Konsum abzuwarten. Ebenso, ob ein „Rettungsschirm“ auch für die Kommunen tatsächlich komme. Stichwort Investitionen: Hier werde es sicher unter gewissen Umständen Einsparungen geben müssen.

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Über zusätzliche Belastungen der Bürger – also Steuer-Erhöhungen – entscheide die Politik frühestens im Zusammenhang mit dem Haushalt für das Jahr 2021, so die Verwaltung weiter. „Bis dahin werden hoffentlich belastbare Zahlen und Prognosen zu den erwartenden Ertragspositionen vorliegen.“ Formell sei ein Haushaltsausgleich für 2021 zu erreichen, doch: „Wie das tatsächlich umzusetzen ist, ist derzeit noch mit vielen Fragezeichen behaftet.“

Bad Berleburg

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Die Stadt Bad Berleburg kann die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie derzeit nicht abschätzen: „Zum einen befinden wir uns noch mitten in dieser Situation und zum anderen ist die Entwicklung der Steuer-Einnahmen kaum vorhersehbar.“ Gleichzeitig gebe es bislang „keinerlei Pläne dafür, Gebühren oder Steuern zu erhöhen“. Darüber hinaus „sind uns aus heutiger Sicht keine Investitionen oder Projekte bekannt, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht getätigt oder umgesetzt werden können“.