Aue. Ein unerwarteter Glücksfall: Archäologen des LWL haben auf einem Acker nahe Aue Spuren einer mittelalterlichen Siedlung entdeckt.
Archäologen des Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) haben auf einem Acker nahe Aue in letzter Minute die Spuren einer mittelalterlichen Siedlung entdeckt und dokumentiert. Der für die Experten wichtigste Befund ist das steingemauerte Fundament eines Kellers aus dem frühen Mittelalter: „Diese Entdeckung erfolgte gerade noch rechtzeitig“, so der wissenschaftliche Grabungsleiter Dr. Manuel Zeiler.
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„Die nur noch niedrigen, zwei- bis dreilagig erhaltenen Steinfundamente waren bereits an einer Kellerwand gestört und wären in ein paar Jahren durch den Pflug vollständig abgetragen worden“.
Prof. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe, ordnet den Befund ein: „Für die gesamte Region ist dies der erste archäologische Ausgrabungsbefund für eine derart frühe mittelalterliche Ansiedlung. Der Nachweis eines Steinfundaments ist zudem für diese frühe Zeitstellung bisher einmalig und ein unerwarteter archäologischer Glücksfall.“
Am Boden des Fundaments fanden die Ausgräber verbranntes Holz, aus dem sie einen hölzernen Dielenboden rekonstruieren konnten. Über eine Treppe gelangten die einstigen Bewohner hinunter in den Keller, deren unterste Stufe als Schwelle noch erhalten ist.
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„Der Keller war ursprünglich deutlich höher gemauert und nach unserer Annahme Teil eines Gebäudes, das über dem Keller in Holzbauweise errichten worden war. Denn dieses Bild zeigt sich auch in anderen Weilern aus dieser Zeit“, so Zeiler. Aus dem Keller selbst bargen die Archäologen ein stark verrostetes Metallteil.
Ein unerwarteter Glücksfall
Bereits im Mittelalter gab es im heute noch ländlich geprägten Kreis Siegen-Wittgenstein vor allem kleine Dörfer, Weiler und nur wenige größere Städte.
Über die vielen, meist nicht namentlich überlieferten Weiler ist bis heute wenig bekannt.
Daher ist die Sicherung der archäologischen Befunde auf dem Wittgensteiner Acker ein unerwarteter Glücksfall.
Zahlreiche Keramikscherben übrig geblieben
Hierbei könnte es sich nach ersten Vermutungen um eine Messerklinge handeln. Von dem vermuteten Holzhaus konnten die Fachleute nichts mehr finden, da zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits 50 cm des Bodens durch die landwirtschaftliche Nutzung abgetragen waren. Es fehlen auch Hinweise auf Gruben, die in frühen Siedlungen üblicherweise zur Lehmentnahme oder zur Abfallentsorgung angelegt wurden. Übrig geblieben sind allerdings zahlreiche Keramikscherben, die im direkten Umfeld des Kellers gefunden wurden.
Die Scherben gehören zu großen Keramiktöpfen aus dem 8. oder 9. Jahrhunderts. Zusammen mit bereits 1973 durch den Heimatforscher Günter Radenbach geborgenen Scherben können die Expertinnen nun einen Weiler rekonstruieren, der spätestens im 8. Jahrhundert gegründet worden ist und zu welchen der gefundene Gebäuderest gehört. Nach einiger Zeit wurde der Ort aus unbekannten Gründen verlassen und geriet in Vergessenheit.
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Siedlung wurde aufgegeben
„Für das Aufgeben einer Siedlung konnte es viele Gründe geben“, erklärt Baales. „Im hohen Mittelalter entstanden zunehmend größere Städte, die für viele Menschen attraktiver waren und mehr Möglichkeiten boten, als ein Leben auf dem Land. Aber auch Krieg oder eine Fehde konnte Menschen zur Aufgabe einer Siedlung bewegen.“
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Durch die Beackerung des Feldes bestand die Gefahr, dass archäologische Spuren im Boden vollständig verschwinden und den Wissenschaftlerinnen somit wichtige Informationen verloren gehen. Schon 1973 war der Ort von Radenbach entdeckt worden; er hatte Scherbenfunde auf dem Acker gemacht, die auf eine frühmittelalterliche Siedlung hinwiesen. Spuren aus der Zeit des Frühmittelalters sind in dieser Gegend sehr selten. Radenbach regte daher jetzt die archäologische Untersuchung des Ortes durch die LWL-Archäologie an, die nach guter Zusammenarbeit mit dem Grundstücksbesitzer im März und April 2020 durchgeführt wurden.