Obermarsberg. Ein sensationeller Fund im Boden von Obermarsberg zeigt die Bedeutung der Stadt im Mittelalter. Münzfreunde geraten ins Schwärmen.

Die Oberstadt ist immer für eine geschichtliche Überraschung gut - diesmal geht es um einen alten Stempel, mit dem Münzen geprägt wurden.

Für Kanalarbeiten wurde im Frühjahr 2014 in der Straße „Auf der Mauer“ ein Graben ausgehoben. Dabei zeigten sich deutliche Bodenverfärbungen, die das Interesse von Stefan Riex weckten. Er ist Anwohner in dieser Straße, stieg in den Graben hinein und barg einen großen rostigen Klumpen. Anfangs hielt er ihn für einen uralten Hammerkopf und brachte ihn in das Museum der Stadt Marsberg. Dort weckte das Teil ebenfalls großes Interesse und nach grober Säuberung zeigte sich ein etwa 800 Gramm schweres, an einem Ende spitz zulaufendes, vierkantiges und am anderen Ende stumpf-konisches Eisenteil mit ringförmiger Vertiefung.

Kein schweres Geschoss

Die Vermutung lag nahe, dass es sich dabei um ein sehr schweres Geschoss einer mittelalterlichen Wurfmaschine handeln könnte. Da wegen der Sichtung der Ausgrabungsbefunde der „Wüstung Twiste“ ohnehin ein Besuch bei den Archäologen des LWL in Münster terminiert war, wurde der Fund von Hermann Runte und Gerd Rosenkranz vom Heimatmuseum nach dorthin mitgenommen. Aber vor Ort konnte der Fund zunächst nicht weiter bestimmt werden.

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Die rätselhafte und sonderbare Form weckte aber das Interesse der Archäologen und es wurde beschlossen, den Fund zunächst zu konservieren, um eine weitere Korrosion und damit den endgültigen Zerfall zu verhindern.

Fund wurde konserviert

Dieser Vorgang nahm rund zwei Jahre in Anspruch. Auch nach der durchgeführten Konservierung war man dem Geheimnis des „Bolzens“ kein Stück näher gekommen. Die Leiterin des zentralen Fundarchivs der LWL-Archäologie in Münster, Dr. Birgit Mecke, hatte dann die Idee, einen Münzfachmann hinzuzuziehen. Und Bingo!

Nach eingehender Untersuchung durch Stefan Koetz, Leiter des Münzkabinetts, sprach dieser das Objekt als mögliches Werkzeug zur Herstellung sogenannter Hohlpfennige an. Näheres war aber nicht zu bestimmen, da es sich um einen Unterstempel ohne Schriftprägung handelt.

Dünne Silberbleche

Kleiner Exkurs: Hohlpfennige sind dünne Silberbleche, die um der Stabilität willen, in eine Hohlform geschlagen wurden, um nicht sofort zu verbiegen. Die Wertangabe erschien nur auf der Oberseite. Die Bleche waren so empfindlich, dass sie nicht in einem Geldbeutel, sondern in Münzdosen aufbewahrt werden mussten. Reichte der Nennwert nicht zur exakten Bezahlung aus, so wurden die Hohlpfennige kurzerhand im Wert passend geschnitten.

Hohlpfennige

Hohlpfennige oder lateinisch „Brakteaten“ sind das Kleingeld des Mittelalters und wurden in dieser Form von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in das 14. Jahrhundert geprägt.

Dann gab es eine neue Idee und eine heiße Spur. Es gibt einen Hohlpfennigtyp, der häufig auftaucht, bisher aber nach Mecklenburg verortet wurde. Durchgeführte Passproben zwischen dem Stempel und den aufgefundenen Hohlpfennigen stimmten genau überein.

Nach eingehenden weiteren Untersuchungen und Passproben bleibt festzuhalten, dass es sich um eine numismatische Sensation handeln würde, wenn das der Originalstempel wäre. Da aber der Oberstempel mit dem Schriftzug bisher nicht gefunden wurde, ist eine endgültige und wissenschaftlich korrekte Bestimmung nicht möglich.

So sieht der Stempel aus.
So sieht der Stempel aus. © wp | Stadtmuseum

Trotzdem ist der Fund für die Regionalgeschichte äußerst wertvoll, bestätigt er doch die herausragende Bedeutung der Stadt im Mittelalter sowie die Bedeutung der guten Zusammenarbeit zwischen engagierten Laien und wissenschaftlichen Mitarbeitern.

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Seit Anfang April befindet sich der Münzprägestempel wieder im Museum der Stadt Marsberg. „Nach Beendigung der vorübergehenden Schließung wird er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“, sagt Gerd Rosenkranz vom Förderverein Historisches Obermarsberg.