Siegen-Wittgenstein. Andreas Müller, Landrat im Kreis Siegen-Wittgenstein, kann die Lockerungen der NRW-Landesregierung in der Corona-Krise nicht nachvollziehen.
Landrat Andreas Müller kritisiert das Vorpreschen der NRW-Landesregierung bei der Lockerung der Corona-Schutzregeln entschieden. Entgegen der Bund-Länder-Übereinkunft will die NRW-Landesregierung auch Shopping Malls und Möbelhäuser wieder öffnen. „Das ist für niemanden nachvollziehbar“, kritisiert Müller.
Corona: In Shopping Malls treffen hunderte von Fremden aufeinander
„Auf der Straße gelten weiter die strengen Kontaktverbote, die die Ordnungsämter auch durchsetzen sollen – mit anderen Worten: Vor einer Shopping Mall dürfen nicht mehr als zwei Personen gemeinsam unterwegs sein, in einer Shopping Mall treffen dann aber hunderte von Fremden aufeinander und drängen sich in den Gängen."
Er erklärt weiter: "Sollte die Landesregierung allerdings der Meinung sein, dass Mall-Betreiber die Einhaltung von Abstandsregeln problemlos garantieren können, hätte sie auch Geschäften über 800 m² Verkaufsfläche erlauben müssen, wieder zu öffnen. Denn was in einer Shopping Mall grundsätzlich anders sein soll, als in einem größeren Geschäft, erschließt sich niemandem“, so Müller.
Corona: Landrat befürchtet neue Hotspots in Siegen-Wittgenstein
Zugleich kritisiert der Landrat, dass die Landesregierung in einer Zeit, in der Abstand halten nach wie vor das oberste Gebot ist, neue Hotspots schafft, die eine große Zahl von Menschen auf engem Raum zusammenbringen werden: „Kinos, Restaurants, Fitnessstudios und Sport- und Freizeiteinrichtungen aller Art bleiben weiterhin geschlossen. Damit werden Shopping Malls zu attraktiven Ausflugszielen für die ganze Familie“, befürchtet der Landrat: „Gerade hier im Dreiländereck ziehen wir damit vermutlich eine große Anzahl von Menschen in die Siegener Innenstadt, was zum jetzigen Zeitpunkt eindeutig noch zu früh ist“, so Müller.
„Ich hätte mir gewünscht, dass die Landesregierung nicht vorgeprescht wäre, sondern im Sinne der Bund-Länder-Vereinbarung auf die Öffnung von Shopping Malls zumindest bis zum 4. Mai verzichtet hätte, so wie es Kanzlerin Angela Merkel angekündigt hatte. Wer jetzt vorschnell einen anderen Weg geht, lässt sich ganz offensichtlich nicht mehr in erster Linie vom Gedanken des Gesundheitsschutzes leiten“, kritisiert Andreas Müller.
Siegen-Wittgenstein: Religionsausübung wird in Corona-Krise weiter eingeschränkt
Aber auch noch aus ganz anderen Gründen kann der Landrat das Handeln der Landesregierung nicht nachvollziehen: „Wer Shopping Malls öffnet und gleichzeitig Gottesdienste weiter verbietet, untergräbt massiv die Akzeptanz für alle Corona-Schutzmaßnahmen. In Kirchen und Gemeindesälen ist es mit Sicherheit einfacher, Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten als in einer Shopping Mall“, betont Müller.
„Das hohe Gut der freien Religionsausübung wird von der Landesregierung weiter eingeschränkt, während sie kommerziellen Interessen nachgibt. Auch verfassungsrechtlich halte ich das für äußerst bedenklich und ich kann mir nicht vorstellen, dass Gottesdienstverbote jetzt noch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten werden.“
Corona in Siegen-Wittgenstein: Landrat kritisiert "hektischen Aktionismus"
Zusammenfassend bedauert der Landrat, dass die Landesregierung von der Linie abrückt, dem Gesundheitsschutz aller oberste Priorität einzuräumen: „Wir haben bei uns in Siegen-Wittgenstein bisher mit die niedrigste Infektionsquote pro 100.000 Einwohner in ganz NRW. Das liegt u.a. auch daran, dass wir sehr früh auf konsequente Schutzmaßnahmen gesetzt haben, die auch von der übergroßen Mehrheit der Menschen in unseren elf Städten und Gemeinden konsequent mit getragen werden."
Er betont: "Mit ihrem Vorpreschen erweist uns die NRW-Landesregierung einen Bärendienst. Meine Überzeugung bleibt: Ruhiges und überlegtes Handeln wird mehr Erfolg bringen, als hektischer Aktionismus.“