Bad Laasphe. „Beim Rudelsingen geht es um stressfreies Singen, ganz ohne Leistungsdruck“, erklärt Jörg Siewert.

Es dauert nur einen kurzen Augenblick, und schon singen sie alle, die rund 120 Besucher des 2. Bad Laaspher Rudelsingens. Das Publikum ist altersgemischt, zwischen 30 und 80, fast alles Frauen. Nur wenige Männer. Einer von ihnen ist Stephan Haverland, den man durchaus als „Wiederholungstäter“ bezeichnen kann.

Auch interessant

Der Schlagerfan war nicht nur bei der ersten Veranstaltung im Dezember 2018 vor Ort dabei, sondern hat bereits mehrere Male als Rudelmitglied in der Marburger Waggonhalle mitgesungen. „In meinem privaten Umfeld werde ich deswegen zuweilen belächelt. Diesen Kritikern sage ich dann: Ich mag eben Musik, zu der mehr als drei Leute kommen. In der heutigen Zeit, wo so viel auseinanderdriftet, ist es wichtig, Dinge zu machen, die die Menschen verbinden. Und die müssen eben einfach sein. Und das Singen ist schon immer eine einfache Möglichkeit gewesen.“

Voll im Trend

Jörg Siewert führt seinen Kurzzeit-Chor mit Charme und Witz von Lied zu Lied.
Jörg Siewert führt seinen Kurzzeit-Chor mit Charme und Witz von Lied zu Lied. © WP | Wolfgang Thiel

Rudelsingen ist im Trend. Ob jemand den Ton dabei auch nur annähernd trifft, ist nicht so wichtig. Hauptsache, sie oder er gehen hinterher beschwingt nach Haus. Seit 2011 existiert die Veranstaltungsreihe, bei der sich Menschen treffen und zusammen singen. Ob schief, schräg oder zu tief, musikalisch geht alles. „Es gibt keine Musik, die nicht funktioniert“, sagt Jörg Siewert. Ihn und seinen Partner, den Siegener Pianisten Steffen Walter, hat der Bad Laaspher Kulturring nach 2018 zum zweiten Mal in die Kurstadt eingeladen. Sie sind die musikalischen Vorturner des Abends. Denn der Star ist das Publikum, das zum jeweils auf dem Beamer eingeblendeten Text lauthals singt und rockt.

Auch interessant

hugo-159799484.jpg
Von Mark Simon Wolf

Hauptberuflich arbeitet der BVB-Fan Siewert als Bildungswissenschaftler. Seit seiner Jugend ist er außerdem Chorleiter und Rudelsingen sein abendfüllendes Hobby. „Singen macht am meisten Spaß, wenn man laut singen darf und dann noch mit vielen anderen zusammen“, davon ist er überzeugt. Auch beim gemeinsamen Singen im Haus des Gastes entdecken viele Menschen ihre Stimme neu, am Ende der Veranstaltung steht der ganze Saal Kopf. Das ist nicht einmal verwunderlich, denn diese Form des Singens macht auch überzeugte Nichtsänger glücklich. Beim Rudelsingen fallen schiefe Töne nicht auf, und die Gesamtheit der vielen unterschiedlichen Stimmen bereitet den Boden für eine tolle Stimmung.

Stressfreies Singen

Auch interessant

Sich mit Hilfe der Tonleiter einzustimmen, hat im Haus des Gastes niemand nötig. Vom ersten Akkord des Auftaktliedes „Music was my first love“ an sind die Chormitglieder im Saal auf Betriebstemperatur. Siewert und Walter präsentieren einen illustren Mix aus Schlagern sowie Kult-, Rock- und Pop-Hits. Ob Abba, Adele, Beatles, Elvis, Herbert Grönemeyer, Nena oder Udo Jürgens – das Repertoire ist von „Aber dich gibt´s nur einmal für mich“ der Nilsen Brothers über das „My way“ Frank Sinatras bis hin zur neapolitanischen Volksweise „Funiculi funiculá“ aus dem Jahr 1880 breit gestreut. „Morgen habe ich bestimmt Halsweh“, meint Elisabeth Burk und lacht. Die Seniorin ist mit ihrer gleichaltrigen Freundin in das Haus des Gastes gekommen. Es gefällt den beiden Besucherinnen gut in dem Bad Laaspher Rudel: „Wäre man alleine in der Tonspur, würde man bei vielen Liedern trotz Textunterstützung und begleitender Melodie öfter mal den Faden verlieren, aber in der Gruppe um Jörg Siewert und Steffen Walter klappt das Mitsingen einfach super.“ Was ihnen an diesem Abend besonders gefällt: „Beim Rudelsingen geht es weder um bierseliges Mitgrölen, noch um die große Show. Es geht vielmehr um stressfreies Singen, ganz ohne Leistungsdruck.“