Bad Laasphe. Eine gemeinsame Linie ist nicht erkennbar. Bei einem Treffen zum Thema konnten sich die Fraktionschefs nicht auf eine Stellungnahme einigen.

„L30R“ – so hat der frühere Bad Laaspher Bürgermeister Otto Düsberg seine „Gedanken zu einem Paradigmenwechsel in der Bad Laaspher Verkehrs- und Straßenplanung“ genannt. Versendet hat er sie an den amtierenden Bürgermeister Dr. Torsten Spillmann und die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Bad Laaspher Rat. „L30R – das L steht für „Laasphe, Langsam, Leise, Lebenswert, 30 für die Geschwindigkeit 30 km/h und R signalisiert Rückbau“, so Düsberg. Und genau das beschreibt seine Perspektive im Kern, verbunden einmal mehr mit der Forderung nach einer Ortsumgehung für die Kernstadt.

Die vielschichtige Kritik

Zu teuer, noch mehr Verkehrsdichte durch Tempo 30, Rückbau von Straßen unrealistisch, besser „Route 57“ mit Bad Laaspher Anbindung als eine Ortsumgehung – die Kritik der Bad Laaspher Parteien an Düsbergs „Gedanken“ ist vielschichtig, das zeigen ihre Antworten auf sechs Fragen unserer Redaktion. Eine einheitliche Linie dabei nicht erkennbar. Bei einem Treffen zum Thema konnten sich die Fraktionschefs nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen. Mit Blick auf die Bundesstraße B 62 durch die Kernstadt, die zum Ausbau ansteht, erklärt der Bürgermeister: „Den Planungen zur Neugestaltung der Straße sollte […] ein Konzept zu Grunde liegen, das allen Verkehrsteilnehmern – Fußgängern, Radfahrern und Fahrzeugführern – gerecht wird. Deshalb gehen Aspekte wie Verkehrsnutzung/-beruhigung und Verkehrszählung in die Planungen mit ein.“

Die Wasserstraße – das graue „Monster“

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Durch den autogerechten Ausbau in den 60er Jahren sei die L 718/Wasserstraße zum grauen „Monster“ geworden, findet Düsberg beispielsweise. Müsste man dort nicht mehr für Fußgänger oder Radfahrer tun? Hätte der Abriss von Dreslers Haus an der Ecke Wasserstraße/Schloßstraße nicht doch dazu beitragen können, dass für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer mehr Platz entsteht?

CDU-Fraktionschef Günter Wagner sieht in denkbaren Veränderungen „eine hohe finanzielle Belastung für eine Stadt, die sich zur Zeit noch im Haushaltssicherungskonzept befindet“. Außerdem würde ein Abriss des Hauses „eine weitere Belastung durch Schwerlastverkehr“ bedeuten, da bei einem anschließenden Ausbau der Landstraße L 718 auch die derzeit geltende Tonnage-Beschränkung von 7,5 Tonne entfallen würde – und eine zusätzliche Gefährung aller Beteiligten sei zu befürchten, ergänzt SPD-Fraktionschefin Christel Rother. Ein „Monster“ sei die Straße nicht, meint sie – nur eben seinerzeit im Standard der 60er Jahre ausgebaut worden. Und dabei „besonders hässlich geraten“, findet FDP-Fraktionschef Klaus Preis. Bei einem Abriss des Hauses Dresler zur Entschärfung einer Kurve in diesem Bereich wäre die Stadt im Übrigen an den Kosten beteiligt, warnt der Liberale. „Aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Lärm- und Umweltschutzes“ habe sich der Bad Laaspher Rat am Ende ja auch gegen den Abriss entschieden, fasst Bürgermeister Spillmann zusammen.

Verkehrsberuhigung im „Kurgebiet“

Kreisverkehre für die B 62 wie hier an der Einmündung Friedrichstraße/Stockwiese kann sich zumindest die SPD auch für die Einmündungen Königstraße/B 62 und Gartenstraße/B 62 vorstellen.
Kreisverkehre für die B 62 wie hier an der Einmündung Friedrichstraße/Stockwiese kann sich zumindest die SPD auch für die Einmündungen Königstraße/B 62 und Gartenstraße/B 62 vorstellen. © Eberhard Demtröder

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Eine gebotene Verkehrs- und Lärmberuhigung im sogenannten „Kurgebiet“ der Bad Laaspher Innenstadt rund um B 62 und L 718 mit Bahnhofstraße, Lahnstraße, Gartenstraße, Schloßstraße und Wasserstraße finde im Grunde nicht statt, bemängelt Düsberg – eigentlich müsste der Stadt der Titel „Heilbad“ aberkannt werden. Wird sich da durch die derzeit diskutierte Neugestaltung der Innenstadt-Straßen vor dem schon länger angedachten Ausbau der B 62 womöglich etwas verändern?

„Tempo 30 würde hier aber noch zu mehr Verkehrsdichte führen“, fürchtet die CDU. „Sinnvoll sind Kreisverkehre, sie sorgen in der Regel für einen fließenden Verkehr.“ Obwohl Tempo 30 auf Bundes- und Landstraßen „nur schwer durchsetzbar“ sei, möchte sich die SPD bei der Neugestaltung der B 62 „für ein innerörtliches Tempolimit einsetzen, um Gefährdung und Belastungen der Bürgerinnen und Bürger zu verringern“. Christel Rother: „Hier hat unsere Fraktion schon sehr früh zwei Kreisel im Bereich Königstraße/B 62 und Gartenstraße/B 62 beantragt, die hoffentlich in die Neuplanungen mit einfließen.“ Der Ausbau der B 62 wäre „überflüssig“, so die FDP, wenn man alternativ eine Ortsumgehung angehe. „Im Übrigen ist der Titel ,Heilbad‘ in Bad Laasphe seither ohnehin völlig substanzlos geworden“, findet FDP-Chef Preis. Jedenfalls könne die B 62 als Ortsdurchfahrt schon deshalb „nicht zu einer ,Rennstrecke‘ ausgebaut werden“, weil „an ihr beispielsweise eine Grundschule liegt“, so der Bürgermeister.

„Eingangscode L30R“ für den Straßenverkehr

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Otto Düsberg spricht vom „Eingangscode L30R“ mit der Faustregel „Zuerst der Mensch, dann das Auto“ als Ziel. Sollte so die Zukunft des Straßenverkehrs in der Bad Laaspher Innenstadt aussehen?

Bei der B 62 als Bundesstraße habe die Stadt „nur bedingt Einfluss auf Gestaltung und nahezu keinen Einfluss auf die Geschwindigkeitsregelung“, so CDU-Chef Wagner. „Das haben wir immer wieder schmerzhaft auch […] in den Dörfern feststellen müssen.“ Außer auf der B 62, in der Gartenstraße und „In der Stockwiese“ gelte im gesamten Stadtgebiet doch im Grunde schon Tempo 30, sagt SPD-Chefin Rother. „,Zuerst der Mensch‘ ist absolut richtig“, findet FDP-Chef Preis, „aber gerade im ländlichen Raum ist der Mensch auf sein Auto angewiesen“. Dabei sei Tempo 30 nicht das große Problem.

Als Bürgermeister viel bewegt

Der Lehrer und Bauernsohn Otto Düsberg (84) gehört seit über 50 Jahren der SPD an und war von 1984 bis 1993 neun Jahre als ehrenamtlicher Bürgermeister in Bad Laasphe aktiv.

Er studierte nach der Ingenieurschule Elektrotechnik, Theologie und Politik auf Lehramt an Gewerbeschulen.

Als Bürgermeister habe er damals viel bewegen können, sagt Düsberg – und nennt dabei die Gestaltung der Altstadt, den Kurbetrieb, die Bundesstraße 62 und die Verkehrsberuhigung der Landstraße 718.

2015 wurde Otto Düsberg gemeinsam mit anderen Bad Laaspher Bürgern für besonders starkes ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. In der Laudatio für ihn lobte sein Freund Helmut Wickel das Engagement des ehemaligen Bürgermeisters vor allem für den Freundeskreis Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die Städtepartnerschaften mit Chateauneuf sur Loire, Tamworth, Löwenberg und auch die Arbeit im Kulturring Bad Laasphe.

Tempo 30 als „Weg aus der Lärmfalle“

Ein Tempolimit bei 30 km/h für „alle klassifizierten Durchfahrten B 62, L 718 und L 719 in der Kernstadt und allen Ortschaften schlägt Düsberg als „Weg aus der Lärmfalle“ konkret vor. Würden Sie so einem Beschlussvorschlag im Ausschuss oder im Rat zustimmen?

Von der SPD kommt hier ein klares „Ja“. „In nahezu allen Bereichen der Bad Laaspher Wohngebiete“ gelte Tempo 30, so CDU-Chef Wagner – „dies sollte nicht auf die B 62 und l 718 übertragen werden“. Und FDP-Chef Preis findet: „Wenn man darin übereinstimmt, dass das größte verkehrliche Problem der Stadt die B 62 mit ihrem unerträglichen Verkehr ist, ist eigentlich auch klar, dass eine solche Maßnahme auf übergeordneten Straßen wenig bis nichts bringen wird.“

Rückbau einer früheren „Allee“ und eines „Sündenfalls“

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Otto Düsberg fordert ferner einen Rückbau der früheren „Allee“ Bahnhofstraße (B 62) und des „Sündenfalls“ Wasserstraße (L 718), etwa nach dem Beispiel Poststraße (B 480) in Bad Berleburg oder Gartenstraße in Bad Laasphe. Ist eine Umsetzung auch mit Blick auf die Diskussion zur Neugestaltung der Innenstadt-Straßen aus Ihrer Sicht realistisch?

„Wer soll diesen Rückbau finanzieren?“, fragt CDU-Chef Wagner. Und: Wie die B 62 liege auch die L 718 „in der Zuständigkeit des Landesbetriebes“ – somit „sind die Spielräume für eine Umgestaltung schlecht umsetzbar“. Der Rückbau der früheren „Allee“ sei zwar „wünschenswert“, so die SPD, jedoch mit Blick auf den heutigen Verkehr dort „unrealistisch“. Auch die FDP wünscht sich den Rückbau – aber nur, wenn vorher eine Ortsumgehung gebaut werde, „wie bereits vom Rat beschlossen“. Und: „Die finanzielle Machbarkeit muss gegeben sein“, heißt es aus dem Bad Laaspher Rathaus.

Ortsumgehung muss wieder auf den Tisch

„Die Menge der durch den Ort drängenden Fahrzeuge vermögen auch die oben genannten Maßnahmen kaum auf ein erträgliches Maß zu reduzieren“, sagt Düsberg. „Daher müssen die ad acta gelegten Vorarbeiten für eine Ortsumgehung der B 62 wieder auf den Tisch.“ Ist die Frage nach der Ortsumgehung auch für die Stadtverwaltung bzw. für Ihre Fraktion eine politisch drängende?

CDU-Fraktionschef Wagner glaubt nicht, dass Planung und Umsetzung eine neuen Variante der Ortsumgehung erfolgversprechend wären. „Dies hat man in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten versäumt“, sagt er. Sein Blick in die Zukunft: „Ich hoffe auf die Route 57 bis ins benachbarte Hessen. Der Schwerlastverkehr und auch der Durchgangsverkehr müssen mittel- und langfristig aus der Stadt.“ Ähnlich sieht man es auch bei der SPD – bis auf das Thema „Ortsumgehung“: Die „wurde wegen einer nicht akzeptablen Trassenführung und aus Umweltgründen von uns abgelehnt“, so Christel Rother.

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„Gerade die FDP-Fraktion hat sich besonders für diesen Beschluss im Dezember 2007 stark gemacht“, daran erinnert FDP-Chef Preis. „Die bereits damals geplante und mehrheitlich beschlossene Variante V7 der Ortsumgehung muss endlich wieder aufgegriffen werden. Insofern ist dies für uns eine der drängendsten Maßnahmen.“ Und der Bürgermeister? „Es ist wichtig, dass die Route57 Richtung Hessen angeschlossen wird“, findet Spillmann. „Ferner müssen die Bad Laaspher Ortschaften eine vernünftige Anbindung an diese Route bekommen, damit der (Lkw-)Verkehr die Dörfer sowie die Kernstadt weiträumig umfahren kann.“