Bad Laasphe. . Das Bad Laaspher SPD-Urgestein Otto Düsberg blickt zurück. Warum sich eine Frau bei seinem Anblick bekreuzigte und er der CDU seine Stimme gab.
Auszutreten? Das wäre für Otto Düsberg nie infrage gekommen. Die SPD war und ist seine Partei, auch wenn der Bad Laaspher mit der Debatte um den Nato-Doppelbeschluss und die atomare Nachrüstung mit diesem Gedanken gespielt hat – wie so viele Genossen damals. Aber Düsberg sagt auch heute noch: „Die SPD ist meine Partei! Wenn ich etwas verändern will, dann muss ich in der Partei arbeiten.“ Wir haben mit dem erfahrenen, ehemaligen Kommunalpolitiker über die Sozialdemokratie gesprochen.
53 von 100 Jahren Laaspher SPD
Am Freitag feiert die Bad Laaspher SPD ihren 100. Geburtstag mit einem Festakt im Haus des Gastes. Mehr als die Hälfte davon, nämlich 53 Jahre lang, hat Otto Düsberg begleitet. Der 83-Jährige hat die Höhen und Tiefen seiner Sozialdemokratie miterlebt und kann spannende Geschichten erzählen – über seine Zeit als junger Wilder in der Kreistagsfraktion, als glücklicher aber chancenloser Landtagskandidat und über neun Jahre als ehrenamtlicher Bürgermeister in Bad Laasphe und den anschließenden gesundheitlichen Zusammenbruch. In die Wiege gelegt worden ist dem Bauernsohn diese Parteikarriere nicht.
Einmal CDU gewählt
„Während des Studiums war ich noch relativ unpolitisch“, sagt der gelernte Elektriker, der in Gießen auf die Ingenieurschule ging. „Bei meiner ersten Wahl habe ich noch CDU gewählt, weil mir der Außenminister Heinrich von Brentano imponierte.“ Der Umschwung kam mit dem Wahlkampf der CDU, die 1957 mit dem Slogan „Keine Experimente!“ für Konrad Adenauer warb.
Otto Düsberg war experimentierfreudiger. Auch für ihn gab es Umbrüche. Er studierte nach der Ingenieurschule Elektrotechnik, Theologie und Politik auf Lehramt an Gewerbeschulen. „Diese Zeit in Frankfurt hat mich politisiert“, erklärt Düsberg im Gespräch mit dieser Zeitung. Interessanterweise ist es der Pfarrer der Studierendengemeinde, der Düsberg und vielen anderen klar macht: „Ihr müsst in die Parteien gehen, wenn Ihr etwas verändern wollt.“ Otto Düsberg folgt diesem Rat und geht in die SPD. „Willy Brandt war meine große Leitfigur“, sagt er heute noch.
Mit Kusshand akzeptiert
Zuhause in Bad Laasphe ging Düsberg zu Werner Möhl. Der Gewerkschaftsfunktionär und SPD-Politiker war 1966 Landrat in Wittgenstein geworden. Der junge Düsberg kam gerade recht: „Die haben mich mit Kusshand genommen“, erinnert sich Düsberg mit einem Lächeln und ergänzt selbstironisch: „Ich hatte ja von nichts eine Ahnung.“ Kaum in der Partei, macht der junge Lehrer Karriere, weil er auch bereit ist, für den Bad Laaspher Stadtrat und den Wittgensteiner Kreistag zu kandidieren.
Jüngster wird Fraktionsvorsitzender
1970 schlägt dann die große Stunde der Wittgensteiner SPD – doch für Otto Düsberg wird dies ein „mittlerer Schock“. Die Genossen holen alle Direktmandate. Mit diesem Erfolg hatte keiner gerechnet. Schon gar nicht die SPD. Deren designierter Kreistagsfraktionsvorsitzender Hagemann aus Hoheleye stand auf dem sicheren Listenplatz 1.
Nur zog diese Liste durch den Erfolg der Direktkandidaten nicht mehr. Die SPD-Fraktion einigte sich und wählte den Jüngsten zum neuen Vorsitzenden: Otto Düsberg. Damals stellten die Bad Laaspher Genossen also den Fraktionsvorsitzenden und mit Werner Möhl den Landrat. Allerdings ist dies auch die letzte Wahlperiode des Wittgensteiner Kreistags vor der kommunalen Neugliederung.
Kruzifixe gegen die SPD
1975 kandidiert Otto Düsberg dann auf Wunsch seiner Partei für den Landtag – eine Erfahrung die er rückblickend nicht missen möchte: „Es war ein einzigartiges Erlebnis, auch wenn die Chancen zu gewinnen gleich null waren. Man lernt so viele Menschen kennen.“ Dazu zählen Parteigrößen wie Herbert Wehner oder Annemarie Renger.
Lebhaft sind die Erinnerungen auch an das Klinkenputzen im konservativen katholischen Hochsauerland. In Berge habe er an eine Tür geklopft. Eine ältere Frau öffnete. „Als ich ihr sagte, ich sei der SPD-Landtagskandidat, hat sie sich bekreuzigt und mir Tür vor der Nase zugeschlagen.“ Ob dieser Erinnerung schmunzelt Düsberg. Heute.
Erfolgreiche Bürgermeisterjahre
Von 1984 bis 1993 war der Sozialdemokrat ehrenamtlicher Bürgermeister. Und Düsberg macht noch heute keinen Hehl daraus, dass er das englische System der Trennung von Verwaltungschef und Bürgermeister für besser hält. Zusammen mit den Stadtdirektoren Werner Beckehoff und Gerd Karpf hat der Chef des Stadtrates viel bewegen können.
Düsberg nennt die Gestaltung der Altstadt, den Kurbetrieb, die Bundesstraße 62 und die Verkehrsberuhigung der Landstraße 718 – Unterstützung kam vom CDU-Landtagsabgeordneten Karl Knippschild, der die Landstraße mit einer Tonnagen-Beschränkung für Lastwagen ab 7,5 Tonnen sperrte. Und dass nach wie vor Züge in Bad Laasphe halten, sei auch ein Verdienst der SPD und vor allem das von Otto Wunderlich.
Kritikfähig bleiben
„Wir hatten damals aber auch zweimal absolute Mehrheiten für die SPD im Rat“, sagt Düsberg fast schon entschuldigend. Allerdings sei es für den Bürgermeister auch mit den eigenen Genossen nicht einfach gewesen: Vor allem in dem damaligen Fraktionsvorsitzenden Arno Vomhof habe er einen kritischen Begleiter gehabt.
Und genau hier sieht er auch Chancen für seine Partei, aus dem Umfragetief heraus zu kommen. „Die Partei muss im Parlament wieder ihrer Aufgabe als Kontrollorgan wahrnehmen.“ Das bezieht Düsberg auf den Stadtrat und den Bundestag und wiederholt seinen Satz vom Anfang des Gesprächs: „Wenn ich etwas verändern will, dann muss ich in der Partei arbeiten.“
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