Bad Berleburg. Der Frührentner aus Feudingen holte seine Freundin mit einem Bus vom Krankenhaus in Bad Berleburg ab. Er muss jetzt 2100 Euro Strafe zahlen.

Mit 3,19 Promille fuhr der 54-jährige Frührentner mit dem Bus von Oberndorf nach Berleburg zum Krankenhaus, um dort seine Freundin abzuholen – und bekam dafür jetzt vom Amtsgericht Bad Berleburg eine Geldstrafe in Höhe von 2100 Euro. An die Fahrt im Vollrausch konnte sich der Angeklagte laut eigener Aussage nicht mehr erinnern: „Ich hatte einen totalen Blackout. Ich bin erst am nächsten Tag zu mir gekommen.“

Der Vorwurf

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Kurz nachdem der 54-Jährige seine Freundin im Januar dieses Jahres aus dem Krankenhaus abgeholt hatte, soll seine Lebensgefährtin ihn zum Anhalten bewegt haben. „Ich habe gemerkt, dass es ihm nicht gut ging und wollte, dass er rechts ‘ranfährt“, sagte die 62-Jährige vor Gericht. Der Angeklagte sei nach zahlreichen Rückenoperationen auf Schmerzmittel angewiesen und nehme deswegen täglich Ibuprofen in Höhe von 2400 Milligramm zu sich. „Ich dachte, er habe vielleicht Kreislaufprobleme“, so die Zeugin weiter. Eine Alkoholfahne will sie allerdings nicht gerochen haben.

Kurze Zeit später sei schon der Polizeiwagen eingetroffen. „Ich war mit dem Streifenwagen gerade auf der Bahnhofstraße unterwegs, als mich ein Fußgänger angehalten hat und meinte, dass ein Bus fast einen Unfall in der Sählingstraße gebaut hätte“, erklärte der 55-jährige Polizeibeamte vor Gericht. Vor Ort habe er den Angeklagten in einem „sehr schlechten Zustand“ vorgefunden, mit nach vorne geknicktem Kopf und sowohl räumlich als auch zeitlich desorientiert. Ein polizeilich angeordneter Bluttest habe später schließlich einen Alkoholwert von 3,19 Promille ergeben.

Der Gutachter

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„Er hat offensichtlich ein Problem im Umgang mit Alkohol“, so die Einschätzung von Jörg Holger Schmidt, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in Betzdorf. Er war vom Berleburger Amtsgericht damit beauftragt worden zu begutachten, ob bei dem Angeklagten zum Tatzeitpunkt eine verminderte Schuldfähigkeit oder gar eine Schuldunfähigkeit vorlag. Für Schmidt spreche ein derart hohe Promillewert für einen Alkoholmissbrauch, aber auch für eine Gewöhnung: „Ein anderer Mensch wäre bei 3,19 Promille nicht mehr in der Lage aufrecht zu gehen. Bei einem Wert von 3,4 kann es bei Nicht-Gewöhnung sogar tödlich enden.“ Ob er eine Schuldunfähigkeit ausschließen könne, so die Frage von Richter Torsten Hoffmann. „Nicht zu 100 Prozent.“

Die Vorstrafe

Bereits im Januar 2016 war der Angeklagte wegen Trunkenheits im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 875 Euro verurteilt worden – damals mit einem Promillewert von 2,6. Die Problemlösungsstrategie des Angeklagten sei offensichtlich der Alkohol, so Sachverständiger Schmidt. Und auch der Frührentner gab zu: „Ich habe mir den Abend davor große Sorgen um meine Lebensgefährtin gemacht, weil sie wegen ihrer Herzprobleme wieder ins Krankenhaus musste. Das hat mich einfach überfordert, so dass ich mich in Vollrausch versetzt habe.“

Das Urteil

„Es spricht einiges dafür, dass bei dem Angeklagten eine Alkoholproblematik vorliegt, die behandelt werden müsste“, so Staatsanwalt Markus Urner in seinem Plädoyer. Es sei ein Riesenglück gewesen, dass auf der Fahrt von Oberndorf bis nach Bad Berleburg niemand zu Schaden gekommen sei. Das und die Tatsache, dass der Angeklagte wegen des gleichen Vergehens bereits straffällig wurde, sei für ihn Anlass, eine dreimonatige Freiheitsstrafe zu beantragen, die zu einer Bewährungszeit von drei Jahren auszusetzen sei. Gleichzeitig forderte Urner eine Geldbuße in Höhe von 1000 Euro und eine Führerscheinsperre von einem Jahr.

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Richter Torsten Hoffmann wertete das anders und kam dem Antrag der Verteidigung auf eine Geldstrafe nach. Eine Schuldunfähigkeit sei bei einer derartigen Alkoholkonzentration im Blut nicht ganz auszuschließen. Mit dem Urteil wollte Hoffmann auch ein Zeichen setzen: „Ich habe die Hoffnung, dass Sie in Zukunft solche Straftaten nicht mehr begehen und therapeutische Maßnahmen ergreifen.“