Karlsruhe/Bad Berleburg. Landrat Andreas Müller und Waldbauernsprecher Lucas von Fürstenberg sind sich nur in einem Punkt einig.
Der Streit um das Wisentprojekt bleibt vorerst ungelöst. Der Richterspruch am Freitag vor dem Bundesgerichtshof hat einen deutlichen Unterton, den sowohl Siegen-Wittgensteins Landrat Andreas Müller als auch der Sprecher der Interessengemeinschaft Pro Wald, Lucas von Fürstenberg gleich deuten, wenn es darum geht, den Frieden im Wald wiederherzustellen. Nur sind die Ansichten des Vorsitzenden der Lenkungsgruppe des Artenschutzprojektes, Andreas Müller, und des Sprechers der geschädigten Waldbesitzer, Lucas von Fürstenberg, nicht deckungsgleich.
Viel Arbeit steht an
Auf Landrat Andreas Müller kommt viel Arbeit zu. Der Vorsitzende der Steuerungsgruppe des Artenschutzprojektes hat mit einer Rückverweisung des Rechtsstreits um die umherstreifenden Wildrinder an das Oberlandesgericht Hamm gerechnet und eine klare Vorstellung von dem, was jetzt zu tun ist: „Es war eine politische Entscheidung, dieses Artenschutzprojekt zu beginnen, und es bleibt eine politische Entscheidung, ob dieses Projekt fortgeführt wird oder nicht.“
Unabhängig davon, dass die Gerichte sich weiter mit der juristischen Lösung der Frage beschäftigen, wie die Waldbauern für die Schälschäden an Buchen zu entschädigen sind und vor allem wie existenziell der wirtschaftliche Schaden durch die Wisente tatsächlich ist, hat sich die Steuerungsgruppe ein anderes Ziel gesetzt: „Wir müssen die Situation befrieden. Das geht nur mit Dialog und der Einbindung aller Parteien“, formuliert es der Politiker.
Müller steht zur Zaunlösung
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Müller hält auch – unabhängig davon, dass der Bundesgerichtshof entscheiden hat, dass die Waldbauern die umherstreifenden Wildrinder auf ihren Flächen dulden müssen – an der von der Lenkungsgruppe und der NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser einvernehmlich getroffenen Vereinbarung fest: „Wir haben eine Zaunlösung vereinbart und dazu stehe ich“, bekräftigt Müller.
Diese Zaunlösung ist aber nur ein Teil der Vereinbarung. Der andere basiert auf dem öffentlich-rechtlichen Vertrag als Grundlage des Auswilderungsprojektes. Dort ist die Steuerungsgruppe mit einer wichtige Aufgabe verankert: „Wir müssen entscheiden, ob das Artenschutzprojekt ein Erfolg ist, oder ob es gescheitert ist.“ In der Folge würden die Wisente endgültig für wild erklärt und in die Freiheit entlassen, oder aber wieder eingefangen und das Projekt beendet. Eine solche Entscheidung ist nicht einfach zu fällen: „Dazu brauchen wir ein Gutachten. Das wird sich ein zwei Jahre Zeit brauchen“, erläutert Müller und verweist auf das Land, das dieses Gutachten in Auftrag geben werde.
Ambitionierter Zeitplan
Das Gatter auf Flächen des Staatswaldes und der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer zwischen Schmallenberg-Schanze und Bad Berleburg-Kühhude könnte den Frieden und diese Zeit bringen. Bis ein solches großes Gehege von rund 1500 Hektar Fläche entstehen kann, sind aber weiterer Untersuchungen nötig. Wie Landrat Müller erläutert, habe die Naturschutzbehörde bei der Bezirksregierung in Arnsberg die Planungen übernommen, weil es um ein Kreisgrenzen überschreitendes Areal im HSK und dem Kreis Siegen-Wittgenstein geht. Das vereinfache das Genehmigungsverfahren. Nach wie vor hält die Lenkungsgruppe auch an einem Baubeginn im Herbst fest. Doch das Ziel ist ambitioniert. Schließlich hatte der Kompromiss auch vorgesehen, dass andere Wildarten aber auch Wanderer dieses Gehege ungehindert durchstreifen können sollen, weil dort unter anderem der Rothaarsteig und auch der Waldskulpturenweg verlaufen.
Grundproblem bei Auswilderung
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Für den Sprecher der Interessengemeinschaft Pro Wald, Lucas von Fürstenberg aus Brabecke ist ebenfalls klar, dass der Wisentkonflikt nur politisch zu lösen ist: „Vor Gericht kann es keine vernünftige Lösung geben, sondern es wird immer so weiter gehen.“ Von Fürstenberg vertritt die Interessen von Waldbesitzern sowohl aus Schmallenberg als auch aus dem Kreis Olpe. Er hält das Signal aus Karlsruhe für „fatal“ und hofft auf die von der Steuerungsgruppe mit der Umweltminister Ursula Heinen-Esser verabredeten Gatterung der freilebenden Herde. „Das ist auch nur eine temporäre Lösung“, macht von Fürstenberg deutlich, der das Wisentprojekt unabhängig von einem noch ausstehenden Gutachten für gescheitert hält, „weil es dauerhaft gemanaget werden muss“.
Der Grundfehler des Projektes liege darin, dass man Tiere auswildere und zugleich eine Herdengröße von 25 Tieren vorgebe, nur um später festzustellen, dass man die überzähligen Exemplare der streng geschützten Wildrinder, dann aus Artenschutzgründen nicht mehr einfangen dürfe. Vor diesem Hintergrund bleibt aus von Fürstenbergs Sicht nur eine Lösung. Entweder man beende das Projekt oder man gattere die Herde dauerhaft.
Touristiker bleiben gelassen
Hubertus Schmidt von der Schmallenberger Sauerland Tourismus GmbH bleibt beim Ausgang des Gerichtsverfahrens aus touristischer Sicht gelassen. Für Schmallenberg spiele die frei umherstreifende Herde als Attraktion eine untergeordnete Rolle. „Ich glaube nicht, dass die Auswirkungen auf unsere Belegungszahlen sehr groß sind.“ Ganz anders sei dies aber bei dem Wildrindergehege in Wingeshausen: „Wir haben eine sehr gute Kooperation mit der Wisent Wildnis am Rothaarsteig und bekommen regelmäßig sehr positive Rückmeldungen von den Besuchern“, so Schmidt.