Siegen/Bad Laasphe. Der Bad Laaspher soll seine minderjährigen Nichten missbraucht haben. Die Schwester des Angeklagten glaubt an die Schuld ihres Bruders.

Im Mai ging es im Siegener Landgericht erstmals um einen heute 64-jährigen Mann aus Bad Laasphe der in der Zeit von 1998 bis 2010 zwei seiner seinerzeit minderjährigen Nichten in insgesamt 56 Fällen missbraucht haben soll, in Bad Laasphe und auf einer Urlaubsreise. Nachdem die Strafkammer für das Hauptverfahren nur drei Tage angesetzt hatte und sich herausstellte, dass das nicht reichen würde, wurde die Sache ausgesetzt und auf den Sommer geschoben. Jetzt ist mehr Zeit und es wird wieder verhandelt.

Im Mai sagte der Angeklagte öffentlich aus, wies die Vorwürfe seiner Nichten und seiner Schwester entschieden zurück. Er schilderte die Familie als problematisch und schob die Schuld in Richtung seines 2018 verstorbenen Schwagers, beschrieb diesen als „wohl alkoholbedingten“ Schläger und Messerstecher, der jahrelang seine Familie terrorisiert habe. Er habe ihn in eindeutiger Situation mit einem der Mädchen erwischt und seine Schwester damals auch informiert.

Am Montag beantragt der Verteidiger allerdings den Ausschluss der Zuschauer. Die Vernehmung findet diesmal also hinter verschlossenen Türen statt, wie auch die der jüngeren Nichte. Die inzwischen 22-jährige Studentin kommt sichtlich angespannt und mit Tränen in den Augen in den Saal, wo sie mehrere Stunden ausgefragt wird.

„Bis dahin habe ich meinen Bruder geliebt“

Gegen 16 Uhr etwa wird die Öffentlichkeit wieder hergestellt und die Schwester des Angeklagten vernommen. Sie berichtet, am 28. Mai 2018 von den Vorfällen erfahren zu haben. „Bis dahin habe ich meinen Bruder geliebt“, erklärt die Zeugin (55). Nach dem Tod ihrer Eltern habe sie mit ihren Geschwistern über die Familie gesprochen. Dabei sei seitens einer ihrer Schwestern ein Vorfall aus der Zeit von 2001 bis 2003 wieder zur Sprache gekommen.

Die habe damals ihren Bruder mit der älteren Nichte in deren Zimmer angetroffen und einen gewissen Verdacht geäußert, der zu einem heftigen Streit führte. „Danach hatte ich ein komisches Gefühl“, erklärt die Zeugin, warum sie dann ihre Tochter darauf ansprach: „Sie hat Ja gesagt und ist sofort zusammengebrochen!“ Das merkwürdige Verhalten der einen habe dann zu einer Reaktion der zweiten Schwester und einer weiteren Offenbarung geführt. Beide Mädchen hätten nicht zur Polizei gehen wollen.

Erinnerung an Unstimmigkeiten

Sie habe das aber für nötig gehalten und sei mit ihrer jüngsten Tochter hingefahren. Bis heute kenne sie die Einzelheiten der damaligen Vorfälle nicht und wolle das eigentlich auch gar nicht. Auf Nachfragen des Gerichts und später des Verteidigers erinnert sich die Laaspherin an gewisse Anzeichen für Unstimmigkeiten nach Kontakten der Mädchen zu ihrem Onkel, bleibt aber hier und da gewisse Einzelheiten auch schuldig. Vorhaltungen ihres Bruders und seines Anwaltes, es habe ernste Zerwürfnisse mit ihrem Mann gegeben, verneint die Zeugin.

Die beiden Männer seien sehr verschieden gewesen. hätten sich nicht gemocht, später ernsthaft zerstritten. Ihr Mann sei für elf Monate ausgezogen und habe gefordert, sie solle sich zwischen beiden entscheiden, weil der Bruder längere Zeit im Haushalt gelebt hatte. Körperliche Auseinandersetzungen habe es aber nie gegeben. Und ihr Mann habe auch nicht ständig im Hobbykeller gelebt.

Konnte nichts mit Bodenständigkeit anfangen

Sie sei jedenfalls hin und hergerissen, habe ihren Bruder trotz seiner Eigenheiten sehr lieb gehabt und ihn akzeptiert, wie er war, „ein Vogel, der immer umherfliegen muss“. Mit der Bodenständigkeit ihres Mannes oder seiner Eltern, die er allesamt verlacht hätte, habe er nichts anfangen können. Sie habe dem Bruder vertraut und ihm „so etwas bis zum 28. Mai 2018 nie zugetraut“. Der Prozess geht am Dienstag mit zahlreichen Zeugen weiter.

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