Bad Berleburg. . Wir haben mit dem Beigeordneten der Stadt Bad Berleburg über Chancen, Risiken und Kosten gesprochen. Wichtigste Erkenntnis: Nichts ist fix!

Noch ist keine Entscheidung über die geplante Neugestaltung des Goetheplatzes gefallen. Trotzdem diskutieren die Bürger seit den ersten Werkstattgesprächen vor vier Jahren das Thema weiter kontrovers. Aktuell spitzt sich das in der Bürgerschaft zu.

Der Beigeordnete der Stadt Bad Berleburg befasst sich intensiv mit der Neugestaltung des historisch bedeutsamen Goetheplatzes. Zum Gespräch hat er Pläne und Fotografien mitgebracht.
Der Beigeordnete der Stadt Bad Berleburg befasst sich intensiv mit der Neugestaltung des historisch bedeutsamen Goetheplatzes. Zum Gespräch hat er Pläne und Fotografien mitgebracht. © Lars-Peter Dickel

Wir haben mit dem Beigeordneten der Stadt Bad Berleburg, Volker Sonneborn, über Chancen, Risiken und Kosten gesprochen. Wichtigste Erkenntnis: Nichts ist fix oder entscheidungsreif. Die alten Pläne stehen nach wie vor zur Diskussion. Ja sogar die gesamte Maßnahme ist noch nicht beschlossene Sache.

Der Goetheplatz ist ein inzwischen wieder öffentlich breit diskutiertes Thema. Sind die Pläne für den Umbau bereits in Stein gemeißelt?

Nein. Die aktuell in der Öffentlichkeit diskutierten Pläne wurden in vier Bürger-Werkstätten erarbeitet. Sie sind vier Jahre alt und in vielen Punkten überholt. Wenn wir diese Pläne genau so umsetzen wollten, hätten wir dies bereits lange unserer Politik vorgeschlagen.

Wir führen derzeit Gespräche mit betroffenen Gruppen und potenziellen Nutzern des Platzes, um die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen und dann einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten.

Pläne für Goetheplatz in Bad Berleburg stehen in der KritikZiel ist es, einen Kompromiss aus kulturellem Erbe, Aufenthaltsqualität und Verkehrsführung zu finden. Zu beachten ist dabei, dass der Goetheplatz für uns nicht isoliert zu betrachten ist, sondern eingebettet in eine Gesamtstrategie zur langfristigen Belebung der Kernstadt.

Vielfach wird die Bürgerbeteiligung an der Entwicklung der Pläne trotz der Werkstattgespräche als unzureichend bemängelt. Wie bewerten Sie als Beigeordneter diese Kritik?

Es gab vier Bürger-Werkstätten und nun persönliche Gespräche. Zudem stehen unsere Rathaustüren offen. Anschließend soll es eine öffentliche Informationsveranstaltung geben, um die Ergebnisse vorzustellen. Auch dort wird jeder die Möglichkeit erhalten, seine Meinung einzubringen, und diese erhalten dann die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung vor deren Entscheidung.

Benennung des GoetheplatzesProblematisch sehe ich eher den teilweise vermittelten Irrglauben, die Stadtverwaltung wolle die Pläne aus dem Jahr 2014 einfach Eins zu Eins so umsetzen. Wir sehen die Planung aus den Bürger-Werkstätten selbst nicht als rundum optimal an und suchen deswegen den persönlichen Dialog. Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen für die wesentlichen Knackpunkte, um den unmittelbar Betroffenen rund um den Goetheplatz eine Alternative zur heutigen Situation zu geben. Ich sehe das als Chance und nicht als Verpflichtung.

Das Spannungsfeld liegt zwischen dem Erhalt von Bäumen, Brunnen und Denkmals auf der einen Seite und einer neuen Verkehrsführung und der Verbesserung der Aufenthaltsqualität oder der Nutzung als Veranstaltungsort. Welche Prioritäten setzt die Stadtverwaltung?

Die Aspekte müssen sich nicht unmittelbar widersprechen. Die Grundstruktur des Platzes soll nach unserer Sicht erhalten bleiben, und insofern ist dies auch mit dem Erhalt des Denkmals vereinbar. Der Erhalt bzw. der Ersatz von Bäumen ist zunächst mal aus Verkehrssicherungsgründen zu beantworten, da ein Teil der Bäume nachweislich krank ist und wir Gefährdungen ausschließen müssen. Insofern stellt sich diese Frage unabhängig von den Bauplänen.

Bilder vom Berleburger GoetheplatzPunktuelle Veranstaltungen finden ja schon heute auf dem Platz statt, und dies würde sich nicht wesentlich verändern. Warum aber nicht mal ein kleines Altstadtfest mit internationaler Küche rund um den historischen Goetheplatz? Und eine stärkere Außengastronomie auf Natursteinpflaster mit Blick auf einen optimierten Goetheplatz am Schloss hat durchaus Charme.

Schöner Nebeneffekt der Baumaßnahmen wäre im Übrigen ja auch eine bessere Infrastruktur auf und an dem Platz (Strom, Wasser, Abwasser, Toilette), was dauerhaft Vorteile für Veranstalter und Anwohner bietet.

Im Untergrund des Platzes liegt die Keimzelle der Stadt Bad Berleburg, welche Bedeutung hat die Archäologie an diesem Ort?

Es handelt sich um einen der wichtigsten Plätze in unserem Stadtgebiet. Deswegen sind konstruktive Diskussionen dazu auch wichtig und sinnvoll, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Der Projekttitel lautet übrigens „Vitalisierung des Goetheplatzes“ und nicht „Komplettumbau“.

Parkplätze auf alten Kirchenmauern und Gräbern in BerleburgWir müssen mit dem kulturellen Erbe des Platzes angemessen umgehen und dabei auch archäologische Arbeiten einbeziehen. Ziel ist es z.B., die Grundmauern der früheren Stadtkirche, die auf diesem Platz stand, an einzelnen Punkten sichtbar zu machen. Auch ist eine Altstadtroute geplant, auf der sich die vielen Besucher des Schlosses über die Historie und aktuellen Angebote informieren können, z.B. ein Modell der Oberstadt tastbar auch für Sehbehinderte.

Chancen diskutieren und nutzen

Eins vorweg: Es wird Zeit, dass wieder mehr Ruhe in die Diskussion um die Gestaltung des Goetheplatzes einkehrt! Und da ist die zentrale Botschaft des Beigeordneten Volker Sonneborn doch positiv zu bewerten: Noch ist nichts entschieden. Und noch ist Platz für Ideen, weil auch die von Bürgern und Planern in den Werkstattgesprächen erarbeiteten Konzepte nicht optimal und fertig sind. Es gibt also noch gar keine Grundlage für eine politische Entscheidung.

Nach wie vor sind es viele einzelne Interessen, die abgewogen und unter einen Hut gebracht werden müssen. Da gibt es in aller erster Linie Anwohner, Immobilienbesitzer und Geschäftsleute. Daneben sind aber auch die Interessen der anderen Nutzer wie beispielsweise des Schützenvereins oder der Arbeitsgemeinschaft rund um die WeihnachtsZeitreise zu betrachten. Es ist gut, wenn nach den Werkstattgesprächen jetzt auch noch Einzelgespräche stattfinden, um die Bedürfnisse und Chancen tiefergehend auszuloten.

Chancen bietet die Diskussion auf jeden Fall. Denn unabhängig vom Zustand einzelner Bäume, der Anzahl der Parkplätze oder dem Spannungsfeld aus Verkehrsberuhigung und Befahrbarkeit muss der Goetheplatz als zentraler Platz vor dem Schloss attraktiver werden – für Touristen und die Einheimischen. Wie diese Gestaltung aussieht, wie stark in die bestehenden Strukturen eingegriffen werden sollte, das entscheiden letztlich die Interessengruppen mit, also Bürger gemeinsam mit Verwaltung und Politik. Dieser Prozess läuft nun seit fünf Jahren. Aber immerhin läuft er weiter!

Noch ein Wort zum Geld: Ich persönlich finde es uneingeschränkt gut, dass sich eine Verwaltung um Fördergelder für die Stadtentwicklung bemüht hat. Und ich weiß, dass 30 Prozent Eigenanteil hoch sind. Die Alternative wäre aber, gar nichts zu tun. Und selbst wenn am Ende doch keine 1,4 Millionen verbaut werden, lohnt es sich, mit zu planen und zu diskutieren.

Ein Kritikpunkt an der Verkehrsführung ist auch, dass der Platz Parkraum für die Geschäftsleute und Hausbesitzer bieten muss. Wie können die Parkplatzprobleme der Oberstadt langfristig gelöst werden?

Es wird auch in Zukunft Parkplätze am Goetheplatz geben. Die Parkplätze sind aber grundsätzlich für Gäste der Oberstadt angelegt und nicht primär für private Hauseigentümer. Wie jeder andere Hausbesitzer im Stadtgebiet haben diese erstmal private Flächen vorzuhalten. Natürlich sehen wir aber auch die eingeschränkten Möglichkeiten in der Oberstadt und suchen deswegen nach Lösungen, die wir anbieten können. Auch hier haben wir noch kein zufriedenstellendes Ergebnis, sehen dies aber nicht als unlösbar an. Gespräche dazu laufen. Man darf bei Entscheidungen aber auch nicht vergessen, dass sich die Mobilität langfristig verändert wird (autonomes Fahren etc.). Hinsichtlich der Verkehrsführung ist die in den Bürgerwerkstätten diskutierte Einbahnstraßenregelung in der kompletten Oberstadt lange vom Tisch. Vorstellbar ist aber weiterhin eine Einbahnstraßenregelung, die sich nur auf den Goetheplatz beschränkt, also der Verkehr geteilt rechts und links vom Platz geführt wird.

Wer trifft wann die Entscheidung über die Gestaltung des Goetheplatzes?

Die gewählten Volksvertreter, also die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bad Berleburg. Diese müssen die Entscheidung am Ende ja verantworten auch den nachfolgenden Generationen gegenüber, wie man mit der Möglichkeit einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung des jahrhundertealten Platzes am Schloss umgegangen ist. Der Zeitpunkt der Entscheidung hängt vom Verlauf der weiteren Gespräche ab, möglichst im laufenden Jahr 2018.

Was wird der Umbau kosten und wie hoch sind Förderanteil und Eigenanteil?

Das hängt vom Umfang der Baumaßnahmen ab. Sofern wir das Projekt als Städtebaufördermaßnahme umsetzen mit einer deutlichen Verkehrsberuhigung und erhöhten Aufenthaltsqualität rund um den Goetheplatz, erhalten wir eine 70-prozentigen-Förderung bis zu einem bewilligten Maximalvolumen von 940 000 Euro.

Fördergeld für GoetheplatzDie weiteren 30 Prozent trägt die Stadt Bad Berleburg. Je nach Umsetzungsvariante werden die Anwohner dann gar nicht finanziell belastet. Sollte es zu keiner Umsetzung im Rahmen des Städtebauförderprogrammes kommen, würden die ohnehin erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen am Goe­theplatz komplett durch die Stadt getragen und bei späteren Maßnahmen an der Straße bzw. dem Gehweg die Anwohner nach dem kommunalen Abgabengesetz finanziell beteiligt.

Was halten Sie von der Kritik des Steuerzahlerbundes an der Baumaßnahme?

Der Bund der Steuerzahler orientiert sich an alten Plänen aus dem Jahr 2014 und suggeriert, wir wollten den alten Platz komplett verändern. Wir haben mit der Vorgehensweise bei unseren Prozessen auch ein Vertrauen bei Fördermittelgebern erreicht, dass wir verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen. Sollte es uns nicht gelingen, eine breite Mehrheit für eine Vitalisierung des Platzes im Sinne der Städtebauförderrichtlinien finden, werden wir diese auch nicht umsetzen und die Fördermittel zurück geben. Auch das ist dann ein Ergebnis, mit dem wir in einer Demokratie leben müssen. Ich glaube aber, dass die Chancen einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung des historischen Platzes am Schloss deutlich überwiegen und wir danken allen, die sich konstruktiv dabei einbringen.