Raumland/Berlin. . Ein waschechter „Raumländer Junge“ ist Schlossbaumeister in der Hauptstadt. Dort verantwortet er die Investition in den 600 Millionen-Euro-Bau

„Ich bau dir ein Schloss, so wie im Märchen“ – auch mit diesem Lied hat der holländische Kinderstar Heintje im Jahr 1968 so manchem Fan Tränen in die Augen gesungen. Sein Versprechen hat Heintje, der inzwischen Hein Simons heißt, niemals eingelöst. Wenn allerdings Volker Grübener dieses Lied anstimmen würde, dann zu Recht, denn der Raumländer ist Schlossbaumeister in Berlin – kein Märchen. Bürokratisch nennt sich Grübener „technischer Regierungsdirektor – Beamter im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)“ in Berlin.

„Meine Aufgabe als Gesamtprojektleiter im BBR für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses – Humboldt Forum – prägt seit 2006 mein Arbeits- und Privatleben“, blickt der 49-Jährige im Gespräch mit der Westfalenpost auf die vergangenen zwölf Jahre zurück. „Mit den landläufigen Beamtenklischees kann ich sicherlich nicht dienen, bin aber trotzdem ein typischer Beamter, nur eben einer mit bisweilen untypischen Arbeitsweisen und -zeiten“, lacht der sympathische „Witti in der Welt“.

Arbeitsalltag

Wie sieht denn in der Hauptstadt der Arbeitsalltag eines Schlossbaumeisters aus? Volker Grübener denkt kurz nach: „Den verbringe ich überwiegend mit einem interdisziplinär zusammen gestellten Projektteam aus ca. 20 weiblichen und männlichen Architekten und Ingenieuren ost- und westdeutscher Herkunft – mit und ohne Migrationshintergrund im Alter von 30 bis 60 Jahren. Also ein bunt gemischtes Team, dessen Aufgabe in der Steuerung des Gesamtprojekts besteht. Davon umfasst sind alle Bereiche der Projektabwicklung von der Kosten- und Terminsteuerung und bis zur Qualitätsprüfung. Wir beraten die Nutzer bei der Erstellung der ersten Raumkonzepte bis zu deren baulicher Umsetzung, führen Wettbewerbs- und Vergabeverfahren durch, beauftragen Planer und Baufirmen und prüfen deren Leistungen, in vielen Fällen bis ins Detail.“ Es sei gerade die fehlende Qualitätssicherung, die „regelmäßig ein Auslöser von Kostensteigerungen und Terminverzügen von Großbaumaßnahmen ist“. Über den Bau des Berliner Flughafens mag Grübener sich allerdings nicht äußern. Die bauaufsichtliche Abnahme des Schlossgebäudes ist bereits im Frühjahr 2019 vorgesehen. Die eigentliche Eröffnung des Humboldt Forums im Berliner Schloss ist ab Ende 2019 geplant. „Besonders speziell ist beim Berliner Schloss natürlich auch die Einzigartigkeit der Rekonstruktion der historischen Fassaden, die mich erstmals seit Wittgensteiner Zeiten wieder in einen Steinbruch gebracht haben.“

Schieferhalden

Grübener wurde exakt in jenem Jahr geboren, als Heintje erstmals von dem Schloss sang, und wuchs in Raumland „mit Blick auf Steinbruch und Schieferhalden“ auf. Hier bekam er die ersten Kontakte zur Architektur, denn sein Vater Ernst hat viele Jahre als freiberuflicher Architekt in Wittgenstein gewirkt und sich auch als Rentner in seinem Rumilingene um das Baugeschehen ehrenamtliche Verdienste erworben. Weil im Elternhaus Wert auf anständiges Malen und Zeichnen gelegt wurde, kam Volker Grübener schon als Jugendlicher seinem späteren Beruf näher. Im Jahr 1981 landete er sogar in der Heimatzeitung neben Bürgermeister Schmerer als erfolgreicher Teilnehmer eines Malwettbewerbes der Sparkasse.

Erinnerungen

Aus den Zeiten am JAG in Bad Berleburg erinnert sich Volker Grübener „natürlich noch gerne an viele Mitschüler und Lehrer“, unter denen ihm gerade die älteren in lebendiger Erinnerung geblieben sind: „Mein Geschichtslehrer war Karl-Ernst Riedesel, ein Lokalhistoriker, einer, der auf Augenhöhe mit uns Schülern diskutierte, Neugierde weckte und es verstand, Geschichte, auch die des Wittgensteiner Landes, in all ihren Facetten und Widersprüchen verständlich zu machen. Mathe hatten wir bei Klaus Meyer und Englisch bei Manfred Lückel. Sie brachten uns mit klaren Ansagen und viel Fachwissen ausgesprochen wirkungsvoll durch die Pubertät.“

In jener Zeit am Gymnasium gab es auch Klassenfahrten – und die führten gleich zweimal nach Berlin. „Die Fahrten waren zukunftsweisend, ich habe mich dort mit dem Berlin-Virus infiziert“.

Herausforderungen

Und zwar so kräftig, dass Volker Grübener dem Ruf einiger Studienfreunde folgte und in 1999 seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin verlegte. „Ebenfalls angezogen hat mich damals der Umgang mit den architektonischen Herausforderungen öffentlicher Repräsentationsbauten und Großbaumaßnahmen, die mein heutiger Arbeitgeber wie kein anderer in Deutschland seit vielen Jahrzehnten mit zumeist großem Erfolg umgesetzt hat.“

Volker Grübener bei dem Vortrag und der Podiumsdiskussion „Kann Rekonstruktion Fortschritt sein?“ der Stiftung Humboldt Forum und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung im Kronprinzenpalais.
Volker Grübener bei dem Vortrag und der Podiumsdiskussion „Kann Rekonstruktion Fortschritt sein?“ der Stiftung Humboldt Forum und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung im Kronprinzenpalais.

Bleibt da noch Zeit für Kontakte in die alte Heimat, zu Freunden? Drei bis vier Mal im Jahr kommt der Familienvater mit seiner Frau Elke und den Kindern Charlotte (14) und Moritz (11) zu seinen Eltern nach Raumland – oder wie kürzlich zum Abitreffen in den Jagdstuben „Grünewald“. Grübener: „Nach meiner ersten Heimat Wittgenstein ist die Heimatregion meiner Frau, der Raum Braunschweig/Goslar zu meiner zweiten Heimat und Berlin-Zehlendorf schließlich zu meiner dritten Heimat geworden. An diesen Orten fühle ich mich wohl, und bis heute zu Hause, wobei ich mich in Wittgenstein wahrscheinlich immer noch am besten auskenne. Das Gefühl von Heimweh ist mir genauso fremd wie das Fernweh. Vielleicht muss man so gepolt sein, wenn man sich über viele Jahre mit einem Langstreckenprojekt mit nationaler Strahlkraft und internationaler Ausrichtung beschäftigen bedarf.“

Aber auch das Internet sorgt dafür, dass Kontakte aufrecht erhalten bleiben. So verfolgt Grübener die Lokalpolitik in Wittgenstein, interessiert sich sehr für die weitere Entwicklung der heimischen Baukultur, „wie das Arfelder Dorfzentrum Via Adrina am Standort der ehemaligen Schuhleistenfabrik in Arfeld auf Grundlage des Architektenwettbewerbs und natürlich ist mir auch der Aufstieg des TuS Erndtebrück nicht verborgen geblieben.“

Und? Wird das Stadtschloss in Berlin zum Lebenswerk des Wittgensteiners? „Da ich das seit 2006 betreue, immerhin fast zwölf Jahre, ist das ein wichtiger Teil meines beruflichen Lebens. Meine Kinder kennen mich ja nur als Schlossbaumeister“.

>>> AUFRUF

In dieser Serie verrät die WP, was aus den Menschen geworden ist, die ihren Lebensmittelpunkt „in die Welt“ verlegt haben. Wer uns einen Witti vorschlagen oder sich selbst melden möchte, schickt eine E-Mail an: berleburg@westfalenpost.de

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