Wittgenstein. Gewerkschaft und Kirche kämpfen für einen „Ruhetag“ am 24. Dezember, offenbar mit Erfolg. Eine Laaspher Bäckerei öffnet, aber nur bis Mittag.

Heiligabend fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag – verbunden mit einer Ausnahme für Händler: Sie dürfen ihr Geschäft von 10 bis 14 Uhr öffnen, sofern sie Waren des täglichen Bedarfs verkaufen, beispielsweise Lebensmittel. Eine Umfrage unserer Zeitung zeigt: Die meisten Händler im Altkreis machen von dieser Regel ganz offensichtlich keinen Gebrauch, es gibt aber auch Ausnahmen.

Bäckereien

„Schäfers Backstuben Alte Schmiede“ an der Bad Laaspher Bahnhofstraße haben am 24. Dezember geöffnet – und zwar von 6.30 bis 12 Uhr. Man erwartet dort für den Vormittag noch reichlich Kundschaft: Frische Brötchen, bestellte Baguettes abholen – da lässt sich wohl durchaus ein Geschäft machen. Und auch das Café der Bäckerei ist noch bis mittags offen. Die „Backstube“ im Lidl an der Ludwig-Koch-Straße 7 ist dagegen zu, weil der Discounter selbst an Heiligabend nicht öffnet. Zum Vergleich: Filialist Bäcker Müller, ebenfalls Bahnhofstraße,wünscht im Internet „allen Kunden und Mitarbeitern ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest“ – mit der klaren Ansage: „Am 24., 25. und 26. Dezember bleiben alle unsere Filialen geschlossen.“

Gesetz erlaubt geöffnete Läden von 10 bis 14 Uhr

Heiligabend an einem Sonntag – da dürfen laut Gesetz in NRW bestimmte Geschäfte von 10 bis 14 Uhr öffnen, etwa Lebensmittel-Märkte, Bäckereien oder Weihnachtsbaum-Verkaufsstellen.

Größere Handelsketten wie Rewe hatten bereits angekündigt, dass ihre Filialen am 24. Dezember geschlossen bleiben sollten. Gewerkschaften hatten geplante Ladenöffnungen heftig kritisiert.

Supermärkte

So hält es auch Volker Treude, Geschäftsführer der beiden Rewe-Filialen Bad Berleburg und Bad Laasphe. „Wir haben geschlossen – zum Wohle unserer Mitarbeiter, die sich das ganze Jahr engagieren“, sagt er. Und gemeinsam mit seiner Geschäftsführer-Kollegin Antje Heid­rich vom Rewe in Erndtebrück hat Treude je 50 Kunden pro Markt befragt – mit dem Ergebnis, dass eine Mehrheit ihre Einkäufe offenbar locker bis zum Samstag erledigen kann. Im Übrigen, so Treude mit Blick auf den Sonntag, „bekämen wir ja auch keine frische Ware rein“. Heißt: Man müsste Ware von den Vortagen vermarkten – und das könne man als Rewe-Markt, der als „familienfreundlich“ ausgezeichnet sei, ferner für Frische und Kunden-Orientierung stehe, nicht zumuten.

Die Meinung der Kirche

„Wir haben nicht auf – den Aufschlag in der Debatte hatten ja Lidl und Aldi gemacht“, erinnert sich Stefan Berk, Superintendent des Kirchenkreises Wittgenstein. „Und ich kann das nur unterstützen.“ Dieses Jahr biete sich die einmalige Chance, „den Heiligen Abend schon am Tag beginnen lassen“.

Überhaupt verkaufsoffene Sonntage: „Ich sehe nicht, dass wir in der Gesellschaft da einen Mehrwert haben“, meint Berk. Ihm reichen schon die vier Sonntage, an denen die Geschäfte jeweils von 13 bis 18 Uhr öffnen dürfen – neuerdings zwingend angedockt etwa an Feste oder auch Weihnachtsmärkte. „Das hat sich bewährt.“ Noch mehr offene Sonntage, wie es die NRW-Landesregierung offenbar plane, seien „einfach nicht notwendig“.

In England zum Beispiel gebe es schon „gar keinen gesellschaftlichen Konsens mehr auf einen Ruhetag in der Woche“, bedauert Berk nach einem Besuch auf der Insel im September. „Es ist erstaunlich, was dort an Sonntagen alles geht: Die Läden sind geöffnet, es finden Bauarbeiten statt.“ Aber das Leben bestehe „eben nicht nur aus Arbeiten“, findet Berk – „sondern auch aus einer gut gestalteten Ruhe“.

Die Gewerkschaft

Jürgen Weiskirch
Jürgen Weiskirch © erdi

„Wir haben mächtig Druck im Vorfeld gemacht“, sagt Jürgen Weiskirch, Gewerkschaftssekretär im Bezirk Siegen-Olpe – und die Multiplikatoren vor Ort um Rückmeldung gebeten, ob Händler an Heiligabend öffnen. „Ergebnis: „Null. Keine Rückmeldungen“, auch nicht aus Wittgenstein. Selbst „die üblichen Verdächtigen“, die Handelsketten, seien nicht ausgeschert. Und auch nicht die meisten Filial-Bäckereien. „Die Vernunft hat gesiegt“, resümiert Weiskirch. „Das ist ein gutes Zeichen für den Arbeitsschutz.“

Die Werbegemeinschaft

Bernd Petzolt, 1. Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Pro Bad Laasphe“, kennt unter den Mitgliedern „keinen Händler, der Sonntag aufmacht“. Und seine eigene Juwelier-Staehler-Filiale in der Siegener City-Galerie sei zwar am Samstag bis 20 Uhr, aber „Sonntag nicht geöffnet“.

Der Händler als Kunde

Selbst wenn er es vom Sortiment her könnte: Foto-Händler Martin Achatzi würde seinen Laden an der Bad Laaspher Lahnstraße an so einem Heiligabend-Sonntag nicht öffnen. Das sei kein Service für die Kunden und bringe keinen Zulauf, „sondern eher eine negative Meinung über die Händler“. Und Lebensmittel einkaufen könne man schon davor tagelang genug, meint Achatzi als Kunde, der sich im Übrigen „auf 24 Stunden Heiligabend daheim“ freut. Was ihm wiederum als Händler aufstößt: „Dass die Gewerkschaften meinen, da groß etwas sagen zu müssen. Letztlich entscheidet der mündige Verbraucher.“