Erndtebrück/Bad Berleburg. . Daumen hoch für Anlagen bei Benfe, so die Arnsberger Verwaltungsrichter – aber nicht am Prenzenberger Kopf. Jetzt prüfen die Kommunen die Urteile

Daumen hoch für Windräder am Benfer Rücken, Daumen runter für eben solche Anlagen zur Strom-Erzeugung am Prenzenberger Kopf nahe Arfeld – so haben es jetzt die Verwaltungsrichter in Arnsberg entschieden. Und damit in beiden Fällen gegen die Kläger. Der Kreis Siegen-Wittgenstein als Genehmigungsbehörde fühlt sich unterdessen in seinem Handeln bestätigt.

Standort Prenzenberger Kopf

Kläger am Standort Prenzenberger Kopf im Bereich Arfeld/Christianseck ist Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg als Geschäftsführer der Bad Laaspher Eder Energy GmbH & Co. KG. Er plant hier den Bau von insgesamt vier Windkraftanlagen, für die der Kreis jedoch keine Genehmigung erteilt hat.

Vielzahl von Behörden bei Entscheidung im Boot

Unter dem Strich fühle sich der Kreis in seiner Arbeit „durch die beiden Urteile des Verwaltungsgerichts bestätigt“, betont Dezernent Arno Wied.

Grundsätzlich handle es sich bei Anträgen für Windenergie-Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) „um sehr komplexe Verfahren, in denen eine Vielzahl von anderen Behörden zu beteiligen sind und in denen vielfältige Sachverhalte, zum Beispiel des Planungs-, Emissions-, Artenschutz- Naturschutz-, Wasser- oder Bodenrechts behandelt werden müssen“.

Vor diesem Hintergrund hätten der Kreis und seine Fachbehörden „den Anspruch, in diesen Verfahren zu neutralen und rechtssicheren Entscheidungen zu kommen“. Und die Urteile des Verwaltungsgerichts zeigten, so Wied abschließend, „dass dies gelingt“.

„Eine sehr entscheidende Rolle“ in diesem Verfahren spiele die Konzentrationszone für Windenergie-Anlagen, die im Flächennutzungsplan der Stadt Bad Berleburg seit dem Jahr 2003 unter der Bezeichnung „Osterholz“ ausgewiesen sei, erklärt Arno Wied, im Kreishaus Leiter des Dezernats Bauen, Umwelt und Wirtschaft.

Damit habe die Stadt von ihrem Recht Gebrauch gemacht, im Rahmen ihrer Planungshoheit spezielle Flächen für die Windkraft-Nutzung im Stadtgebiet auszuweisen – „auch mit der Folge, dass sie einer gleichen Nutzung an anderen Stellen widersprechen kann“, so Wied weiter, etwa am Prenzenberger Kopf. Dieser Widerspruch sei jedenfalls nicht rechtswidrig erfolgt, wie es in solchen Fällen zum Beispiel auf der Basis von Fehlern zuvor im Flächennutzungsplan-Verfahren geschehen könne. Deshalb habe der Kreis auch nicht genehmigt.

Standort Benfer Rücken

Bei Benfe geht es ebenfalls um ein Projekt des Prinzen, diesmal mit der Lahn Energy, einer weiteren Tochter der Bad Laaspher New Energy Holding. Und ebenso stehen vier geplante Windräder auf dem Spiel, an Benfer Rücken und Weibelskopf zwischen Benfe und Volkholz. Kläger hier: das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr (IUD) mit Hinweis auf die Radar-Stellung der Luftwaffe am Ebschloh.

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„Da wird es etwas komplexer“, sagt Dezernent Arno Wied. Zwar seien sich „alle an diesem Klageverfahren Beteiligten … nach den Ergebnissen der dazu erstellten Gutachten darüber einig, dass von den Windenergie-Anlagen eine Beeinflussung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage anzunehmen ist“. Die Arnsberger Richter hätten aber deutlich gemacht: „Nicht jede beliebige Beeinflussung einer Radar-Einrichtung ist schon als Störung im Rechtssinne zu qualifizieren.“

Richter: Keine rechtserhebliche Störung

Vielmehr müsse eine solche Beeinflussung eine bestimmte Schwelle überschreiten – und auf diese Weise die Funktion der Anlage derart beeinträchtigen, dass sie „bauwerksbedingt“ ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen könne. Für eine rechtserhebliche „Störung der Funktionsfähigkeit“ seien die geplanten Windräder des Bad Laaspher Investors aber wohl nicht geeignet, ist das Verwaltungsgericht überzeugt.

So sei beispielsweise „der Bereich hinter den Windenergie-Anlagen auch nicht vollständig der Beobachtung durch die Radaranlage ... entzogen“, argumentieren die Richter. Nur im unmittelbaren Umfeld der Windrad-Standorte könne „ein dort aufsteigendes Flugobjekt überhaupt nicht ausgemacht werden. In größeren Entfernungen sind Beobachtungen möglich, wenngleich mit einer geringfügigen Einschränkung der Entdeckungswahrscheinlichkeit.“

Laut Arno Wied liegt gegen die gleichen Windenergie-Anlagen bei Benfe „auch noch ein bislang unbegründeter Widerspruch eines Naturschutzverbandes vor, über den alsbald entschieden werden soll“.

Reaktion aus den Rathäusern

Regina Linde, Stadt Bad Berleburg: Wir waren und sind mit unserem Vorgehen auf dem richtigen Weg.
Regina Linde, Stadt Bad Berleburg: Wir waren und sind mit unserem Vorgehen auf dem richtigen Weg. © Stadt Bad Berleburg

Das vorliegende erstinstanzliche Urteil aus Arnsberg zeige, „dass wir mit unserem Vorgehen auf dem richtigen Weg waren“, so Regina Linde, Sprecherin der Stadt Bad Berleburg – Stichwort: Ausweisung einer Vorrangzone für die Windkraft im Stadtgebiet. Allerdings müsse man jetzt zunächst abwarten, inwieweit der Bad Laaspher Investor als Kläger von seinem Recht auf Berufung Gebrauch mache.

Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau: Wir werden das Urteil jetzt für unsere weiteren Planungen analysieren.
Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau: Wir werden das Urteil jetzt für unsere weiteren Planungen analysieren. © Eberhard Demtröder

Man müsse nun erst einmal die Begründung des Verwaltungsgerichts analysieren, so Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau mit Blick auf das Projekt am Benfer Rücken. Und prüfen, inwieweit das Urteil der Arnsberger Richter „für unsere weiteren Planungen zu berücksichtigen sind“. So läuft auch in der Edergemeinde inzwischen die politische Diskussion über Windkraft-Vorrangzonen, sollte die Radar-Stellung der Luftwaffe auf dem Ebschloh künftig kein Garant mehr dafür sein, dass allein durch ihre Existenz der Bau von Windrädern verhindert wird. Natürlich werde die Gemeinde Erndtebrück weiterhin das juristische Vorgehen der Bundeswehr beobachten, betont Gronau – nicht zuletzt im Interesse der Benfer Bürger, die sich bereits vehement gegen den Windrad-Bau auf Bad Laaspher Gebiet, aber eben in der Nähe ihres Dorfes ausgesprochen haben.

Die Berufung

Die Kläger in beiden Verfahren haben nun die Chance, vor dem Oberverwaltungsgericht in Berufung gegen die Urteile des Arnsberger Verwaltungsgerichts zu gehen. Eine Zulassung dafür müssten Bundeswehr beziehungsweise der Investor aus Bad Laasphe binnen eines Monats beantragen.