Berghausen. . Das Wittgensteiner Unternehmen Stahlschmidt Cable Systems sorgt erneut für Gesprächsstoff: Jetzt sollen Handarbeitsplätze abgebaut werden.

  • Elf Mitarbeitern aus der Montage sind Aufhebungsverträge angeboten worden.
  • SCS Stahlschmidt investiert in Maschinen in Berghausen und baut Handarbeit weiter ab.
  • Gewerkschaft kritisiert Vorgehen der Geschäftsführung scharf.

Das traditionsreiche Wittgensteiner Unternehmen SCS Stahlschmidt Cable Systems sorgt erneut für Gesprächsstoff. Nachdem im Februar große Unruhe und Zukunftssorgen bei der Belegschaft herrschten, sind am Dienstag elf Mitarbeitern der Montage durch die Geschäftsführung Aufhebungsverträge ausgehändigt worden. Ausgewählt worden seien die Beschäftigten nach Kriterien eines „freiwilligen Sozialplanes“, heißt es in einem internen Informationsschreiben, das unserer Redaktion vorliegt.

„Handmontage hat keine Zukunft“

Geschäftsführer Kai Uwe Wollenhaupt bestätigt dies im Gespräch mit dieser Zeitung, macht aber deutlich: „Die Handmontage hat am Standort Berghausen keine Zukunft. Das habe ich schon auf der Weihnachtsfeier kommuniziert.“ Gemeinsam mit dem Betriebsrat habe man einen „freiwilligen Sozialplan“ ausgearbeitet.

Im internen Schreiben ist von einem „fairen Angebot“ die Rede und Wollenhaupt präzisiert, dass jeder Betroffene bis kommende Woche eine Entscheidung treffen müsse. Im Falle einer Ablehnung werde am 26. Juni eine „ordentliche Kündigung“ ausgesprochen, die dann je nach Betriebszugehörigkeit ihre Wirkung entfaltet.

IG Metall warnt vor Unterschrift

Für den Gewerkschaftssekretär der IG Metall Siegen, Marco Schmidt, ist das ein durchsichtiges Manöver um Mitarbeiter einfach los zu werden. Die Gewerkschaft pocht auf einen regelgerechten Sozialplan und rät den Betroffenen: „Bevor ich einen solchen Vertrag unterschreibe, sollte ich mich gut beraten lassen, denn das ist der billigste Weg für einen Arbeitgeber, mich loszuwerden.“

Jobs in Ungarn

Stahlschmidt versuche Handarbeitsplätze nach Osten zu verlagern und Lohnkosten zu sparen, so der Gewerkschafter. Dazu passt auch eine Nachricht aus Ungarn. Das Budapest Business Journal berichtete bereits am 18. April diesen Jahres auf seine Internetseite, dass die dortige SCS-Produktionsstätte um 800 Quadratmeter erweitert werden solle und das Unternehmen bis zum Jahresende 30 bis 40 Arbeitsplätze schaffen wolle. Derzeit betreibe SCS dort zwei Hallen mit 2000 Quadratmetern und habe 320 Beschäftigte. Die Investition liege laut BBJ bei umgerechnet 1,63 Millionen Euro.

Verhandlungen mit IG Metall

Kai Uwe Wollenhaupt bestätigt die Ausweitung der Kapazitäten in Ungarn. Das habe aber nichts mit einer Verlagerung der Handarbeitsplätze von Berghausen nach Ungarn zu tun. In Ungarn sei das Werk lediglich an seine Kapazitätsgrenze gekommen. Die Zahl der Einstellungen in Ungarn hingegen wollte Wollenhaupt nicht bestätigen. Er spricht stattdessen von einer hohen Fluktuation am Standort. Die Handarbeitsplätze werden nach Polen verlagert.

Nach wie vor laufen Verhandlungen zwischen SCS und der IG Metall über Öffnungsklauseln im Standortsicherungstarifvertrag. Die Gespräche werden von beiden Seiten als zäh beschrieben. Die Geschäftsführung will ein Öffnung des Tarifvertrages für fünf Jahre, die Gewerkschaft bietet maximal zwei Jahre. Marco Schmidt: „Wir wollen von den Gesellschaftern ein klares Bekenntnis zum Standort.“ Das werde SCS geben, betont Wollenhaupt. Man investiere in Berghausen gerade 1,3 Millionen Euro.

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Gefährliche Personalpolitik

Es klingt nach Erpressung: Entweder Du nimmst den Aufhebungsvertrag an oder Du bekommst die ordentliche Kündigung. So einfach macht es sich die Geschäftsführung von SCS mit Handmontage-Mitarbeitern.

Von der früheren Kultur des Familienunternehmens ist nichts übrig geblieben. Und die neue Personalführung scheint vor harten Methoden grundsätzlich nicht zurückzuschrecken. Das zeigte schon der Rausschmiss eines Angestellten, der „Heimarbeit“ gemacht haben sollte. Allerdings ging SCS damit vor dem Arbeitsgericht unter.

Kurzfristig mag diese Personalpolitik erfolgreich sein, langfristig ist sie es in Zeiten von Demografie, Fachkräftemangel und Vollbeschäftigung nicht.