Berghausen. . Geschäftsführer will das Unternehmen Stahlschmidt mit Sitz in Berghausen (Stadt Bad Berleburg) neu strukturieren. Handarbeitsplätze seien im Ausland wirtschaftlicher.
- Wollenhaupt strebt Professionalisierung am Standort an
- Strukturwandel soll abfedernd geschehen
- IG-Metall teilt Sorgen der Belegschaft
Das Traditionsunternehmen SCS Stahlschmidt befindet sich im Umbruch. Der bestehende Standortsicherungs-Tarifvertrag, den die frühere SCS-Geschäftsführung mit der IG-Metall und dem Arbeitergeberverband ausgehandelt hat, soll dazu erneut verändert werden.
Entsprechende Informationen bestätigen sowohl der SCS-Geschäftsführer Kai Uwe Wollenhaupt als auch der Siegener IGM-Gewerkschaftssekretär Marco Schmidt.
Hintergrund für diese Nachfrage sind – allerdings anonym geäußerte – Informationen, nach denen sich in der 180 Mitarbeiter großen Belegschaft Sorge um die Zukunft der Arbeitsplätze breit gemacht hat.
Überdurchschnittliche Wachstumsperspektiven
In einem Telefongespräch bekräftigt Geschäftsführer Kai Uwe Wollenhaupt, dass die SCS-Gruppe eine gute Zukunftsperspektive habe: „Das Unternehmen hat überdurchschnittliche Wachstumsperspektiven.“ Außerdem wolle man den Standort Berghausen als Stammsitz erhalten, „weil wir hier sehr viel Kompetenz vor Ort haben“, so Wollenhaupt.
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Allerdings gebe es Nachbesserungsbedarf bei der trotz aller Prognosen offenbar noch immer schwierigen wirtschaftlichen Lage am deutschen Standort. „Die Situationsbeschreibung im Standortsicherungsvertrag ist präzise, aber dieser sichert, so wie er im Detail ausverhandelt wurde, nicht den Standort“, so Wollenhaupt. Aber die Schlüsse, die daraus gezogen worden, seien es nicht.
„Es geht dabei weniger um Löhne und Gehälter“, sagt der SCS-Geschäftsführer, sondern „um eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort“. Wollenhaupt will die Struktur der Arbeitsplätze und auch der Technisierung in Berghausen verändern, weil Handarbeitsplätze an den Standorten in Ungarn und Polen wirtschaftlicher sind als in Berghausen. Doch dieser Strukturwandel solle mit Vorlauf passieren. „Es wird eine Abfederung geben.“
Dafür sollen in Wittgenstein der Werkzeugbau und die Instandhaltung, also die hochtechnisierten Bereiche stärker berücksichtigt werden. „Der Standort muss langfristig wirtschaftlich sein“, erläutert Wollenhaupt.
IG Metall vermutet Verlagerung nach Osten
Dass die Handarbeitsplätze für die Neuverhandlung über den Tarifvertrag nach Osten verlagert werden sollen, ist auch die Vermutung von IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Marco Schmidt aus Siegen. Genaueres wisse die IG-Metall nicht.
Tarifbindung bei Stahlschmidt seit 2015
- Die SCS-Gruppe gehört seit Juli 2015 der Hamburger Unternehmerfamilie Peter Möhrle. Der Besitzerwechsel änderte nichts an der Unternehmensstruktur der Stahlschmidt Cable Systems mit ihren rund 1000 Beschäftigten.
- 2015 waren Investitionen in Millionenhöhe in Deutschland und Polen geplant. Allein für Berghausen waren fünf Spritzgussmaschinen und vier Spiralwindemaschinen angeschafft worden. Weiterhin wird in den Werkzeugbau investiert und in Polen neu gebaut.
- Die Geschäftsführung kündigte an, dass die SCS-Group eine Tarifbindung eingehen werde. Die orientiere sich im Lohngefüge etwa an 90 Prozent der Höhe des Metalltarifvertrages.
Um den bestehenden Standortsicherungstarifvertrag öffnen zu können, müsse das Unternehmen den Regelungen entsprechend nicht nur plausible Gründe nennen, sondern auch konkrete Punkte, in denen der Tarifvertrag zeitlich befristet verändert werden solle. „Wir haben Gesprächsbereitschaft signalisiert, haben aber keine Informationen, nichts Handfestes. Ich teile also die Sorgen der Belegschaft.“
Seit den ersten Gesprächen vor Weihnachten habe sich nichts weiter getan, so dass die Gewerkschaft auf die für den Verhandlungsbeginn nötigen Informationen wartet.
Über Aktivitäten am Standort Berghausen sagt Wollenhaupt: „Wir haben in 2016 und werden in 2017 jeweils einen siebenstelligen Betrag investieren.“ Es wurden Kunststoff-Spritzmaschinen gekauft und in Berghausen sollen auch weitere Produktionsflächen geschaffen werden.
Für 2017 noch keine Azubis eingestellt
Als ein weiteres Indiz für Probleme im Unternehmen wurde gewertet, dass das bislang für seine hervorragende Ausbildung gelobte Unternehmen für das Jahr 2017 noch keine Auszubildenden eingestellt habe.
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„Wir haben keine Auszubildenden eingestellt, weil der aktuelle Bedarf mit 27 Azubis bei 180 Mitarbeitern gedeckt ist. Das ist eine hervorragende Quote, aber auf Dauer ist diese nicht gesund“, so Wollenhaupt. Trotzdem bleibe man mit dieser Zahl von Azubis ein „Leuchtturm, der aus der Masse heraussticht“. Dennoch konnte sich der neue Geschäftsführer einen Seitenhieb nicht verkneifen: Bei der Einstellung der Lehrlinge und Dualen Studenten sei die damalige Geschäftsführung „übers Ziel hinausgeschossen“.