Stünzel. . „Der Stünzel ist Kult und einzigartig. Wer hier noch nicht war, kennt Wittgenstein nicht“, verkündete Landrat Andreas Müller.

  • „Der Stünzel ist Kult und einzigartig. Wer hier noch nicht war, kennt Wittgenstein nicht“, sagt Landrat Andreas Müller.
  • Karsten Hof lobt die Landwirte: „Ich kann mit Recht sagen, dass es den Tieren in Wittgenstein noch gut geht“.
  • Eine Überraschung gab es auch: Sie heißt Rexta, ist mit sieben Jahren eine der Ältesten Kühe im Wettbewerb und gewinnt.

Die Worte des Tages kamen bei der 185. Ausgabe des Stünzelfestes aus dem Mund eines Siegerländers: „Der Stünzel ist Kult und einzigartig. Wer hier noch nicht war, kennt Wittgenstein nicht“, verkündete Landrat Andreas Müller vor dem offiziellen Beginn der Kreistierschau, was die zahlreichen Besucher auf dem Festgelände mit frenetischen Applaus quittierten.

Eindrücke vom Stünzel
Eindrücke vom Stünzel © Mark Simon Wolf

Überhaupt war die Grundlage für einen perfekten Tag auf dem Stünzel bereits früh ab sieben Uhr morgens zu erkennen, als die Landwirte und Züchter ihre Tiere auftrieben und zurechtmachten: Die Sonne ging auf und ließ bei strahlend blauem Himmel die Sorgen des Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisvereins Wittgenstein, Karsten Hof, über Regenschauer vollständig verblassen.

Gut gelaunt lobte der Auer die Züchter und Landwirte für ihr leidenschaftliches Engagement, das zudem die Regeln des Tierwohls beachtet: „Ich kann mit Recht sagen, dass es den Tieren in Wittgenstein noch gut geht“, so Hof bei seiner Begrüßungsrede.

Lob von höchster Stelle

Eine Vorlage, die der Hauptehrengast und Ehrenredner der überregional viel beachteten Veranstaltung auf dem Stünzel gerne weiterspannte. Wilhelm Brüggemeier, Vize-Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) war extra aus Münster angereist und lobte die Organisation als auch die Kreistierschau in den höchsten Tönen: „Das Format dieser Tierschau sucht auch über die Grenzen Wittgensteins hinweg seinesgleichen. Das ist ein großes Event, bei dem Tradition auf Moderne trifft und einzigartige Bestandteile der Landwirtschaft in einem festlichen Akt vereint.“

Tanja, Silke, Miri, Karina und Ingrid sind sich bei dem Stünzelfest einig:
Tanja, Silke, Miri, Karina und Ingrid sind sich bei dem Stünzelfest einig: "Stünzel ist der höchste Feiertag im Jahr" © Mark Simon Wolf

Ein Urteil eines Experten, das allerdings am Samstag nur schwer zu wiederlegen gewesen wäre: Bereits auf den Parkplätzen, die sich rund einen Kilometer um das Gelände zogen, war abzulesen, welch großes Echo das Stünzelfest auch in diesem Jahr wieder hervorgerufen hat. Neben den heimischen Besuchern fanden sich auch zahlreiche Gäste aus dem Siegerland oder Hessen ein – eine besondere Rolle spielten dabei die Vertreter der Siegerländer Kommunen, die bei der 185. Ausgabe des Stünzelfestes als baldige Vereinskameraden vorbeischauten. „Wir sind der Kreis Siegen-Wittgenstein, daher sind alle Interessierten aus den Siegerländer Vereinen auf dem Stünzelfest herzlich willkommen“, begrüßte Hof Kreiskollegen.

Miss Wittgenstein
Miss Wittgenstein "Rexta" mit Lothar Lange © Mark Simon Wolf

Den Höhepunkt des Nachmittags bildete nach dem Einlaufen der Ehrengäste rund um den Musikpavillon und den Begrüßungsreden die Vorführung der prämierten Tiere und die Preisverleihung.

„Rexta“ beschert Lothar Lange Sieg

Die neue Miss Wittgenstein „Rexta“ von Züchter Lothar Lange sicherte sich nicht nur aus dem Publikum Szenenapplaus, auch die Punktrichter Sebastian Leineweber aus Wenden und Johannes Henkelmann aus Wadersloh würdigten besonders die „Frische“ der Kuh, die immerhin „eines der ältesten Tiere der gesamten Schau“ sei. Rexta, so erklärt es auch der völlig überraschte Besitzer Lothar Lange, hatte mit sieben Jahren bereits fünf Kalbungen – und dennoch löste die Kuh aus dem Stall von Hans Georg Lange in Birkefehl, Jubelstürme bei Züchter sowie dessen Vater aus.

Souveräne Jungzüchter

Doch auch die Jungzüchter, die bereits ab acht Uhr morgens ausgezeichnet wurden, führten ihr gut dreimal so großes Milchvieh souverän durch die Zuschauermassen, so dass Moderatorin der Schau und stellvertretende Landrätin Waldtraut Schäfer süffisant die Autorität der Nachwuchszüchter anpries.

Marlene und Lars Hüster haben beim Jungzuchtwettbewerb mitgemacht.
Marlene und Lars Hüster haben beim Jungzuchtwettbewerb mitgemacht. © Mark Simon Wolf

Ebenfalls traditionell marschierten die Pferde-, Schaf- und Ziegenzüchter durch die „Manege“ und holten sich für ihre hervorragenden Tiere die verdienten Preise ab.

Hof sieht gute Tendenz bei Milchpreis

Eine andere thematische Kragenweite rund um die Landwirtschaft hatte die Diskussion rund um den Milchpreis. Im Vergleich zu den kritischen Tönen der Landwirte und der Vertreter des Landwirtschaftlichen Kreisvereins Wittgenstein der vergangenen Jahre auf dem Stünzel erklärte Landrat Andreas Müller die aktuelle Situation als „okay, da keine roten Zahlen mehr geschrieben werden“. Vorsitzender Karsten Hof forderte zwar trotzdem, dass der Milchpreis noch steigen müsse, doch stimme „aktuell die Tendenz“.

>>>Für Emilia Sophie und Baldur Hanßke gehören die Tiere zum Stünzel dazu

Liebevoll klammert sich die kleine Emilia Sophie Autschbach an Doreen, eine 13 Jahre alte Schwarzwälder Stute. Das Pferd schaut mit seiner buschigen Mähne unberührt drein – und dennoch: diese Szene könnte abseits des Trubels fast schon exemplarisch für das Stünzelfest stehen, so symbolisiert es doch in zweierlei Hinsicht eine tiefe Verbundenheit zu einem der ältesten Feste Wittgensteins: Bereits der Vorsitzende Karsten Hof hob die gute Behandlung der Tiere hervor, Emilia hält prompt Wort.

Emilia Sophie Autschbach (3) ist fast schon ein alter Hase -- sie ist bisher dreimal auf dem Stünzel gewesen. Vielleicht auch ein Grund, warum sie die Tiere, speziell Pferde, so liebt.
Emilia Sophie Autschbach (3) ist fast schon ein alter Hase -- sie ist bisher dreimal auf dem Stünzel gewesen. Vielleicht auch ein Grund, warum sie die Tiere, speziell Pferde, so liebt. © Mark Simon Wolf

Auf der anderen Seite, so erklärt es Emilias Vater und Doreens Besitzer, Timo Autschbach, ist Emilia im Alter von drei Jahren bereits das dritte Mal auf dem Stünzel dabei.

Ein Tusch für jeden Sieger

Noch viel öfter ist Baldur Hanßke hier oben gewesen. Der 77-Jährige spielt das Flügelhorn der Wallauer Blaskapelle, die das Stünzelfest musikalisch begleitet. Seit 1958 ist Hanßke jedes Jahr als Musiker dabei gewesen. „Das ist doch die schönste Spielerei, die wir überhaupt haben können. Wir spielen in der freien Natur und guter Stimmung. Was will man mehr?“, erklärt Hanßke in einer Spielpause.

Baldur Hanßke (77) ist seit dem Jahr 1958 als Musiker auf dem Stünzel dabei. Damals fungierte er mit seinen Kollegen der Wallauer Blaskapelle noch als Allrounder -- sie mussten unter anderem auch Würstchen braten.
Baldur Hanßke (77) ist seit dem Jahr 1958 als Musiker auf dem Stünzel dabei. Damals fungierte er mit seinen Kollegen der Wallauer Blaskapelle noch als Allrounder -- sie mussten unter anderem auch Würstchen braten. © Mark Simon Wolf

In den Anfängen, so erinnert sich der Musiker schmunzelnd, habe die damalige Besetzung der Kapelle nebenher noch Würstchen gebraten. Heute ist der Tusch für die Ehrenpreise während der Tierschau einer der Höhepunkte: „Letztes Jahr waren es 131“, so Hanßke.