Bad Berleburg. . Markus Dreisbach hat einen seltenen Beruf. Der 28-Jährige muss gleichermaßen gut mit Menschen und Bäumen umgehen können.

  • Markus Dreisbach hat einen seltenen Beruf. Der 28-Jährige muss gleichermaßen gut mit Menschen und Bäumen umgehen können. Der Großenbacher ist für den „RuheForst Schloss Berleburg“ zuständig.
  • Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum Waldgräber immer beliebter werden, warum Blumenschmuck im Grunde nicht erwünscht ist und ob in solchen Wälder auch gejagt werden darf.
  • Ein Hauptgrund ist: „Familien leben immer verstreuter, und so ist die klassische Grabpflege, wie sie zu früheren Zeiten bestand, plötzlich nicht mehr so selbstverständlich gegeben.“

Markus Dreisbach hat einen seltenen Beruf. Der 28-Jährige muss gleichermaßen gut mit Menschen und Bäumen umgehen können. Der Großenbacher ist für den „RuheForst Schloss Berleburg“ zuständig. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum Waldgräber immer beliebter werden, warum Blumenschmuck im Grunde nicht erwünscht ist und ob in solchen Wälder auch gejagt werden darf.

Herr Dreisbach, Sie sind Förster im Ruheforst. Wie unterscheidet sich Ihr Arbeitsplatz von dem Ihrer Kollegen im Wirtschaftswald?

Markus Dreisbach: Zunächst muss ich klarstellen, dass ich ausgebildeter Forstwirt bin und kein Förster. Die Förster im Wirtschaftswald planen Holzernte-Maßnahmen, pflegen unsere Waldbestände damit diese stabil und gesund bleiben oder werden. Darüber hinaus werden Biotope angelegt und unterhalten, Wege werden gebaut – die Liste der Tätigkeiten, die ein Förster rund um den Wald durchführt, ist sehr lang. Meine Tätigkeit ist etwas spezieller: Ich kümmere mich seit 2012 um den 20 Hektar großen RuheForst.

Wo liegt der Hauptunterschied?

Der Hauptunterschied zu der Arbeit meiner Kollegen ist im Grunde, dass ich tagtäglich mit Menschen zu tun habe, die eine geliebte Person verloren haben. Dabei versuche ich möglichst unauffällig den Menschen beizustehen und den Rücken zu stärken, wenn es um eine Beisetzung im RuheForst geht. Ich informiere über diese Bestattungsform, organisiere die Beisetzungen in Zusammenarbeit mit den regionalen Bestattern, Pfarrern und Trauer-Rednern.

Aber es gibt auch forstliche Aufgaben?

Natürlich ist es auch meine Aufgabe den RuheForst im „forstlichen“ Sinne zu betreuen, das heißt die Waldbestattungsanlage im natürlichen Sinne zu pflegen und zu erhalten: Baumkontrollen, Planen und Durchführung kleinerer oder auch größerer Pflege- oder Sicherheitsmaßnahmen mit Kollegen der Rentkammer, Wegebau und so weiter.

Benötigen Sie eine spezielle Ausbildung für die Aufgabe im Ruheforst?

Grundsätzlich nicht, man sollte sich schon im Wald auskennen und wissen, welche Bäume, Pflanzen und Tiere sich dort befinden. Aber in erster Linie ist es wichtig, dass man die Menschen in einer sehr schwierigen Situation abholt, wo sie sind.

Wie machen Sie das?

Ich bin ein Freund davon, möglichst unaufdringlich aufmerksam zu sein und für die Menschen da zu sein, wenn sie in gewissen Situationen eine Hilfestellung benötigen – egal, ob das ein gutes offenes Gespräch ist oder die einfache Handreichung bei einer Trauer-Zeremonie, um einer Person durch den Wald zu helfen.

In Bad Berleburg gibt es den Ruheforst und in Bad Laasphe den Friedwald. Wo ist der Unterschied?

RuheForst und FriedWald sind zwei Gesellschaften, die in Zusammenarbeit mit Waldbesitzern, Kommunen oder Kirchengemeinden Waldbestattungen anbieten. In erster Linie unterscheidet diese beiden Standorte ganz klar das Waldbild. Man wird im Bad Berleburger RuheForst eine ganz andere Waldkulisse vorfinden als im Bad Laaspher Friedwald. Ansonsten sind es Einzelheiten, die die beiden Standorte unterscheiden. Das findet man immer am besten heraus, indem man eine Begehung mitmacht oder sich bei den Verwaltungen informiert.

Die Bestattungskultur wandelt sich. Alternative Begräbnisformen sind im Kommen. Warum entscheiden sich Menschen für den Ruheforst?

Ganz klar: die Naturverbundenheit. Gerade hier in Wittgenstein sind sehr viele Menschen mit dem Wald verbunden und entscheiden sich so für eine Bestattung im Wald. Ich denke: Jeder, der sich mal weniger oder auch mal mehr im Wald bewegt, stellt fest, dass der Wald eine sehr beruhigende und vor allem tröstende Örtlichkeit ist, die zum Gedenken einlädt.

Naturverbundenheit ist aber nur ein Aspekt...

Zu diesem Hauptgrund kommt natürlich auch noch der Gedanke: „Wer pflegt mein Grab?“ Familien leben immer verstreuter, und so ist die klassische Grabpflege, wie sie zu früheren Zeiten bestand, plötzlich nicht mehr so selbstverständlich gegeben. Auch die mittlerweile sehr häufig genutzte Feuerbestattung sorgt dafür, dass sich Menschen für eine Alternative zur „klassischen Erdbestattung“ entscheiden – egal, ob dies eine Waldbestattung oder eine Alternativbestattung auf einem kommunalen Friedhof ist.

Noch bieten nicht alle Kommunen Waldgräber an. Woher kommen die Verstorbenen, die in Bad Berleburg ihre letzte Ruhe finden?

Hauptsächlich sind es Menschen aus Bad Berleburg, die hier im RuheForst ihre letzte Ruhe finden, in Ausnahmen auch Personen aus dem benachbarten Hochsauerland und kurkölnischen Sauerland. Ab und zu kommt es auch vor, dass Menschen, die sich hier zur Kur befinden, zu Lebzeiten einen Bestattungsplatz im RuheForst kaufen, obwohl sie aus einer ganz anderen Gegend kommen.

Welche Baumarten gibt es in Ihrem Bestattungswald? Und gibt es – wie bei den Grabsteinen – auch einen Trend, eine Mode?

Wir haben im Burgfeld einen etwa 200- bis 250-jährigen Eichenbestand, der mit Rotbuchen, Bergahornen und mächtigen Fichten gemischt wird. Einen Trend gibt es eigentlich nicht wirklich. Die Eiche stellt für viele Menschen den Inbegriff eines starken und kraftvollen Baumes dar. Es gibt aber auch Menschen, die Buchen auswählen, weil diese im Schatten der kräftigen Eichen wachsen und gedeihen.

Für den Ruheforst gelten ganz bestimmte Regeln. Sie verzichten zum Beispiel ganz bewusst auf Grabschmuck, um den Charakter eines natürlichen Waldes zu erhalten. Was passiert, wenn doch mal ein Blumenstrauß am Baum liegt?

Das Thema Grabschmuck ist ein sehr emotionales Thema und bringt daher auch seine Schwierigkeiten im RuheForst mit sich. Laut Friedhofssatzung ist es in der Tat nicht gestattet Blumen, Gestecke, Schmuck etc. an den Grabstätten niederzulegen. Ich halte es so, dass man bei einer Beisetzung einen Kranz oder einen Blumenstrauß niederlegen kann. Dies ist ein Entgegenkommen. Gerade in der deutschen Bestattungskultur sind Blumen und Grabschmuck sehr stark verankert – und es ist sehr schwer, den Menschen zu vermitteln, dass es Grabstätten gibt, an denen dies im Grunde nicht gestattet ist.

Aber man sieht immer wieder auch Blumensträuße...

Dieses Entgegenkommen, dass ich eben ansprach, nutzen natürlich sehr viele Menschen aus, um nach der Zeit, nachdem der Kranz einer Bestattung verbracht worden ist, neue Blumen im großen Stil niederzulegen oder gar zu pflanzen. So entsteht dann irgendwann eine große Ungerechtigkeit gegenüber denjenigen, die sich streng an diese Regeln halten. Von Zeit zu Zeit gehe ich dann über die Fläche und sammle den Grabschmuck ein. Dies fällt mir natürlich auch nicht leicht, weil ich weiß, dass das für viele Menschen eine große Bedeutung hat. Dennoch ist es meine Pflicht, um den Wald möglichst natürlich aussehen zu lassen.

Darf im Ruheforst gejagt werden?

Eigentlich dürfte dort gejagt werden. Der RuheForst unterliegt dem Landesforstgesetz NRW. Wir verzichten allerdings darauf, dort zu jagen, weil wir es für unangemessen halten und es nicht der Würde des Ortes dort entspricht.