Girkhausen/Bad Berleburg. . Überlegungen zum Abriss der städtischen Immobilien in Girkhausen rechnen sich nicht und stehen im Widerspruch zur Konsolidierung des Hausehaltes.
- Verkauf wird seit viereinhalb Jahren forciert
- Brandschutz und Barrierefreiheit ziehen hohe Investitionskosten nach sich
- Ortsvorsteher Lauber sieht letzte Lösung in der Schaffung von Bauland
„Um das Leitbildziel der Haushaltskonsolidierung nicht zu gefährden, wird der Abbruch der beiden Gebäude der ehemaligen Grundschule Girkhausen zunächst zurückgestellt.“ Vielmehr soll der Verkauf der Immobilie forciert werden. Dieser Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses stammt aus der vorherigen Legislaturperiode, datiert auf den 29. November 2012. „An den Mann gebracht“ sind die Gebäude bis heute nicht – trotz aller Bemühungen, wie der städtische Immobilienmanager Manuel Spies versichert.
Wie sauer Bier...
Nicht nur auf der Stadtseite im Internet, sondern auch in bekannten Portalen der Branche hat Spies die Girkhäuser Schulen angeboten. „Es gab die ein oder andere Anfrage und sogar Besichtigungstermine der alten Schule, weil die ja noch einen gewissen Charme hat“, erinnert sich Manuel Spies, aber letztlich seien konkrete Verkaufsgespräche erst gar nicht zustande gekommen, weil Brandschutz und Barrierefreiheit hohe Investitionen nach sich ziehen würden.
Dann habe Ortsvorsteher Eberhard Lauber angeregt, einen Abriss der „beiden alten, unbenutzten Schulen“ zu kalkulieren. Das mündete schließlich in einem Antrag der CDU, der nach Beratungen in den politischen Fachausschüssen einen weiteren Verkauf als vordergründiges Ziel behielt. Denn ein Abbruch plus Vermessung und Erschließung wurden mit 155.000 Euro berechnet. Die notwendige Sonderabschreibung lag bei 402.000 Euro. „Unter dem Strich hätten wir einen Verlust von 377.000 Euro in der Haushaltsbilanz gehabt, das war mit der Konsolidierung nicht vereinbar,“ resümiert der Immobilienmanager.
Aus seiner Sicht sei „die Schaffung von Bauland die letzte Lösung“, obwohl in Girkhausen Bedarf für Bauplätze gesehen werde. Immerhin sei das Gebiet „Am Heiligenstock“ mit elf Bauplätzen schnell bebaut worden, und auch der Bodenrichtwert sei dort von 45 auf 50 Euro gestiegen. Drei große oder vier kleinere Baugrundstücke hält Spies im Bereich der Schulen für machbar; aber zunächst habe er das alte Gebäude mit Stromversorgung, Wasser und Heizung „wieder reaktiviert“. Zwei Wohnungen im Gebäude sind vermietet, in den alten Klassenzimmern räumt zurzeit Wilhelm Dickel die Utensilien seiner „Drechslerschule Girkhausen“ ab. Die Einnahmen aus der Vermietung verwendet die Stadt für die Unterhaltung der im Jahr 1928 erbauten Immobilie. „Der Verfall wird gestoppt“, formuliert das Manuel Spies.
Zukunftsmusik
Die Pacht aus der neueren Schule sei „nicht nennenswert“; dort sei ein Lager vermietet, Exponate aus dem ehemaligen Museum am Goetheplatz untergestellt, und der Hegering Bad Berleburg hat dort vorübergehend sein Domizil eingerichtet.
Ob das ein Dauerzustand wird? Manuel Spies, selbst Girkhäuser und als Chorleiter des örtlichen MGV durch etliche Proben mit dem Schulgebäude vertraut, geht davon aus, dass die Umwandlung in Bauland wohl eher Zukunftsmusik bleibt. „Bekanntlich steht für 2018 der Haushaltsausgleich auf der Agenda, ob da eine sechsstellige Zahl hineinpasst – das wage ich zu bezweifeln.“
>>> DER LETZTE DRECHSLER
Mehr als 25 Jahre hat Wilhelm Dickel („Schreinersch“) in der Drechselschule Girkhausen seinen Lehrgangsteilnehmern das Drechseln beigebracht. „Es hat keinen Zweck mehr“, räumt der 83-Jährige ein und kündigt das Ende einer Ära in Girkhausen an. Wilhelm Dickel ist wohl der letzte, echte gelernte Drechsler im Ländchen. Ausgebildet hat ihn der legendäre Ludwig Florin am Dödesberg.
„Das war von ‘49 bis zweienfuffzig“, blickt Dickel auf eine aus seiner Sicht „wunderbare Zeit“ zurück, in der seinem Lehrmeister niemals ein böses Wort über die Lippen gekommen sei. „Der konnte Landwirtschaft, der konnte malen, schreinern und drechseln“, bewundert sein damaliger Schüler das Multitalent Florin noch heute.
Auch „Schreinersch“ Wilhelm hat sein Talent des Drechselns weitergegeben. Weitergegeben an etliche Girkhäuser, aber auch „an die 400 aus ganz Deutschland, die hier durchgegangen sind“, zeigt der Senior auf den Rest der Werkstatt in der alten Schule. Noch heute bekomme er Anfragen aus dem Süden und Norden des Landes, und bald will er die Ehemaligen anschreiben und nachfragen, ob sie sich für die ganzen Rohlinge interessieren, die im riesigen Regal im alten Klassenzimmer lagern. Aus Kirsche, Esche oder Eiche sind die Teile, die meisten vorgeformt für Schüsseln. Manche taugen eher für eine Teigrolle oder vielleicht für einen hölzernen Kartoffelstampfer.
Bandsäge noch in Schwung bringen
Das Alter und die Gesundheit bremsen den Drechsler Dickel jetzt aus. „Man muss auch mal einsehen: Eines Tages musst du den Löffel hinlegen,“ begründet er seinen Rückzug aus der alten Schule. Eines jedoch ist dem Girkhäuser Original noch wichtig: „Wenn hier ausgeräumt ist und ich die Schule besenrein zurücklasse, dann will ich in der Drehkoite noch die alte Holzbandsäge in die Gänge machen. Die ist noch von Meister Florin...“