Bad Berleburg. . Mit Schickimicki konnte Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg nichts anfangen. Seine Tiere liebte er, nicht die Partys.

Der Wald war seine Welt, nicht Schickimicki, kein Jet Set. Seine Tiere liebte er, nicht die Partys oder Schlagzeilen in den bunten Blättern. Prinz Richard, so kürzen alle, die ihn kennen, den offiziellen Namen des Oberhauptes der Adelsfamilie Sayn-Wittgenstein-Berleburg ab, ist gestorben. Die Nachricht von seinem Tod hat sich am Dienstagmorgen wie ein Lauffeuer in Wittgenstein verbreitet, spätestens nachdem die Familienfahne auf Schloss Berleburg auf Halbmast wehte. „Der Fürst ist tot.“ Wittgenstein ist um eine Persönlichkeit ärmer geworden.

Familienwappen auf Halbmast

weitere Videos

    „Wir alle sind sehr, sehr traurig“, beschreibt Forstdirektor Johannes Röhl die gedrückte Stimmung in der Rentkammer, im Schloss, im Wald. Die Mitarbeiter haben einen Seniorchef verloren, der für sie mehr war als ein Geld- und Arbeitgeber. Er gab ihnen auch Halt in schwierigen Situationen durch ein persönliches Wort; und Prinz Richard konnte gute Laune verbreiten, wenn er ein Witzchen auf Lager oder „brandneue Nachrichten“ aus Bad Berleburg hatte.

    Was hier vor seiner Haustür passierte, das war dem Verstorbenen wichtig; er war im positiven Sinne richtig neugierig, musste wissen, was los war. Ungeniert fragte er auch danach, egal ob er sich gerade im Büro, im Schlosshof, im Revier, beim Schützenfest oder bei der Ergotherapie aufhielt.

    Ein Mann, der Bescheid wusste, ist gegangen. Ein stets bescheidener Mann, der laut lachen und sich noch lauter ärgern konnte, wenn er auf seinen angeblichen Reichtum angesprochen wurde. Und dann verfiel er in die Ansprache „Du“ – egal wer vor ihm stand. „Schau Dir das Schloss doch mal an, da kannst Du hier an der Ecke anfangen mit dem Renovieren und nach einem Jahr bist du einmal rum und kannst von vorn beginnen“.

    Geradlinig und bodenständig

    Prinz Richard nahm nie ein Blatt vor den Mund. Wenn er sich lautstark ärgerte und seine Stimme eine halbe Oktave höher schrillte, dann, ja dann war es keine Seltenheit, dass „der Ferscht“ auch derbe, nicht druckreife Worte fand. „Der sagt es, wie ihm der Schnabel gewachsen ist“, lautete dann das Urteil der Leute. Sie liebten ihn wie einen nahen Verwandten wegen seiner Geradlinigkeit, wegen seiner Bodenständigkeit, weil er ehrlich war „wie du und ich“ und sich Zeit nahm für ein Schwätzchen im Wald oder auf der Straße.

    Auch interessant

    Aber richtig sauer werden konnte der Schlossherr auch – insbesondere dann, wenn er Widerspruch erntete und andere Ansichten zu seiner Waldbewirtschaftung oder seiner behutsamen Jagdphilosophie laut wurden. Ob bei Trophäenschauen, bei Tagungen der Privatwaldbesitzer oder öffentlichen Reden von Ministern. Prinz Richard sprach aus, was er dachte, spontan und impulsiv.

    Manches tat ihm später leid, und ihm brach es keinen Zacken aus der Krone, wenn er sich später aufrichtig entschuldigte. Das hat er getan nach unüberlegten Äußerungen im Zusammenhang mit dem Wisent-Projekt, das auf seine Idee und Initiative hin im Rothaargebirge gestartet ist und der Region internationale Bekanntheit beschert hat.

    Arbeiten für die Familie

    Auch interessant

    Sein Schloss, seinen Wald für künftige Familiengenerationen zu erhalten, das war die Lebensmaxime von Prinz Richard, und dafür hat er sich stets eingesetzt. „Schau doch mal, wie oft die Engländer oder die aus Monaco in den Zeitungen stehen. Das wollen wir nicht,“ mit solchen Worten ließ er oftmals Journalisten abblitzen, die sich wenigstens einmal im Jahr bei der großen „Fürstenjagd“ vor dem Schlosstor aufbauten, um eine Aufnahme gekrönter Häupter oder prominenter Jagdgäste ergattern wollten.

    Geschichte wiederholt sich

    Erinnerungen werden wach an das Begräbnis von Fürstin Margareta im Jahr 2005. „Mami“, wie Prinz Richard seine Mutter liebevoll nannte, hat ihren Sohn allein aufgezogen, denn ihr Mann, Gustav Albrecht Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, galt seit 1944 als vermisst, wurde erst 1969 für tot erklärt.

    Zur Beerdigung der Fürstin säumten einige tausend Menschen die Schloßstraße, als der Sarg Familiengruft auf dem Berleburger Waldfriedhof gefahren wurde. Nicht nur aus Anteilnahme standen die Leute da; sie wollten auch die etlichen blaublütigen Trauergäste aus der Nähe sehen. Prinz Richard fand das damals „widerlich“. Er selbst kann nicht verhindern, dass sich bei seinem Begräbnis Geschichte wiederholt.

    Das Leben von Prinz Richard in Bildern

    Vor über 30 Jahren begann Prinz Richard damit, in seinen Wäldern rund um Bad Berleburg Biotope zu bauen.
    Vor über 30 Jahren begann Prinz Richard damit, in seinen Wäldern rund um Bad Berleburg Biotope zu bauen. © WP
    Schlossherr Prinz Richard war ein Naturliebhaber und täglich mit seinen Hunden in seinem Wald unterwegs.
    Schlossherr Prinz Richard war ein Naturliebhaber und täglich mit seinen Hunden in seinem Wald unterwegs. © WP
    Ein knappes Jahr vor der Goldhochzeit mit Prinzessin Benedikte von Dänemark ist Prinz Richard gestorben.
    Ein knappes Jahr vor der Goldhochzeit mit Prinzessin Benedikte von Dänemark ist Prinz Richard gestorben. © WP
    Empfang auf Schloss Berleburg zur Silberhochzeit im Jahr 1993: Prinz Richard ist der Hahn im Korb und umringt von seiner Schwester Königin Margrethe II. von Dänemark, seiner Ehefrau Prinzessin Benedikte, seiner Schwägerin, der früheren Griechenkönigin Annemarie und Königin Silvia von Schweden.
    Empfang auf Schloss Berleburg zur Silberhochzeit im Jahr 1993: Prinz Richard ist der Hahn im Korb und umringt von seiner Schwester Königin Margrethe II. von Dänemark, seiner Ehefrau Prinzessin Benedikte, seiner Schwägerin, der früheren Griechenkönigin Annemarie und Königin Silvia von Schweden. © WP
    Die Arbeitsgemeinschaft Naturnaher Wald und das staatliche Forstamt Hilchenbach waren im Forst von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg 2006 für eine Exkursion zu Gast.
    Die Arbeitsgemeinschaft Naturnaher Wald und das staatliche Forstamt Hilchenbach waren im Forst von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg 2006 für eine Exkursion zu Gast. © WR
    Richard zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit seinen Labradoren am Rande der Exkursion 2006.
    Richard zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit seinen Labradoren am Rande der Exkursion 2006. © WR
    Prinz Richard mit seinem Sohn Prinz Gustav zu seinem 75. Geburtstag im Oktober 2009.
    Prinz Richard mit seinem Sohn Prinz Gustav zu seinem 75. Geburtstag im Oktober 2009. © WP
    Prinz Richard mit seiner Ehefrau in Kopenhagen bei der Taufe der Zwillinge von Kronprinz Frederik 2011.
    Prinz Richard mit seiner Ehefrau in Kopenhagen bei der Taufe der Zwillinge von Kronprinz Frederik 2011. © dpa | dpa
    Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit seiner Gattin Bendikte (sitzend) bei einem Vortrag des Rechtsanwalts Hans-Werner Kocherscheidt 2011 in Bad Berleburg. Zu dem Vortrag war auch Joachim Gauck geladen.
    Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit seiner Gattin Bendikte (sitzend) bei einem Vortrag des Rechtsanwalts Hans-Werner Kocherscheidt 2011 in Bad Berleburg. Zu dem Vortrag war auch Joachim Gauck geladen. © WP
    Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg an seinem 80. Geburtstag.
    Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg an seinem 80. Geburtstag. © Lars-Peter Dickel
    Der 70. Geburtstag von Prinzessin Benedikte im Schloss Berleburg. Königin Margrethe II. von Dänemark betritt den Schlosshof hinter Prinz Richard und Prinzessin Benedikte.
    Der 70. Geburtstag von Prinzessin Benedikte im Schloss Berleburg. Königin Margrethe II. von Dänemark betritt den Schlosshof hinter Prinz Richard und Prinzessin Benedikte. © Christoph Vetter/WP
    Prinzessin Nathalie, Prinzessin Alexandra, Prinz Richard, Prinzessin Benedikte, Königin Margrethe II. von Dänemark, Prinz Henrik, Prinz Gustav und Anne-Marie von Dänemark (v.l.) anlässlich des Geburtstags von Prinzessin Benedikte..
    Prinzessin Nathalie, Prinzessin Alexandra, Prinz Richard, Prinzessin Benedikte, Königin Margrethe II. von Dänemark, Prinz Henrik, Prinz Gustav und Anne-Marie von Dänemark (v.l.) anlässlich des Geburtstags von Prinzessin Benedikte.. © Christoph Vetter/WP
    1/12