Wittgenstein. . Vor allem Bad Laasphe und Erndtebrück sind vom Arbeitnehmer-Minus im Bauhauptgewerbe betroffen. Aber: Baukonjunktur ist stabil.

  • Entwicklung liegt hinter NRW-Durchschnitt
  • Nachwuchsmangel nicht akut, wird aber langfristig zum Problem
  • Schwierigkeit: Für den Job und für das Land begeistern

Kreisweit weniger Beschäftigte im Bauhauptgewerbe, dafür aber ein Plus beim Gesamtumsatz: Das geht aus den aktuellsten Zahlen hervor, die das Statistische Landesamt NRW veröffentlicht hat. Für die drei Wittgensteiner Kommunen klaffen die Zahlen auf dem ersten Blick noch drastischer auseinander, am deutlichsten in Erndtebrück: Hier waren 2016 gut 18 Prozent weniger Beschäftigte registriert als noch 2015, der Umsatz ist im Gegensatz dazu innerhalb eines Jahres um knapp zwei Prozent gestiegen. Allerdings liegen die Gesamtumsatzzahlen für 2016 noch nicht vor, „die versetzten Zeiträume verzerren deswegen die Statistik“, so Thomas Becker von der Arbeitsagentur Siegen.

So schlecht wie die Zahlen es zunächst vermuten lassen sehe es nämlich nicht aus. „Die Baukonjunktur im Kreis Siegen-Wittgenstein ist nach wie vor auf einem guten Niveau“, sagt Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen. Trotzdem liegen sowohl die Beschäftigungs- als auch die Gesamtumsatzentwicklung hinter dem NRW-Durchschnitt.

Beschäftigungszahlen

Bauhauptgewerbe Wittgenstein
Bauhauptgewerbe Wittgenstein © Manuela Nossutta

Sinkende Beschäftigungszahlen seien aber nicht immer gleichbedeutend mit Betriebsschließungen oder Kündigungen. „Das kann viele Gründe haben – Renteneintritt, Umzug oder Tod“, sagt Thomas Becker. Das bestätigt auch Claudia Wunderlich-Müller, Assistentin der Geschäftsführung der Firma Berge-Bau in Erndtebrück: „Wir hatten im vergangenen Jahr viele Mitarbeiter, die in den Ruhestand gegangen sind – und die Zahlen kann man aufgrund des Nachwuchsmangels nicht immer 1:1 ausgleichen.“

Überhaupt sei der Arbeitsmarkt in Wittgenstein sehr entspannt. „Wir liegen hier nahezu bei Vollbeschäftigung, es gibt so gut wie keine Arbeitslosen“, sagt Becker. In Zahlen ausgedrückt: Zwei bis vier Hilfskräfte sind durchschnittlich im Bereich Hoch- und Tiefbau arbeitslos, bei den Fachkräften sind es im gleichen Bereich einer bis gar keiner. Die Branche sei sicher, die Auftragsbücher seien teilweise bis zu zwei Jahre im Voraus gefüllt, fasst Becker zusammen.

Nachwuchskräfte

Akut gibt es noch kein Nachwuchsproblem in Wittgenstein, aber: „Im Hoch- Tief- und Betonbau sowie im Maurerhandwerk kommen drei bis vier Ausbildungsstellen pro Bewerber“, analysiert Becker die Ergebnisse der Ausbildungsstatistik der Arbeitsagentur. Langfristig könne das zu einer Schieflage führen.

Und dafür sei nicht nur der demografische Wandel verantwortlich: „Die zentrale Frage ist, wie wir die Berufe in diesem Bereich auf Dauer attraktiver machen können“, meint Klaus Gräbener von der IHK Siegen. Je niedriger die Zahl der Schulabgänger nach der 10. Klasse und je höher die Studierneigung der Abiturienten, desto größer der Nachwuchsbedarf. „Menschen für das Handwerk und für das Land zu begeistern ist generell eine schwierige Aufgabe“, so Regina Linde, Sprecherin der Stadt Bad Berleburg. Faktoren wie berufliches Prestige ziehen jungen Menschen eher ins Büro und in die Stadt, beobachtet Becker.

Prognose

„Wir haben eine Vollauslastung für 2017 und auch 2018 scheint sich ein deutliches Wachstum im öffentlichen Tiefbau abzuzeichnen“, sagt Wunderlich-Müller von Berge-Bau. Eine generelle Prognose abzugeben sei jedoch schwierig, gerade weil die Umsatzzahlen von Monat zu Monat stark schwanken können.

Die Ausschläge in der Statistik seien nicht signifikant genug, so Gräbener. „Wenn es mal fünf Prozent hoch oder runter geht, ist das nicht viel.“ Gerade Großbetriebe, die zu gleichen Anteilen in die Auflistung eingehen, würden das Bild verzerren.