Girkhausen. „Holz ist nichts für dich“ – der Großvater von Holger Saßmannhausen sollte sich irren. Eine schweißtreibende, manchmal auch blutige Arbeit.

  • Vom Girkhäuser Verkehrs- und Heimatverein ausgewählt
  • Zwei Stunden harte Arbeit
  • Nach bestandener Prüfung gibt’s einen Schlag auf den Allerwertesten

Holger Saßmannshausen hat keine Angst, aber doch Bedenken, dass er den Hausnamen „Dömme“ (Daumen) nach seinem Besuch in der Drehkoite vielleicht nicht mehr tragen kann. Er war nämlich vom Vorstand des Girkhäuser Verkehrs- und Heimatvereins auserwählt worden, einen Holzlöffel zu schnitzen und gleichzeitig das Löffeldiplom zu absolvieren. So weit – so gut.

„Hoffentlich verdiene ich nachher unseren Namen ‘Dömme’ noch.“ (Holger Saßmannshausen, Bewerber um das Löffeldiplom.

Was dem 42-jährigen Bankkaufmann und Pressesprecher der Sparkasse Wittgenstein zu schaffen machte, waren die ehrlichen Worte seines Großvaters, Stellmachermeister Gustav Born, die ihm noch nach vielen Jahren in den Ohren klangen: „Geh du zur Sparkasse. Mit Holz – das ist nichts für dich.“ Trotz dieser Empfehlung fand sich der Berghäuser am Dienstagabend in der Drehkoite ein, um sein Glück zu versuchen.

Steffen Schmidt (im Hintergrund) steht Holger Saßmannshausen zur Seite. Die Faustregel: Je tiefer der Löffel, desto mehr Schnaps passt rein. Foto: Ute Schlapbach „Das Ziehmesser liegt dir.“ (Steffen Schmidt, Schnitzexperte zu seinem Lehrling)

An Zuschauern sollte es nicht mangeln, denn die Einladung zum Rewweln wurde wie immer sehr gut angenommen. Nach einem Rundgang durch das Museum mit Roland Dickel durfte sich Saßmannshausen unter Anleitung von Beisitzer Steffen Schmidt, der selbst auch schon einen Löffel gefertigt hat, ans Werk begeben, während es sich die Gäste bei Hausmacher Schnittchen, Sauerländer Würstchen, Ofenkartoffeln und der beliebten Schnapsmischung mit Honigkuchenstückchen gemütlich machten. Für zusätzliche Stimmung sorgte der 2. Vorsitzende, Jörg Homrighausen, mit seinem Akkordeon.

„Da werden deine Enkel noch von schwätzen.“ (Paul Breuer, Inhaber des Löffeldiploms)

Ganz so unberechtigt scheinen die Bedenken Saßmannshausens nicht zu sein, denn der anwesende Paul Breuer, ebenfalls Löffeldiplom-Besitzer, berichtete: „Mein Löffel ist mit Blut getränkt.“ Sehr ermutigend. Die Werkzeuge sind scharf – und das müssen sie auch sein, denn sonst lässt sich das frische Holz nicht bearbeiten. „Ich muss ja nicht auf Zeit arbeiten“, beruhigt sich Saßmannshausen selbst. „Du kannst ja auch im Takt zur Musik schnitzen“, scherzt der „Dambächer Jörg“, während „Mir san die lustigen Holzhackerbuam“ erklingt.

Die Späne fliegen, das Bier schmeckt 

Mit Dassel, Hohleisen und verschiedenen äußerst scharfen Messern wird das Holzstück bearbeitet und nimmt Form an. Zwischendurch ein Schluck Bier. Die Späne fliegen. Saßmannshausen wischt sich zum wiederholten Mal die Stirn ab. „Er hat Talent. Und er wird mutiger“, nickt Paul Breuer anerkennend, der von seinem „gefährlichen“ Platz das Geschehen aus allernächster Nähe bestens beobachten kann. „Jetzt geht’s ans Eingemachte!“ Man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht schneidet oder zu viel abschneidet.

„Diese Tradition muss man erhalten.“ (Otto Marburger, Vorsitzender des Wittgensteiner Heimatvereins)

Jetzt noch die Rundung nacharbeiten und der Feinschliff am Rand. Ein kleiner Patzer. „Das ist der Eichstrich“, lacht die Runde. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, wissen die Fachmänner aber auch. Den Stiel abrunden. Fertig. Was meint ihr? So fragt der Nachwuchs-Löffelschnitzer in die Runde, während er das hölzerne Unikat in seinen Händen dreht. Zahlreiche Löffeldiplombesitzer geben ihren Kommentar ab: „Formschön... gut geworden... hat Ecken und Kanten, aber ... kimma so losse“. Sofort soll er ausprobiert werden.

Girkhäuser Löffeldiplom 2016. Foto: Ute Schlapbach „Je mehr du ‘rausmachst, umso mehr Schnaps passt hinterher rein.“ (Volker Dickel, Vorsitzender des Verkehrs- und Heimatvereins Girkhausen)

Gemeinsam mit dem Vereinsvorsitzenden Volker Dickel und Lehrmeister Steffen Schmidt wird der nach zwei Stunden harter Arbeit geschnitzte Löffel in die Schüssel mit Rewwel getaucht. Kleine Anmerkung: Die ersten Tropfen, die mit dem Löffel in Berührung kamen, waren allerdings Schweißtropfen.

Der fleißige Handwerker strahlt noch – denn er weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was auf alle frisch gebackenen Löffelschnitzer zukommt: Sie müssen nämlich nach alter Sitte in die Knie gehen und bekommen einen Schlag mit der großen Wurzelkeule auf den Allerwertesten. Und erst dann gibt es die verdiente Urkunde, die Holger Saßmannshausen unverletzt und mit allen Fingern – beziehungsweise Dömme – entgegennehmen kann. Herzlichen Glückwunsch!