Warstein. . Der heimische Biermarkt schrumpft, im Ausland wächst der Konsum dagegen. Die Chancen des internationalen Geschäfts hat auch Warsteiner erkannt. Zum Tag des deutschen Bieres erklären Martin Hötzel und Tim Tendick, Manager bei Warsteiner, wie das Unternehmen im Ausland weiter wachsen will.

An der berühmten Copacabana in Rio de Janeiro, in den Szenekneipen New Yorks oder an den Grachten Amsterdams – in mehr als 60 Ländern auf allen Kontinenten vertreibt die Warsteiner Brauerei ihr Bier. Zum heutigen Tag des deutschen Bieres erklären Martin Hötzel, der Anfang des Jahres die Verantwortung für alle Märkte außerhalb von Deutschland übernommen hat, und Tim Tendick, der das Export- und Lizenzgeschäft der Brauerei leitet, im Interview das Auslandsgeschäft der Warsteiner-Gruppe.

Frage: Welche Bedeutung haben die ausländischen Märkte für Warsteiner?

Martin Hötzel: Der deutsche Biermarkt schrumpft schon seit Jahren beständig, weltweit nimmt der Bierkonsum dagegen zu. Deswegen wird es auch unter Catharina Cramer weiter unser Schwerpunkt sein, die Marke im internationalen Geschäft zu entwickeln. Bereits vor rund 25 Jahren hat die Brauerei den Weg über die Grenzen Deutschlands hinaus eingeschlagen. Auf dieses gute Fundament wollen wir jetzt aufbauen. Da müssen wir jedes Land, jeden Markt individuell betrachten.

Wie unterscheiden sich die Biergeschmäcker auf der Welt?

Tim Tendick: Es gibt natürlich unterschiedliche Geschmackspräferenzen. In Asien oder auch in Lateinamerika sind eher milde Biere gefragt, die aus unserer deutschen Sicht heraus fast wässerig erscheinen.

Geht Warsteiner darauf ein und braut für unterschiedliche Regionen unterschiedliche Biere?

Tendick: Qualität und Geschmack des Produkts müssen immer und auf der ganzen Welt gleich sein. In Argentinien, Russland und Weißrussland lassen wir Warsteiner zwar unter Lizenz von unseren Partnern vor Ort brauen. Das liegt aber an den komplizierten Regulatorien, was die Einfuhr betrifft. Der beste Weg ist, dass das Bier in Warstein gebraut und von hier aus exportiert wird.

Auf welchen Märkten ist Warsteiner besonders stark?

Hötzel: In den Niederlanden, Italien und den Vereinigten Staaten sind wir gut vertreten. In all diese Märkte ist Warsteiner bereits vor mehr als 20 Jahren eingestiegen – damals als eine der ersten deutschen Brauereien überhaupt.

Der US-amerikanische Biermarkt ist stark umkämpft. Die acht größten Brauereien kommen dort zusammen auf einen Marktanteil von 90 Prozent. Deutsche Brauereien haben es dagegen schwer. Woran liegt das?

Tendick: Das hat sicherlich historische Gründe. Der deutsche Markt ist lange gewachsen, so dass die heimischen Brauereien keinen Druck hatten, ins Ausland zu drängen. Heineken aus den Niederlanden oder Carlsberg aus Dänemark sind dagegen früh ins internationale Geschäft eingestiegen, weil sie auf dem Heimatmarkt gar nicht mehr wachsen konnten. Da ist der Weg von Warsteiner in den 90er-Jahren schon sehr weitsichtig gewesen.

Hötzel: Außerdem gibt es insbesondere in Amerika einen Trend zu regional produziertem Bier. Viele entscheiden sich gegen deutsches Bier, aber bewusst auch gegen Budweiser und trinken dann meinetwegen lieber ein Bier aus Texas.

„Bewusst das Thema Qualität besetzen“ 

Wie kann Warsteiner in den USA mit den großen Brau-Konzernen auf der einen und den regionalen Hausbrauereien auf der anderen Seite konkurrieren?

Hötzel: Wir möchten in jedem Land das Premium-Segment besetzen. Mit dieser Strategie sind wir in den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr um sechs Prozent gewachsen – gegen den Trend, denn der Bierkonsum insgesamt ging um zwei Prozent zurück. Mit dem deutschen Qualitätsversprechen und einer modern geführten Marke können wir unsere Ziele erreichen. Das deutsche Reinheitsgebot ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können.

Welche Märkte werden für Warsteiner in Zukunft interessant?

Tendick: China und Brasilien sind große, spannende Märkte, auch Russland, die baltischen Staaten und Lateinamerika. In all diesen Regionen entwickelt sich eine Schicht, die ein besonderes, internationales Bier möchte. Diese Schicht will Warsteiner mit seinen Produkten überzeugen.

Hötzel: China hat sich unheimlich schnell entwickelt und es ist kein Ende in Sicht. Da schlummern riesige Potenziale. Viele wollen dort authentisches deutsches Bier kaufen. Wir müssen uns aber die Frage stellen, ob wir in all diesen Märkten schnell Menge machen wollen oder den langsameren Weg gehen und sorgsam unsere Marke aufbauen. Und da haben wir uns eben entschieden, nicht billig Volumen zu generieren, sondern bewusst das Thema Qualität zu besetzen.

Wie wollen Sie die Marke aufbauen?

Hötzel: Im Einzelhandel kann man wenig für die Marke tun. Von daher ist es ideal, die Konsumenten in der Gastronomie an das Produkt heranzuführen, damit sie dann im Einzelhandel danach suchen.

Tendick: Im Laden sind wir nur ein Bier unter vielen. Aber zum Beispiel im Copacabana Palace in Rio de Janeiro haben wir exklusiv die Möglichkeit, uns bei kaufkräftigen potenziellen Kunden bekannt zu machen.

Wenn man das Auslandsgeschäft verantwortet, gehört Reisen zum Beruf. Wie oft sind Sie unterwegs?

Hötzel: Wir sind in 30 bis 35 Ländern im Jahr. Seitdem ich im Januar hier angefangen habe, war ich schon in den USA und bin viel in Europa herumgereist. Kurz vor Ostern bin ich aus Verona zurückgekommen, eine Woche vorher war ich in Amsterdam. Es ist ungemein wichtig, zu spüren, was in den Ländern passiert. Sie können nicht international agieren, wenn Sie nur in Warstein am Schreibtisch sitzen.

Tendick: Man kann nicht nach China gehen und schlau wieder kommen. Das ist ein langer Weg. Daran sieht man, wie viel Aufwand der Brauerei ihr Auslandsgeschäft wert ist.

Können Sie überhaupt noch in den Urlaub fahren, ohne an die Absatzchancen für Warsteiner zu denken?

Hötzel: Nein, gar nicht. Aber dieser Enthusiasmus ist doch auch schön. Schon meine Kinder freuen sich inzwischen, wenn sie in Miami im Supermarkt Warsteiner entdecken.