Arnsberg/Werl. . Am Dienstag, 7. Mai, beginnt vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg der Totschlag-Prozess gegen einen 24 Jahre alten Mann. Er soll im April 2012 die damals 23 Jahre alte Liesa S. aus Werl-Westönnen umgebracht haben.

Kaum ein Kriminalfall hat in den letzten Jahren die Menschen in Südwestfalen so bewegt wie das Schicksal der 23 Jahre alten Liesa S. aus Werl-Westönnen. Die junge Frau galt seit dem Abend des 16. April 2012 als vermisst, ihre Leiche wurde Ende Oktober in einem Waldstück in Essen-Werden entdeckt. Am kommenden Dienstag beginnt im Landgericht Arnsberg der Prozess gegen ihren ehemaligen Freund (24). Ihm werden Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Es kommt nicht häufig vor, dass das Landgericht ein Akkreditierungsverfahren für Medienvertreter organisieren muss. Gestern um 12 Uhr lief die Anmeldefrist ab. Es wird keinen Losentscheid geben. „Jeder, der eine Anfrage gestellt hat, bekommt einen Platz in der ersten Zuhörerreihe“, bestätigt Gerichtssprecherin Dorina Henkel.

Großes öffentliches Interesse

Das öffentliche Interesse ist groß. „Fälle, in denen Eltern bzw. Familien über einen langen Zeitraum im Ungewissen sind, rühren einfach“, sagt Kriminalhauptkommissar Albert Groß, einer von drei Opferschutzbeauftragten bei der Soester Kreispolizei. Die Abteilung habe während der sechseinhalb Monate, in denen die 23-Jährige als vermisst galt, fast täglich Kontakt zu der Familie gehabt. Bis heute sei dieser nicht abgebrochen.

„Angehörige von Opfern dürfen nicht das Gefühl haben, allein gelassen zu werden“, sagt Groß. Neben der polizeilichen Arbeit als „Vermittler“ sei auch eine gut funktionierende Nachbarschaft bzw. Dorfgemeinschaft wichtig. Den 2600-Einwohner-Ort Westönnen nennt der Beamte als lobenswertes Beispiel.

Das ganze Dorf war bei Suchaktionen nach Liesa S. auf den Beinen, die Altherren-Fußballer von Rot-Weiß Westönnen sammelten Geld, damit die ausgesetzte Belohnung für Hinweise erhöht werden konnte, in der katholischen Pfarrkirche St. Cäcilia wurden Gebetsstunden für die verschwundene Frau abgehalten. „Es ist unglaublich, wie viele uns in diesen Tagen beistehen“, ließ Familie S. wissen, die Suchaufrufe über die Medien startete. Beistand leistete auch die Facebook-Gruppe „Wo ist Liesa S.?“, die in kurzer Zeit 50.000 Mitglieder vereinte.

Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Arnsberg hat zunächst elf Verhandlungstermine angesetzt. Das Schwurgericht beabsichtigt nach Angaben von Gerichtssprecherin Henkel, die Eltern zum frühestmöglichen Zeitpunkt als Zeugen zu vernehmen - damit sie an sämtlichen Sitzungstage im Saal anwesend sein können. Ein unermesslich schwerer Gang für eine fürs Leben gezeichnete Familie, die einen geliebten Menschen bei einem Kapitalverbrechen verloren hat. Und die auf eine Mordanklage gehofft hatte.

Anklage wegen Totschlags

Die Anklage der Staatsanwaltschaft Arnsberg bezieht sich auf Totschlag und gefährliche Körperverletzung (letzterem liegt ein Fall von Ende 2009 zugrunde). Der Angeklagte soll Liesa S. bei einer Aussprache in der Nähe der Autobahnauffahrt Werl-Süd „durch Erwürgen oder Erdrosseln getötet“ haben. Anschließend soll er die Leiche im Kofferraum eines Mietwagens zu einem Wald in Essen gebracht und dort vergraben haben.

Für eine Mordanklage, so Oberstaatsanwalt Thomas Poggel, seien Mordmerkmale erforderlich, die vor Gericht mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Verurteilung wegen Mordes führen würden. Heimtücke oder niedrige Beweggründe könnten aber bislang nicht eindeutig nachgewiesen werden. „In den ersten beiden Vernehmungen hat er das Treffen mit der Frau eingeräumt, eine Tötung streitet er aber ab“, so Poggel. Seitdem schweigt der Ex-Freund. Und doch: „Wir müssen im Prozess versuchen, sein Motiv herauszu­arbeiten.“