Soest. In Soest sind die bisherigen Bemühungen, Krähen umzusiedeln, fehlgeschlagen. Die Vögel kehren zum Nestbau immer wieder zu ihren angestammten Bäumen zurück.

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Was auf dem gesamten Erdball gilt, trifft in diesen Tagen in Soest in besonderem Maße zu. Die tiefschwarzen Saatkrähen halten in der westfälischen Stadt zusammen wie Pech und Schwefel und präsentieren sich als lupenreine Gewohnheitstiere. Die Vögel torpedieren ihren aufgrund von Lärm- und Kot-Belästigungen behördlich angeordneten Umzug und bauen ihre Nester fleißig weiter an ihrem alten Standort. Die Stadt Soest lässt daher nahezu täglich Baumkletterer aus dem gut 35 Kilometer entfernten Fröndenberg „einfliegen“, die die frischen Krähennester aus den Bäumen im Clarenbachpark holen.

Die gut 45 Zentimeter großen Saatkrähen gelten als gefährdet und stehen nach Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes unter Artenschutz. Das bedeutet: Sie dürfen nicht getötet werden. Die Tiere sind schon lange ein Problem am Soester Clarenbachpark, in unmittelbarer Umgebung einer Wohnsiedlung. Anwohner klagen seit Jahren nicht nur über Belästigungen durch weißen Kot.

Ausgiebig und stimmgewaltig

Die gefiederten „Frühaufsteher“ haben darüber hinaus die nervige Angewohnheit, ausgiebig und stimmgewaltig zu krächzen, wie ihnen ihr markanter, weil spitzer Schnabel gewachsen ist. Experten nennen als häufigste Laute: „kah“, „krah“, „korr“ und „kräääh“. Dem Naturschutzbund Deutschlands (Nabu) zufolge ist der Gesang „als leises variables Schwätzen mit metallisch klingenden Elementen und Krächzlauten zu vernehmen“.

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Man tritt den engagierten Sängern aus Sicht von Anwohnern nicht zu nahe, wenn man von einer Ruhestörung spricht. Nach verschiedenen Versuchen, dem lauten Treiben unter Naturschutzgesichtspunkten Herr zu werden, hatte die Stadt Soest den niederländischen Biologen, oder besser: Saatkrähen-Experten Diederik van Liere eingeschaltet. Sein Vorschlag in einem Gutachten: Die Tiere aus der Gattung Corvus (Raben und Vögel) müssen auf ein 1,5 Kilometer entferntes Bahngelände umziehen.

Also setzten Baumkletterer ab Mitte Februar alle 80 Nester an den neuen Standort um - zwischenzeitlich unterbrochen vom Verwaltungsgericht Arnsberg. Ein Anwohner hatte eine erhebliche Belästigung durch Lärm und Kot befürchtet.

Hochintelligent und listig

Der Erfolg der Zwangsräumungs-Aktion ist bislang überschaubar. Fast könnte man meinen, dass die als hochintelligent und listig geltenden Tiere aus der Familie der Rabenvögel eine diebische Freude daran haben, die Behörden an der Nase herumzuführen. „Die neue Stelle unweit der Bahn-Linie ist von den Saatkrähen noch nicht angenommen worden“, sagt der Soester Stadtsprecher Klaus Peter Knäpper. Will heißen: Saatkrähen-Paare suchen sich Zweige, Reisig und weiches Pflanzenmaterial wie Gras und Moos und bauen fleißig Nester an ihrem alten Quartier.

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Im Rathaus hat man dennoch nicht den Optimismus verloren: „Es konnte niemand erwarten, dass das Problem mit einer einmaligen Aktion beseitigt ist.“ Bis Mitte April ist die Zwangsräumung der Bäume am Clarenbachpark vom Kreis Soest artenschutzrechtlich genehmigt. Eine Ausnahmeregelung, so wird betont. Nicht nur der Stadt Soest sitzt die Zeit im Nacken. Auch die vermehrungsfreudigen Saatkrähen müssen langsam einen Ort finden, wo sie brüten können. Und dann? Klaus Peter Knäpper: „In knapp vier Wochen werden wir sehen, wie es weiter geht.“ Mit anderen Worten: Fortsetzung folgt.