Siegen. . Einbein hat Wolfram Wurm eine Krähe getauft, die ihm besonders ans Herz gewachsen ist. Im vergangenen November entdeckte der Tierfreund den Vogel am Siegener Bahnhof. Er hat nur ein Bein und im linken Flügel fehlen einige Schwungfedern. Am Himmel erkennt man ihn sofort.
Einbein hat Wolfram Wurm eine Krähe getauft, die ihm besonders ans Herz gewachsen ist. Im vergangenen November entdeckte der Tierfreund den Vogel am Siegener Bahnhof. Er hat nur ein Bein und im linken Flügel fehlen einige Schwungfedern. Am Himmel erkennt man ihn sofort. „Gegen die anderen Krähen hat Einbein kaum eine Überlebenschance“, sagt Wurm. Denn so ist es nun einmal, als Krähe brauchst du zwei gesunde Füße und Flügel. Deshalb bringt der Tierfreund seinem Einbein immer etwas zu fressen mit. Ohne ein „Mümmelbrötchen“ in der Jackentasche, so nennt er die weichen Milchbrötchen, geht er schon gar nicht mehr vor die Tür.
200 Exemplare in der Innenstadt
Natürlich bekommen die Fütterung auch die anderen Krähen mit. „Sobald ich das Haus verlasse, werde ich schon von da oben beobachtet“, erklärt Wolfram Wurm und zeigt auf die schwarzgefiederten Späher auf den Dächern und Verkehrsschildern. Rund 200 Krähen gibt es derzeit in der Innenstadt, schätzt Dr. Bernhard Kraft, Leiter des Umweltamts der Stadt Siegen. Die Population sei konstant und im Vergleich zur Taubenpopulation eher gering. Dort waren es bei einer Zählung im vergangenen Jahr 800 Tiere allein in der Siegener Innenstadt. Ohne die Tauben aus Geisweid oder Weidenau.
„Füttern ist nicht verboten“, erklärt der Leiter des Umweltamts. Allerdings empfiehlt er es wie bei den Tauben zu handhaben. „Die dürfen in der Fußgängerzone nicht gefüttert werden. Denn so lockt man die Tiere nur zusätzlich an – und oft auch die Tiere mit vier Beinen“, sagt Dr. Kraft. Ratten.
In der Innenstadt sind Krähen häufig zu sehen, weil die Tiere es gelernt haben, dass es in der Nähe der Menschen auch immer etwas zu fressen gibt. Sie ernähren sich von Essensresten und – zum Ärger von Anwohnern – auch von Komposthaufen hinter dem Haus. Oder sie picken gelbe Säcke auf, die am Straßenrand lagern. „Diese Vögel wissen sehr schnell, wo es etwas zu holen gibt“, erklärt Dr. Kraft. Es sind schlaue und selbstbewusste Kulturfolger.
Nicht gefährlich
Gefährlich seien sie allerdings nicht. Auch wenn Wolfram Wurm schon einmal eine Krähe beobachtet hat, die einem Kleinkind ein Brötchen aus der Hand geschnappt hat. „Ein normales Verhalten ist das allerdings nicht. Die Tiere haben eine hohe Fluchtdistanz. Ich schätze mal, dass dieser Vogel mit der Hand aufgezogen wurde“, sagt Wolfram Wurm.
Die größte Population lebte immer auf der Mülldeponie Fludersbach. Ab den 50er Jahren bis 2006 wurde dort Hausmüll abgeladen. Krähen dürfen dort von August bis Februar – also außerhalb der Brutzeit – gejagt werden.
In den Morgenstunden und am Abend ist das tiefe Krächzen der Vögel heute vor allem am Siegberg, am Löhrtor und am Wellersberg zu hören. „In den Baumbeständen dort haben die Krähen ihre Nachtlager bezogen“, so Dr. Kraft. Tagsüber verteilen sich die Tiere dann auf das Umland, und viele zieht es auch an den Bahnhof.
Die Bahnhofskrähen sind Junggesellen, noch nicht geschlechtsreife Jungtiere. Erst später finden sie den Partner fürs Leben und suchen sich zu zweit ein neues Revier, um ihre Brut aufzuziehen.