Hagen/Wildewiese. In einem Privatwald in der Nähe von Wildewiese sind zuletzt Holzrückepferde im Einsatz gewesen. Ein Blick auf ein seltenes Gewerbe
Vorsichtig wird der Baumstamm an den Ketten befestigt. Es folgt ein kurzes Kommando von Daniel Proske - und dann setzt sich Paula mit ihren 750 Kilogramm Lebendgewicht in Bewegung. Es dauert nicht lange und die Stute nimmt Fahrt auf. Daniel Proske muss sich konzentrieren, um die Zügel nicht zu verlieren und läuft im schnellen Tempo hinterher. Im wahrsten Sinne des Wortes werden die gefällten Bäume mit einem PS durch den Wald transportiert.
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Paula gehört der Rasse der Comtois an und ist ein sogenanntes Rückepferd. Comtois sind Kaltblüter und vor allem im französischen und Schweizer Juragebirge im Einsatz. Die Rückepferde werden für die Holzwirtschaft in Wäldern gebraucht. Nachdem sie durch Traktoren und andere Landmaschinen zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts verdrängt wurden, feiern die fleißigen Helfer mittlerweile ein regelrechtes Revival.
Weite Anreise
Daniel Proske ist mit seinen beiden Pferden Paula und Eliot extra aus Solingen angereist, um eine Woche lang in einem Waldstück in der Nähe von Hagen und Wildewiese zu arbeiten. Der Besitzer des Privatwalds hatte sich zu diesem Schritt entschieden. Statt moderner Holzerntemaschinen kommen Kaltblüter zum Einsatz.
Vermittelt wurde das Ganze durch Leandra Sommer von Wald und Holz NRW. Die junge Försterin betreut und berät zahlreiche Besitzer von Privatwäldern auf Sunderner Gebiet. Für sie ist der Einsatz der Holzrückepferde auch eine kleine Premiere. „Ich habe mich natürlich vorher informiert, eingelesen und vorbereitet. Aber die Tiere dann bei der Arbeit zu sehen, ist dann doch etwas ganz anderes“, gesteht sie.
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Auf den 1,2 Hektar Fläche holen Daniel Proske und seine beiden Holzrückepferde innerhalb von fünf Tagen zirka 40 Festmeter Holz aus dem Wald. Dazu zählen überwiegend Birken-, Buchen- und Bergahornstämme. „Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Erstdurchforstung. Zuvor ist hier mehr als 40 Jahre lang nichts passiert. Im Vorfeld konnte ich ganz gezielt schauen, welche Bäume gefällt werden sollen und welche stehen bleiben“, erklärt Sommer. Hier finden die Holzrückepferde Idealbedingungen vor, da die Baumstämme noch nicht so dick sind. „Entgegen weit verbreiteter Mythen ist der Einsatz der Rückepferde nicht an jeder Stelle im Wald wirklich sinnvoll“, klärt Daniel Proske auf. „Wenn die Stämme zu dick sind oder wenn einfach riesige Flächen gerodet werden, ist der Einsatz überhaupt nicht möglich bzw. sinnvoll.“
Jobwechsel inbegriffen
Früher war Proske im kaufmännischen Bereich tätig. Doch dann entwickelte er eine Leidenschaft für die Arbeit mit den Tieren. Ohne Vorkenntnisse brachte er sich die Fertigkeiten selbst bei. Zwei Jahre dauerte das Einarbeiten mit Stute Paula. „Wenn andere in den Stall gefahren sind, um eine Runde auszureiten, bin ich mit Paula auf eine Waldfläche des Nabu gefahren, um zu trainieren“, berichtet er von seinen Anfängen. Er legt großen Wert darauf, dass die Tiere nicht verheizt werden. Etwa sechs Stunden Arbeitseinsatz mutet er ihnen am Tag maximal zu. Bei einer Stunde Pause. Die An- und Rückfahrt für kleinere Einsätze in der Nähe der Heimat ist dabei inbegriffen.
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Für die Arbeit im Sauerland macht er eine Ausnahme. Auf dieser Strecke pendelt er nicht zwischen Solingen und Sundern. Eine Woche lang sind er und seine Tiere auf einem Bauernhof in der Nähe des Waldes untergebracht. „Man muss für die Aufgabe brennen, sonst gibt man wahrscheinlich auf. Denn viel und schnelles Geld lässt sich damit nicht verdienen.“
Eines der großen Argumente für den Einsatz von Holzrückepferden ist definitiv der Umweltschutz. Es gibt keine Abgase, alles läuft langsamer ab und es gibt auch keine lauten Geräusche im Wald. Auch die Waldböden würden durch die Pferde weniger belastet als durch große Harvester. Das passe natürlich sehr gut zu den neuen Naturschutzvorgaben, denen Waldbesitzer unterliegen, bemerken Sommer und Proske. Trotzdem widerspricht Proske den Forderungen mancher Naturschützer, die die Rückepferde flächendeckender einsetzen möchten. „Erstens gibt es gar nicht so viele Anbieter wie mich, die den Einsatz ermöglichen und zweitens gibt es Flächen, wo es keinen Sinn macht. Man sollte sich auf die Stellen konzentrieren, wo es sinnvoll ist.“
Außerdem gehe es ganz ohne Maschinen auch bei der Arbeit der Holzrückepferde nicht. „Für das Fällen der Bäume benötigen wir Motorsägen und das aufgestapelte Holz wird auch von Maschinen abgeholt“, so Proske. Das Zusammenspiel von Mensch, Tier und Maschine sei der Erfolgsfaktor.
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Auch für ihn selbst sei so ein Einsatz ganz schön anstrengend. „Ich muss mich die ganze Zeit konzentrieren und aufpassen, dass das Pferd den Anweisungen folgt. Aber diese Arbeit ist sehr erfüllend, weil ich nicht abgelenkt bin, wie das manch einer im Alltag ist. Ich bin im Hier und Jetzt und dauernd an der frischen Luft. Am Ende eines Arbeitstages habe ich immer das Gefühl, dass ich gefordert, gleichzeitig aber auch gefördert wurde. Ich kann im Einklang mit der Natur arbeiten. Das ist toll!“ Sobald das Holz aufgepoltert ist - so nennt man das Stapeln der drei Meter und sechs Meter langen Stämme - kommt wieder Leandra Sommer ins Spiel. „Ich zähle das Holz und telefoniere mit Abnehmern. Das Holz hier aus dem Wald soll Brennholz werden“, sagt sie.
Und während Stute Paula eine ausgiebige Pause mit ordentlichem Kraftfutter genießt, kann Pferdeführer Daniel Proske ein wenig durchschnaufen.