Langscheid. Langscheid ist geprägt vom Tourismus. Welche Kontroversen das bei den Einheimischen auslöst, erfahren Sie hier

Langscheid ist beliebt. Bei den alteingesessenen Langscheidern, die das Leben im Ort schätzen. Bei den Touristen, die hier gerne ein paar schöne Tage mit einzigartigen Blicken auf den Sorpesee genießen wollen. Und bei den Zugezogenen, die hier eine neue Heimat finden wollen. Zugleich haben diese drei Gruppen aber auch unterschiedliche Erwartungen und Vorstellungen, wenn sie an Langscheid denken. Und genau dieser Umstand stellt für Ortsvorsteher Michael Pellmann schon seit geraumer Zeit eine enorme Herausforderung dar. Seit 1995 übt Pellmann diese Funktion bereits aus. „Man muss ein dickes Fell haben und darf nicht nachtragend sein“, verrät Pellmann.

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Im Grunde sei der Ort in gewisser Weise zweigeteilt. Unten direkt am See befinde sich der Part Langscheids, der in erster Linie für Touristen und in zweiter Linie für die Zugezogenen interessant sei. Dort habe man Hotels, Pensionen und Restaurants im Bereich der Promenade. Dort befänden sich auch etliche Häuser und Wohnungen, die überwiegend am Wochenende oder nur zu bestimmten Zeiten des Jahres genutzt würden.

Bezahlbarer Wohnraum

Im oberen Bereich von Langscheid wiederum leben überwiegend die Menschen, die in Langscheid geboren wurden und auch in den örtlichen Vereinen aktiv sind – also quasi die Einheimischen. Hier oben befindet sich auch der eigentliche Ortskern mit dem Dorfplatz und der alten Kapelle. „Wir haben hier seit einiger Zeit das Problem, für junge Familien und Langscheider, die nach dem Studium oder einem beruflichen Wechsel wieder zurückkehren wollen, überhaupt bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Das sorgt dann auch bisweilen für große Unzufriedenheit“, erklärt Michael Pellmann.

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Außerdem sei die Infrastruktur in den letzten Jahren weggebrochen. Ein Arzt und ein Frischemarkt seien im Ort noch vertreten. Doch eine Apotheke gebe nicht mehr. Und auch bei den Kneipen sehe es schlecht aus. Ein regelrechtes Kneipensterbe habe im Laufe der Zeit eingesetzt. „Dem begegnen wir jetzt gemeinsam in der IG mit einer neuen Ehrenamtskneipe. Vereine und Initiativen aus Langscheid haben so die Möglichkeit, Geld einzunehmen und gleichzeitig das Dorfleben zu bereichern“, berichtet Pellmann die Motivation für das Projekt. Immerhin 26 Vereine und Gruppen gehören der Interessengemeinschaft Ortsring an.

Bloß kein Schlafort werden

Pellmann liegt viel daran, dass Langscheid nicht zum Schlafort verkommt, sondern ein buntes und abwechslungsreiches Dorfleben hat. „Die letzten beiden Jahre Corona haben viel zerstört und auch die Gemeinschaft beeinflusst. Man kann aber viele Probleme nur gemeinsam und im direkten Austausch lösen“, ist er sicher. Ein hoher Anteil von Seniorinnen und Senioren lebt im Ort und auch für die möchte Pellmann Angebote schaffen. Gerne greift der Ortsvorsteher bei wichtigen Themen auch zu pragmatischen Lösungen. So zum Beispiel bei der Grundschule. Die sollte eigentlich geschlossen werden.

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Seit 1995 ist Michael Pellmann Ortsvorsteher in Langscheid
Seit 1995 ist Michael Pellmann Ortsvorsteher in Langscheid © Eric ClaßeN

Doch Pellmann fand mit Unterstützer anderer Menschen aus dem Ort einen neuen Träger, der es nun weiterhin ermöglicht, dass die Langscheider Kinder im Ort zu Schule gehen können. Das vielleicht prägnanteste Bauwerk von Langscheid befindet sich auch im oberen Teil des Ortes – das Ehrenmal mit dem Aussichtsturm. Im 19. Jahrhundert im Zuge des deutschen Patriotismus errichtet, bietet der 20 Meter hohe Turm heutzutage einzigartige Blicke auf den Sorpesee und bei gutem Wetter auch weit ins Sauerland hinein. Das 1927 gebaute Ehrenmal wiederum gedenkt der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs. Und ein kleiner Tipp für die Weihnachtszeit: An jedem Samstag im Advent werden nachmittags vor dem Turm Weihnachtslieder gesungen und warme Getränke ausgeschenkt.

Ein wichtiges Projekt

Bleibt noch ein Punkt, bei dem Ortsvorsteher Michael Pellmann Unbehagen hat: das Seehof-Gelände. Denn das ehemalige Hotel ist verfallen und stellt am Ortseingang nicht unbedingt ein Aushängeschild dar. „Wir wollen hier an dieser Stelle eine Mischung aus Wohnraum und idealerweise einem neuen Hotelbetrieb. Deshalb sprechen wir auch weiterhin mit Investoren, die sich eine Kombination aus beidem vorstellen können. Denn zunächst gab es nur Interessenten, die lediglich exklusiven Wohnraum zu gesalzenen Preisen schaffen wollten. Aber genau das möchten wir ja begrenzen“, mahnt Pellmann. Es bleibt eine schmale Gratwanderung – die Entwicklung des Ortes und die Zufriedenheit aller Interessengruppen.