Sundern. Statt Mais zum Gewinn von Biogas, nutzt die Biogasanlage Hellefelder Höhe Sundern das, was da ist: Aus Bioabfall entsteht Energie und Kompost.
Potenzial ist da. Viel Potenzial. Mehrere Tausend Kompostwerke gibt es in Deutschland – nur einige Dutzend besitzen eine Biogasanlage, in der aus klassischem Bioabfall Energie gewonnen wird. Das Kompostwerk Hellefelder Höhe ist eins davon.
Seit 2019 wird hier nicht nur Kompost, sondern auch Ökostrom erzeugt – aus dem Bioabfall der Städte Arnsberg, Eslohe, Meschede und Sundern. Die Anlage mit ihrer nachhaltigen Technik wurde schon häufig nachgebaut.
Steigende Energiepreise: Gewinn
„Lange Zeit hat sich die Biogasanlage kaum gerechnet“, sagt Reimund Klute. Aufgrund von steigenden Energiepreisen bringt das Werk mittlerweile Gewinn. „Die Kunden können wir uns aussuchen, und die Preise höher ansetzen.“
Der Vorteil der Anlage: Der Strom wird hier bedarfsgerecht erzeugt.
1.200 Haushalte können mit Ökostrom versorgt werden
Was heißt das? Theoretisch könnten 1.200 Haushalte mit der Energie der Biogasanlage versorgt werden. „Wir produzieren allerdings nur dann Strom, wenn er fehlt“, sagt Klute. Zum Beispiel wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht – „Schwachpunkte sind meist morgens und abends.“
In der Zwischenzeit wird das Biogas in Lagern gespeichert. Das sind die kreisrunden Speicher mit der großen, grünen Abdeckung, die an die Kuppel eines alten Bauwerks erinnert.
Biogasanlage braucht halbe Arbeitskraft
Wenn es dann soweit ist, und Strom benötigt wird, muss die Anlage innerhalb von 60 Sekunden am Netz sein. Das läuft automatisiert. „Tatsächlich braucht die Biogasanlage quasi nicht mal eine ganze Arbeitskraft“, so Klute.
Etwa sechs oder sieben Mitarbeitende hat dafür das Kompostwerk nebenan. Und das wiederum ist natürlich ein fester Bestandteil der Anlage.
Kein Mais wird extra angebaut
Während andere Landwirte für ihre Biogasproduktion häufig Mais anbauen, der dem Boden viele seiner Nährstoffe raubt, wird die Energie in Sundern ausschließlich aus Bioabfall gewonnen.
Und aus dem Feststoff, der dabei übrig bleibt, wird Kompost gemacht. Der kommt dann wieder auf die Felder. „Hier findet ein Kreislauf statt. Dabei wird aus dem Abfall alles geholt, was möglich ist“, erklärt Klute.
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Bakterien verbrennen viel Kompost
Möglichst viel aus dem Biomüll zu holen – das war vor wenigen Jahren die Motivation für die Errichtung der Biogasanlage.
„Das Kompostwerk gibt es ja schon seit über 25 Jahren“, berichtet der Geschäftsführer. „Aber von über 20 Tausend Tonnen Biomüll im Jahr, bekamen wir nur 10 Tausend Tonnen Kompost und Erde wieder raus.“
Die andere Hälfte: Verbrannt. Nicht mit Feuer. Von Bakterien, die vom Abfall leben und ihn damit umwandeln. In Gas, Methan zum größten Teil. Und das soll noch seinen Nutzen haben.
Plastik und Metall sind Störstoffe
Dafür gilt es zuerst, die Bioabfälle von Störstoffen zu befreien. „Plastik gehört nicht in die Biotonne. Genauso Zigarettenstummel. Das Nikotin verunreinigt den Ertrag“, sagt Klute.
In den großen Müllbergen auf der Anlage blitzt immer wieder eine Einkaufstüte durch, metallene Deoflashen sind ebenfalls keine Seltenheit.
Ein beißender Geruch liegt in der Luft. Insgesamt machen die Störstoffe zwar nur knapp vier Prozent des Mülls aus. „Aber sie sind das einzige, was wir hier wirklich nicht weiterverwerten können und wieder wegfahren müssen.“
Was in die Biotonne kann
Sortiert wird der Müll per Hand. Ein Mitarbeiter des Kompostwerks sitzt in seinem kleinen Häuschen am Laufband, und fischt Obstnetze und Flaschen aus Grünschnitt und faulenden Äpfeln.
Unter seinem Arbeitsplatz steht ein Container voller Rest- und Verpackungsmüll. Gesiebt wird dann auch noch einmal. „Unseren Aufwand würde es natürlich erheblich verringern, wenn die Leute ihren Müll richtig trennen“, sagt Reimund Klute.
Appell an Sundern, Arnsberg, Meschede und Eslohe
Ein Appell an die Städte: Jegliche Reste vom Essen (auch Fleisch, eingewickelt in eine Zeitung), darf in der Biotonne landen. Flüssigkeiten wie Milch und Suppen dagegen nicht. Und natürlich kein Kunststoff oder Metall.
Wenn der Abfall nun also weitestgehend von Störstoffen befreit ist – „Q-Tipps zum Beispiel fallen durch fast jedes Sieb“ – geht es vor der Kompostierung erstmal in Richtung Biogasanlage.
Methan entsteht durch Bakterien
Sechs große Hallen zum Gewinn von Gas, sogenannte Fermenterboxen, hat die Hellefelder Höhe. Hier landet der Abfall. Und wird erstmal für drei Wochen luftdicht eingeschlossen.
Eine Flüssigkeit namens Perkolat wird in der Halle versprüht und regt die Arbeit der Bakterien an. Die kommen nämlich jetzt wieder ins Spiel. In der gesamten Zeit verarbeiten sie den Kompost. So, dass eine Vergärung stattfindet.
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Dabei entsteht das Methan. Schnell breitet es sich in den Boxen aus, und landet dann im Speicher. Hier kann es jederzeit in die Blockheizkraftwerke nebenan gepumpt werden – da wird dann Strom aus dem Biogas.
Warme Dünger-Berge
Für den Feststoff, der in den Boxen übrig bleibt, geht die Reise woanders hin: „Der Gärrest wird erstmal entwässert“, erklärt Klute.
Die Flüssigkeit, die dabei entsteht, wird im Nachgärer noch einmal vergoren, um auch ihr das enthaltene Gas zu entziehen. Das, was fest ist, wird weiterverarbeitet. Im Kompostwerk. Wertvolle Erde entsteht hier.
„In den großen Haufen herrschen Temperaturen von 60 Grad plus“, so Klute. Ungewöhnlich warm ist der Kompost, manchmal dampft er sogar.
Sein Geruch und sein Aussehen sind dem normaler Erde gleich. Aus dem Bioabfall der Städte wird einerseits Energie und andererseits neue Erde. Dann geht der Kreislauf von vorn los.
Ein Modell, das auch andere Kompostwerke dem Paradebeispiel in Sundern nachempfunden haben. „Es gibt aber noch viel mehr Möglichkeiten für verschiedene Werke, solche Anlagen zu installieren.“ Das Problem: Planung und Genehmigung nehmen gut und gern bis zu drei Jahre in Anspruch.