Sundern/Karlsruhe. Mehr als drei Jahre nach dem tödlichen Unfall auf der B 229 bei einem illegalen Rennen geht das Verfahren nun in die entscheidende Phase.

Der Raserprozess gegen zwei Autofahrer aus Hemer und Soest geht in eine entscheidende Phase. Da nach dem Urteil im Januar 2020 sowohl die damaligen Rechtsanwälte der beiden Männer als auch der Arnsberger Staatsanwalt Klaus Neulken Revision bzw. den Antrag auf Überprüfung eingelegt hatten, wird nun am 11. November beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe darüber entschieden, wie das Verfahren fortgesetzt oder beendet wird. Es läuft nun schon seit Mai 2019.

Zuvor hatte es am BGH, so erfuhr unsere Zeitung von der Staatsanwaltschaft Arnsberg, eine mündliche Verhandlungen mit den beteiligten Juristen gegeben. Nun soll am 11. November entschieden werden, wie das Verfahren weitergeführt wird. Denkbar sind mehrere Varianten, etwa die Rückverweisung an das Landgericht Arnsberg, aber auch die Bestätigung des Urteils.

Urteile im Januar 2020

Im Prozess um den tödlichen Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 229 zwischen Sundern-Hövel und Balve-Beckum am 1. August 2018 wurde am 21. Januar 2020 ein damals 43-jähriger Arzt aus Hemer vom Arnsberger Schwurgericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, er fuhr einen gelben Audi. Der mitangeklagte damals 58 Jahre alte kaufmännische Angestellte aus Soest, er fuhr damals einen Porsche, erhielt neun Monate auf Bewährung.

Zentrale Frage im Prozess war der Beweis eines illegalen Autorennens und die Beurteilung nach Aspekten des neuen Paragraphen 315 d (Illegale Autorennen). Den genauen Unfallhergang im Detail aufzuschlüsseln, fiel damals schwer, da sich der Arzt aus Hemer nicht an den Hergang erinnern konnte. Er stand zum Unfallzeitpunkt unter dem Einfluss von Alkohol. Zudem konnte er sich auch nicht an die genaue Fahrstrecke erinnern. Fixpunkte seiner langen Tour an diesem Tag durch das Sauerland waren sein Auftreten auf der Polizeiwache in Menden, wo er eine Anzeige gegen Ministerpräsident Armin Laschet stellen wollte, und später der Unfallort am Melscheder Forsthaus. Dort kollidierte der gelbe Audi Q 5 mit dem Golf einer Frau aus Enkhausen, die mit vier Bekannten unterwegs dorthin war. Bei dem Unfall starb eine Frau aus Neheim (70 Jahre), alle anderen Insassen wurden schwerstverletzt und mit mehreren Rettungshubschraubern in Spezialkliniken geflogen. Sie leiden bis heute unter den Folgen des Unfalls.

Radarfalle in Beckum

Obwohl ihn mehrere Zeugen gesehen hatten, eine Radarfalle ihn in Beckum erfasste, konnte die genaue Rolle und vor allem die exakte Position des Porschefahrers zum Unfallzeitpunkt nicht verifiziert werden. Auch die Farbe des Wagens war nicht definitiv festzumachen. Der Fahrer hüllte sich zunächst in Schweigen, später gab er an, dass er - von der Autobahn in Hüsten kommend - über Hachen und den Sorpesee durch Langscheid zur Kreuzung an der B 229 unterhalb von Hövel gefahren sei. Zeugen wollen die beiden sehr auffälligen Fahrzeuge aber schon an einer Kreuzung (L 544/K1 am Micheln Kreuz) aus Richtung Herdringen kommenden gesehen haben sowie später an der Kreuzung Kreisstraße/B 229 in Hövel.

Lücken und Schwächen

Das Verfahren deckte zahlreiche Lücken in den Ermittlungen und Schwächen auf. So war der gelbe Q 5 des Arztes aus Hemer unzulässigerweise aus der Sicherstellungshalle in Sundern, wo er seit dem Unfall stand, abgegeben und ausgeschlachtet worden. Die Polizei fand die Reste in Wuppertal bei einem Verwerter. Ebenso blieb eine angebliche Dashcam, die installiert worden sein soll, zunächst unauffindbar, tauchte dann aber in einer Schublade bei der Polizei auf. Das Verfahren litt zudem unter dem Fehlen einer Klimaanlage in den Gerichtsräumen und zog sich durch eine riesige Anzahl von immer neuen Anträgen der beiden Verteidiger, Volker Cramer und Constantin Kirschbaum, inzwischen Rechtsanwalt Andreas Trode (Iserlohn) das Mandat übernommen, in die Länge. Prozessbeginn war im Mai 2019, das Verfahren endete dann am 21. Januar 2020 nach 20 Verhandlungstagen.

Urteil zur Revision

Gemäß der Länge stand dem Vorsitzenden Richter Klaus-Peter Teipel am Landgericht auch entsprechend lange Zeit zur Urteilsbegründung und zur schriftlichen Aufarbeitung zu. Im Sommer 2020 gab es dann nach einer weiteren Frist nach der Zustellung des Urteils kurz nach Ostern 2020 die Revisionen des Staatsanwaltes sowie die Anträge der Verteidiger zur Überprüfung des Urteils. Und nun folgt also 22 Monaten nach dem ersten Urteilsspruch in Arnsberg ein Urteil zu dieser Revision am 11. November durch den 4. Strafsenat des BGH in Karlsruhe.