Sundern. Julia Welz ist Orthopädie- und Reha-Technikerin, kümmert sich ausschließlich um Tiere. Neben Hunden versorgt sie Katzen, Vögel und sogar Pferde.
„Ich bin immer wieder fasziniert, von wo meine Kunden überall her kommen – damit ihren Tieren geholfen werden kann“, schreibt Julia Welz auf ihrer Homepage. Tatsächlich haben schon Tierfreunde aus vielen Ecken Deutschlands – und sogar aus den Niederlanden und aus Österreichs Metropole Wien – den Weg nach Sundern gefunden – in Sorge um ihre Schützlinge und voller Hoffnung, ihnen ein besseres Leben bieten zu können.
Eine Fülle unterschiedlicher Krankheitsbilder und Verletzungen
Wegen der Fülle unterschiedlicher Krankheitsbilder und Verletzungen ist eine persönliche Beratung und Vorstellung des Tieres unumgänglich. Neben der Konsultation eines Tierarztes empfiehlt sich die Einbindung eines Tierphysiotherapeuten, um bestmögliche Ergebnisse zu erreichen.Orthesen (Schienen) unterstützen Gliedmaßen und Rumpf, lindern Schmerzen, beugen Haltungsschäden vor. Prothesen ersetzen ein fehlendes, amputiertes oder geschädigtes Körperteil.Info/Kontakt online: https://www.tieragil.de/
Und eigentlich immer wird dieser Wunsch auch erfüllt, denn Julia ist Spezialistin für Orthopädie- und Reha-Technik – für tierische Patienten, wohl gemerkt. Ihre individuell gefertigten Hilfsmittel haben bei Vögeln, Hunden, Katzen und Pferden – die nicht selten an mehreren Gliedmaßen geschädigt sind oder diese sogar verloren haben – häufig Wunder gewirkt.
Kein Zauberwerk
Obwohl, mit Zauberei hat das nichts zu tun, dahinter steckt fundierte, handwerklich geschickte Arbeit: „Für Menschen gibt es schon lange die Möglichkeit, sich mit Prothesen oder Orthesen versorgen zu lassen“, sagt die Sundernerin, die zunächst auch Zweibeiner behandelt hat. Nach einer Lehre zum Orthopädie- und Rehatechniker studierte sie an der TH Gießen, parallel zum Studium machte sie ihre Meisterprüfung – darf sich heute Diplom-Ingenieurin und Meisterin für Orthopädie- und Rehatechnik nennen.
Geballtes Fachwissen, von dem seit einigen Jahren nur noch Vierbeiner (und manchmal tierische Zweibeiner) profitieren.
2013 in Teilzeit gestartet, ist daraus inzwischen Hauptberuf und Berufung geworden, mit eigener Werkstatt/Praxis im ausgebauten Erdgeschoss ihres Heims am Elsternhagen, im Zentrum des Ortsteils Sundern gelegen.
Dort wurde schon so manches „Sorgenkind“ vorstellig, auch während der Coronakrise. „Seit der Pandemie rennen mir die Leute förmlich die Bude ein“, kann sich Julia Welz über Mangel an Patienten wahrlich nicht beklagen. Wohl auch, weil immer mehr Menschen einen Hund als Gefährten wählen; nicht selten aus dem Tierschutz. Und in Ost- und Südeuropa werden Fellnasen häufig misshandelt, verunfallen oder geraten in Fallen.
„Tierische“ Sportverletzungen
Aber auch „tierische“ Sportverletzungen, verursacht durch Fehlbelastung, sind alltägliche Krankheitsbilder, ebenso wie Tumorerkrankungen in den Gliedmaßen – letztere übrigens nicht nur bei alten und gebrechlichen Hunden.
„Zwei Drittel meiner Patienten versorge ich mit Prothesen“, berichtet die Orthopädie-Technikerin, amputierte Pfoten oder sogar Beine gilt es zu ersetzen – wie zum Beispiel bei Ole: Der etwa Schäferhund große Mischling kommt derzeit mit Herrchen aus dem Westerwald zur Behandlung, ist erst ca. ein Jahr alt – und muss sich ohne Hinterpfoten durchs Leben schnüffeln. Das gelingt ihm, nur auf den Vorderpfoten, zwar recht gut (!) – belastet seine Physis aber sehr. Bald sind die Prothesen angepasst– und er kann das erste mal in seinem Leben auf vier „Pfoten“ laufen; vorausgesetzt, Mensch und Hund üben den Umgang mit den – anfangs etwas fremden, ungewohnten – Hilfsmitteln.
Übung macht den Meister – und ist ebenso wichtig wie eine fachgerechte Amputation für Prothesenversorgungen durch den behandelnden Veterinär: „Die Kleintierpraxis in Stemel ist auf diesem Gebiet sehr erfahren“, berichtet Julia von ihrer Kooperation mit der Tierärztin Dr. Yvonne Mense, Spezialistin für „Verletzungen am Bewegungsapparat“ .
Individuelle Fertigung
„Wir könnten ein Buch schreiben“, meint Julia Welz schmunzelnd mit Blick auf die zunehmende Arbeit mit gehbehinderten Hunden – aber dafür bleibt keine Zeit… Schließlich fertigt sie die Hilfsmittel für jedes Tier individuell nach Maß und Gipsabdruck an – weil jedes Tier genauso individuell und besonders ist.
Das braucht Geduld und Zeit, wird aber belohnt, vor allem mit einem treuen Blick aus den Augen von Ole und Co.