Sundern. Vermutlich am nächsten Samstag wird ein Urteil im Drogenbanden-Prozess von Sundern fallen. Stand der Dinge in dem Mammutverfahren.

Es war ein Paukenschlag für Sundern: Razzien, Verhaftungen und sichergestellte Drogen im riesigen Ausmaß. Schlagartig stand Mitte Februar 2020 die Drogenszene der Röhrstadt im grellen Licht der Fahnder. Nun geht der Mammutprozess um die vermeintliche Drogenbande aus Sundern nach monatelangen Verhandlungen am Samstag, 13. März, vor dem Landgericht mit dem Urteil zu Ende.

Während im Sitzungssaal 2 des Arnsberger Landgerichts seit August 2020 regelmäßig verhandelt wird, hat die Öffentlichkeit aufgrund der zahlreichen Prozesstage und der Verschiebungen inzwischen die Übersicht verloren. Hier eine Übersicht über Entwicklungen und den Verfahrensstand.

Die Staatsanwaltschaft

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist nun der Fall Drogenbande Sundern abgeschlossen: „Die letzte Maßnahme, die in diesem Komplex getroffen wurde, ist vor zwei Wochen mit einem weiteren Fahndungserfolg in zwei Arnsberger Wohnungen umgesetzt worden“, sagt Pressestaatsanwalt Thomas Poggel auf Anfrage unserer Zeitung. Sichergestellt bei den beiden 37- und 39-jährigen Arnsbergern wurden 2 kg Amphetamin im Wert von 50.000 Euro. Bis aber auch dieser Nebenarm des Sunderner Komplexes vor Gericht abgeschlossen sein wird, werden noch weitere Monate vergehen.

Der Beginn 2019

Begonnen hatten die unterschiedlichsten Observationsmaßnahmen schon im Herbst 2019. Wie es genau dazu kam, dazu schweigt die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen: „Gerade im Bereich der

Betäubungsmittelkriminalität führt ein Ermittlungserfolg oder auch ein Zufallsfund zu weiteren Spuren“, bleibt Polizeipressesprecher Sebastian Held bewusst etwas vage. Die Nachforschungen, zu denen zahlreiche Observationsmaßnahmen durch mobile Einsatzkommandos der Kripo von außerhalb sowie Telefonüberwachungen von etlichen Beteiligten aus Sundern gehörten, wurde dann öffentlich, als am 15. Februar 2020 auf einer Tankstelle an der B 7 in Meschede ein 29-jähriger Sunderner während seiner Verkaufstour im oberen Sauerland verhaftet wurde. Es folgten in den nächsten Tagen die umfangreichen Razzien: „Das war dann wie ein Domino-Effekt“, erklärt Held dazu.

Die Käufer

„Selbstverständlich werden in solchen Fällen auch Ermittlungen gegen mutmaßliche Käufer geführt“, bestätigt die Kreispolizeibehörde unserer Zeitung. Und da sei es manchmal schon entscheidend für die Behörden, ob jemand schweige oder sich kooperativ zeige, erklärt Pressestaatsanwalt Thomas Poggel: „Meistens haben solche Abnehmer immer mehrere Lieferanten. Wenn dabei neue Namen auftauchen, sind wir schon wieder ein Stück weiter.“

Das Banden-Verfahren

Das Verfahren am Landgericht begann im August 2020, wurde aber nach sechs Tagen abgebrochen, weil eine Richterin erkrankte und die Fristen nicht gehalten werden konnten. Anfang Dezember startete der Prozess ganz von vorn, allerdings stand auch er unter einem schlechten Stern: Mal war es der Schnee, zuletzt eine Corona-Erkrankung, die das Verfahren in die Länge zog. Dazu rückten immer wieder der 15. Februar und die Umstände der Verhaftung in den Mittelpunkt. Und auch der Abschluss ist in dieser Form ein Unikat: An einem Samstag ist im Landgericht äußerst selten geurteilt worden. Aber es stehen große Hürden und das Gespenst eines abermaligen Beginns im Raum. Die fünf Angeklagten müssen mit langjährigen Haftstrafen rechnen, allerdings sitzen zwei von ihnen seit 13 Monaten in U-Haft. Zu den Höhen der Strafe hatte es zu Beginn des Prozesses sowohl im Sommer als auch im Dezember Gespräche aller Beteiligten gegeben: Es sollte aber eine umfassende Kooperation der Angeklagten erkennbar sein, hatte Vorsitzende Richterin Dorina Henkel damals mit auf den Weg gegeben.

Verfahren abgetrennt

Für einen der drei Haupttäter im Bandenprozess, einen 29-jährigen Sunderner, geht es jetzt in einem abgetrennten Verfahren vor dem Landgericht weiter. Beginn dieses Prozesses ist am Freitag, 19. März.

Im bisherigen Verlauf stand der Mann, der von Staatsanwaltschaft als Kontaktperson zu Großkunden angesehen wird, immer wieder im Mittelpunkt. Das nicht ohne Grund: Denn nach seiner Verhaftung unter tumultartigen Umständen an einer Tankstelle in Meschede startete die Polizei die umfangreichen Razzien mit anschließenden Verhaftungen in Sundern, Endorf und Amecke.

Starke Gegensätze

Wie diese Verhaftung im Februar 2020 ablief, da gehen die Ansichten im Gerichtssaal diametral auseinander, je nachdem, welche Seite diesen Vorgang betrachtet: Verteidiger Wolfgang Niekrens sieht, dass sein Mandant von den Einsatzkräften misshandelt wurde. Hingegen sind sich die Polizisten, die bisher als Zeugen im Verfahren gehört wurden, sicher, dass der 29-Jährige Beweismittel (Amphetamin-Öl) in einem Gully entsorgen wollte. Das wiederum wollten die eingesetzten Beamten der Drogeneinheit der Kripo verhindern. Allerdings verweigern die Beamten jegliche Aussagen ab dem Punkt der Verkehrskontrolle, an dem der Sunderner seinen Kofferraum öffnen sollte und das Öl und ein großes Messer sichtbar wurden.

Anzeige gegen Beamte

Hintergrund: Die Verteidigung hat eine Anzeige wegen Körperverletzung im Amt gegen die eingesetzten Beamten erstattet. Eine Entscheidung, ob ein Verfahren eröffnet wird, steht noch aus, so die Staatsanwaltschaft am Freitag.