Siegen. Pen & Paper vereint Rollenspiel und Gesellschaftsspiel – dabei sind die Spieler frei in der Wahl des Szenarios und des Ablaufs.

Wer fleißig die aktuellen Serienhits verfolgt, kommt an einer besonders erfolgreichen Show nicht vorbei: Stranger Things. Die Serie spielt in den 80er Jahren und schon in der ersten Folge zocken die Protagonisten ein zunächst seltsam anmutendes Spiel: Dungeons & Dragons.

Dabei werden bemalte Figuren über erdachte Spielfelder gelenkt und durch selbst kreierte Abenteuer geleitet. Es ist eine Form des Pen & Paper, die das Fundament der Serie vorgibt, aber nur oberflächlich erläutert wird. Zum Aufdröseln der Verständnisschwierigkeiten habe ich mich mit zwei Studis der Uni Siegen getroffen, die sich regelmäßig in erdachte Welten stürzen.

Gerade bestreiten sie ein Weltraumszenario, denn die Grenzen der Welten sind nur durch die eigene Fantasie gesetzt. Moritz Rossmann (25, studiert Integrative Förderpädagogik mit Englisch und Philosophie für Haupt- Real- und Gesamtschule) und Paul Rodewies (23, studiert Deutsch und Sozialwissenschaften auf Lehramt) berichten über ihr anregendes und aufwendiges Hobby.

Was ist das überhaupt?
Es gibt keine vorgefertigten Spielbretter. Keine Audiodateien, die abgespielt werden (außer zur stimmungsvollen Untermalung). Im Vordergrund des Pen & Papers stehen die Ideen der Spieler. Ein Spielleiter – dieser führt durch das Abenteuer – wird auserkoren. Dann wird ein Setting festgelegt – beispielsweise mittelalterliches Fantasy, Steampunk oder die unergründeten Weiten des Weltalls – in dem die individuelle Geschichte stattfindet. Das einzige vorher feststehende Element ist ein bereits bestehendes Regelwerk, das in Situationen darüber entscheidet, welche Aktionen Erfolg oder Misserfolg zur Folge haben.

Charaktere und Spielbretter werden selbst gestaltet: „Wir malen manchmal Karten selber und schreiben auch unsere Charaktere selbst. In der Freizeit kann man auch mal seinen Charakter malen“, erzählt Moritz. Der Spielleiter überlegt sich dann Missionen und Rätsel, die es zu bewältigen gilt. Dabei müssen die Mitspieler (in ihren jeweiligen Rollen!) miteinander kommunizieren, um gemeinsam gegen die Gefahren vorzugehen. Ein gewisser Hang zur Fantastik sollte gegeben sein. Doch woher stammt dieser eigentlich bei Moritz?

Woher kommt diese Faszination?
Moritz’ Hingabe für Fantasywelten wurzelt in seiner Begeisterung für Computerspiele. Über seinen Vater geleitet – der sich seinerseits auch mit verschiedenen Arten des P&P beschäftigt hat – wurde er auf einen regelmäßig stattfindenden Spieleabend am Emmy-Noether-Campus der Uni Siegen aufmerksam. Veranstaltet vom Mathematik Fachschafts Rat können dort Einsteiger, aber auch Fortgeschrittene ihrem Hobby nachgehen.

„Mittlerweile können wir einen Star-Wars-Charakter in einer halben Stunde bauen“, erklärt er mir. Nach Beantwortung einiger Fragen in Bezug auf meine Gesinnung und Fertigkeiten kann ich folglich einsteigerfreundlich in das Abenteuer einsteigen. Der Spielleiter hingegen muss deutlich mehr Zeit aufwenden. Allein für den vergangenen Montag hat Paul bereits zwei bis drei Stunden über den Tag investiert, denn die Aufgaben sollen für alle Beteiligten lösbar sein und müssen daher an die Spielerzahl und deren Erfahrungen angepasst werden.

Paul – der aktuelle Spielleiter der Runde – empfiehlt daher Einsteigern: „Sprecht vorher mit dem Spielleiter. Der muss sich auch überlegen, was er mit der Geschichte der einzelnen Figuren machen kann. Der Spielleiter macht sich auch Gedanken über das soziale Konstrukt und die Themen.“

Was macht das Ganze so besonders?
Die Zeiten der 80er sind lange vorbei und mit fortschreitender Technik können heutzutage Spielwelten geschaffen werden, die schier unendlich scheinen. Auch für den heimischen Küchentisch gibt es jährlich unzählige neu erscheinende Spielvarianten. Und doch beeindruckt P&P durch eine Option, die es in den meisten anderen Ausprägungen nicht gibt: „Absolute Entscheidungsfreiheit. Man könnte es tun! Man kann sogar manchmal den Spielleiter überzeugen, dass etwas funktioniert“, schwärmt Moritz. „Manchmal wird sehr ernst und mit sehr viel Rollenspiel gezockt. Nichts ist ganz abhängig von vorgefertigten Medien“, ergänzt Paul die schier endlosen Möglichkeiten.

„Habt keine Angst, einfach irgendwo hinzugehen und zu fragen, ob es eine Spielgruppe, bei der man einsteigen kann. Man braucht nur einen Stift und einen Block. Alles andere kommt mit der Zeit“, schließt Moritz das Interview. Mich hat er damit überzeugt und ich freue mich schon auf die kommenden Runden.