Kreuztal. Kreuztaler Stadtbibliothek öffnet sich für Gamer, Brett- und Rollenspieler. Bibliothekar Wassilios Dimtsos war schon früh Fan von Brettspielen oder Nintendo - die Leidenschaft will er mit anderen teilen
Der Eiserne Thron, von dem aus König Robert Baratheon den Kontinent Westeros regiert hat, ist verwaist. Mit Rittern, Schiffen, Fußsoldaten und Belagerungsmaschinen kämpfen konkurrierende Adelshäuser um den Thron. Und: Der Große Alte will die Welt zerstören — Ermittler kämpfen gegen Monster, um das Rätsel von Eldritch Horror zu lösen. In der Kreuztaler Stadtbibliothek. Zu sehen davon ist nichts als der Tisch und das darauf aufgebaute Brettspiel. Das phantastische Geschehen spielt sich in den Köpfen ab.
Mit dem „Eisernen Thron“ und mit „Eldritch Horror“ möchte Wassilios Dimtsos den Spieletreff in der Stadtbibliothek starten, zunächst einmal am ersten Freitagnachmittag jedes Monats.
Spiele?
Nicht die für Kinder, die das in der Bibliothek sowieso längst tun. Sondern die für die Großen, die mit Monopoly und Risiko durch sind und mit den Spieleabenden mit befreundeten Ehepaaren auch. „Es ist auch mal schön, an einem öffentlichen Platz zu spielen“, weiß der Bibliothekar. Man kann neue Spiele ausprobieren. Sich von anderen die Regeln erklären lassen – was bei den dicken Wälzern im Karton durchaus Sinn macht. Und, auch nicht ganz unwichtig, neue Leute kennenlernen.
Brettspiele — ist das nicht altmodisch?
„Könnte man so sehen“, sagt Wassilios Dimtsos achselzuckend. Dass die Frage eigentlich belanglos ist, ergibt sich, wenn man nur für ein paar Momente eintaucht in die fantastischen Welten des Eisernen Throns — die TV-Serie heißt „Game of Thrones“ — , die sich schon mit Schlachtenglückkarten verändern lassen. Oder wenn man den „Pathfindern“ auf ihren Abenteuern folgt. Letzteres eigentlich ein Rollenspiel, für das man nur Stift und Papier braucht. Das aber auch, wie der deutsche Klassiker „Das schwarze Auge“, ganze Regale mit Handbüchern über Abenteuer und Charaktere, füllt. Mit solchen Hilfen, sagt Wassilios Dimtsos, kann sogar der Einsteiger direkt loslegen. Er — tatsächlich gibt es deutlich mehr Spieler als Spielerinnen — braucht nur eins: „Vorstellungskraft.“
Spielen in der Bibliothek?
Keine Frage für Wassilios Dimtsos. Dafür ist er hier. Als der 27-Jährige im März 2014 in Kreuztal anfing, hat er sein Hobby zum Beruf machen können: In der Bibliothek betreut er die Spiele – wozu nicht nur die Brett- und Rollenspiele gehören, sondern auch die Games, die über den PC und die Konsolen laufen. Der Umzug ins Stadtzentrum bescherte Platz für die wachsende Abteilung. Und den Veranstaltungsraum. „Durch die Games haben wir viele neue Nutzer gewonnen“, beobachtet Wassilios Dimtsos. Und die haben mit ihm einen versierten Ansprechpartner. „Ich kenne mich da gut aus.“
Wie hat das alles angefangen?
Der Bibliothekar, der in Düren groß geworden ist, kennt die Literatur zum Thema, liest die Zeitschriften, verfolgt die sozialen Netzwerke und deren Entwicklung: Twitch ist angesagt, ein Streaming-Dienst, in dem Videospiele live übertragen werden. Und er spielt natürlich selbst. „Ich bin Gamer, seit ich fünf Jahre alt war.“ Zuerst war es der Nintendo. Später, mit 13, kamen die Brettspiele dazu. Dank der älteren Schwester. „Von allein hätte ich das nicht gemacht.“ Vor allem in Köln, sagt Dimtsos, sei es kein Problem, Gleichgesinnte zu finden. Im Siegerland braucht es ein bisschen mehr Zeit. Wassilios Dimtsos arbeitet daran. „Es ist ja auch ein Hobby, das nicht jeder hat.“
Was hat die „Meuterei auf der Wermuth“ mit Brecht zu tun? Wie passt der „Aventurische Bote“ zur Frankfurter Allgemeinen?
„Das eine schließt das andere überhaupt nicht aus.“ In der Bibliothek begegnen sich Menschen und (Vorstellungs-)Welten. Und letztlich auch die verschiedenen medialen Entwicklungsstufen. „Wenn man ein Buch liest, schafft man sich seine eigenen Bilder. Im Kino bekommt man die Bilder vorgeführt.“ Nicht anders ist das beim Spielen, wenn man sich nicht vom Rechner durch Westeros jagen lässt. Und jetzt soll es losgehen. Damit die Spieler munter werden, wünscht sich Wassilios Dimtsos jetzt nur noch eins: schlechtes Wetter.
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