Siegerland. Heimat-Check: „Schreiben Sie Ihrer Stadt ein Zeugnis“, so der Aufruf an die Leser im Siegerland. Das taten sie. Gesamturteil: Licht und Schatten.
„Schreiben Sie Ihrer Stadt ein Zeugnis“. Unserer Einladung sind viele Leserinnen und Leser gefolgt. Auf dieser Doppelseite geben wir einen ersten Überblick über die Bewertungen für jede Stadt und Gemeinde im Siegerland – was sich hinter den Durchschnittsnoten verbirgt, werden in den nächsten Wochen, jeweils dienstags und freitags, im Detail vorstellen. Heute soll das Gesamturteil im Mittelpunkt stehen.
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Die Rangfolge der Kommunen im Siegeralnd
„Wie gern leben Sie in Ihrem Ort?“ Fünf von sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmern an unserem Heimat-Check haben der Gemeinde Wilnsdorf die Schulnoten „Sehr gut“ und „Gut“ vergeben. Daraus ergibt sich die Gesamtnote 1,79. Auf Rang 2 steht Freudenberg: Gut drei Viertel der Freudenberger Zeugnisse enthielten eine „1“ oder eine „2“ bei der Frage nach der Zufriedenheit, macht 1,94. Platz 3 belegt Burbach. Hier gaben sieben von zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern ihrem Heimatort die Bestnoten – unterm Strich führt das zur Gesamtnote 2,06. Am Ende der Rangliste nimmt die Zufriedenheit offensichtlich mit der Größe der Stadt ab. Warum das so ist, dafür gibt es Anhaltspunkte in den vielen Anmerkungen, mit denen unsere Leserinnen und Leser ihre Heimatchecks kommentiert haben.
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Zufrieden mit der Siegerländer Kommune, aber...
In vielen Heimatzeugnissen ist die gute Note mit einem „Trotzdem“ verbunden. Seinen Wohn- oder Heimatort zu mögen, bedeutet nicht, keine Kritik zu üben oder keine Wünsche zu haben. „Ich liebe Siegen“, schreibt zum Beispiel jemand unter ein Heimatzeugnis, „aber es gibt einiges, was sich hier ändern sollte.“ Oder in einem Zeugnis für Burbach: „Hier ist es einfach schön, wenn auch nicht perfekt.“ Und für den „Gewinner“ Wilnsdorf: „Die Anbindung an die A 45 ist eben nicht alles, was eine gute Gemeinde auszeichnet.“ Und so verbirgt sich hinter mancher Bewertung ein deutliches „Sowohl als auch“: „Die Siegerländer sind stur. Als Zugezogener hat man es schwer, in die Vereine und ins Dorfleben zu kommen und akzeptiert zu werden. Trotzdem liebe ich das kleine Örtchen.“
In den Heimat-Checks wird das Notenspektrum in den einzelnen Fächern voll ausgeschöpft – wir wollen in den nächsten Wochen den Einzelheiten auf den Grund gehen.
Was den Menschen im Siegerland wirklich wichtig ist
Deutlich werden wird, wie verschieden die Ansprüche an einen Ort sein können: Wer in einer ländlichen Gemeinde zu Hause ist, setzt gelegentlich andere Prioritäten als der Bewohner einer größeren Kommune. Deshalb können auch manche Bewertungen auf den ersten Blick widersprüchlich wirken: So erhält Neunkirchen die besten Noten für die medizinische Versorgung – obwohl es dort kein Krankenhaus gibt. Und Siegen die schlechtesten Noten für den öffentlichen Nahverkehr – obwohl nirgendwo mehr Busse fahren als dort. Ein Beispiel aus Kreuztal, das in diesem Zeugnis eben nicht mit städtischem Angebot punkten kann: „Ich möchte zeitnah in eine ruhigere, saubere Umgebung umziehen, auch wenn die Infrastruktur dort vielleicht nicht besser ist. Ich möchte mich wenigstens zu Hause wohl fühlen.“
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Im Durchschnitt aller Zeugnisse wird die Zufriedenheit mit dem eigenen Ort überall am besten bewertet – und das Angebot auf dem Wohnungs- und Baulandmarkt am schlechtesten. Beim Blick auf die einzelnen Kommunen gibt es Abstufungen: Die Zufriedenheitsnoten sind nur in Wilnsdorf und Freudenberg auch die besten Einzelbewertungen. In Burbach, Hilchenbach und Netphen schneidet der Aspekt der Sicherheit am besten ab, Kreuztal und Siegen punkten am besten mit ihren Einkaufsmöglichkeiten.
Eine Durchschnittsnote sagt nichts über die individuellen Urteile aus: Auch Wilnsdorf hat sich im Zufriedenheits-Ranking ein paar 4en geholt. Und seiner Heimatstadt Siegen hat immerhin fast jeder Fünfte eine 1 gegeben.
Überall im Siegerland: Licht und Schatten
Manche Kritik ist grundsätzlich: „Normalerweise müssten Einwohner was dafür bekommen, dass sie hier wohnen“, heißt es in einem Zeugnis für Siegen. Und: „Kreuztal als Stadt wirkt ärmlich und schmuddelig.“ Hier nahezu vernichtend: „Hilchenbach ist spießig und denunziant.“ Eine „Studentenstadt“ – das muss nicht positiv gemeint sein: „Sobald wir in Rente sind, werden wir Siegen wahrscheinlich verlassen – obwohl wir früher noch nicht mal in Urlaub wollten, weil es uns hier gefiel.“
Und manches Lob ist überschwänglich: „Ich liebeeeeee Neunkirchen.“ Folgen vier Ausrufezeichen und ein Herz. „Hainchen ist das Beste, was uns passieren konnte. Ich liebe das Leben hier, die Menschen sind sehr aufgeschlossen und hilfsbereit.“ Auch andere Dörfer haben Fans: „Ich habe immer gesagt, wenn ich ins Siegerland ziehe, dann gerne nach Unglinghausen. Den Zusammenhalt und die tolle Nachbarschaft kenne ich sonst nur aus dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin.“
Siegen – nur noch eine Stadt für Junge?
Dann die positive Deutung der „Studentenstadt“: „Ich empfinde mehr Lebendigkeit durch junge Menschen in der Stadt.“ Oder: „Siegen ist nicht nur meine Geburtsstadt, sondern inzwischen eine Stadt, in der ich sehr gern lebe.“ Ebenso: „Siegen ist meine Heimat und ich lebe gern hier.“ Siegen – nur noch eine Stadt für Junge? Auch da gibt es die entgegengesetzte Wahrnehmung: „Ich sehe inzwischen sehr viele positiv Entwicklungen, diese Stadt für alle Altersgruppen attraktiv zu machen.“
Oder: „Müsen ist einzigartig“ – mit einen Smiley dahinter. Ganz einfach auch: „Jetzt lebe ich in Vormwald und möchte hier nicht wieder weg.“ Überhaupt Hilchenbach: „Wenn man nicht immer nur das Beste und Schnellste sofort haben will, lebt man hier in Hilchenbach ganz prima.“, heißt es in einer Anmerkung unter einem Stadt-Zeugnis. „Wir sind vor gut sechs Jahren aus Siegen kommend nach Hilchenbach gezogen, und es war die beste Entscheidung. Wir fühlen uns hier total wohl.“ Natürlich hat auch Kreuztal Freunde – der vorletzte Platz im Zufriedenheits-Ranking täuscht darüber hinweg, dass auch hier zwei Drittel ihrer Stadt eine 1 oder 2 geben: „Ich leb hier echt gern.“
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