Siegen. . Ein 31-jähriger Mann aus Kreuztal ist in einem Prozess vom Vorwurf der Vergewaltigung einer 22-jährigen Frau frei gesprochen worden. Das Siegener Schöffengericht urteilte unter dem Vorsitz von Richter Uwe Stark. Dem Angeklagten wurde kein Vorsatz nachgewiesen.
Der erste Blick ging gen Himmel, dann atmete der 31-Jährige tief durch. Das Siegener Schöffengericht hatte ihn soeben vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Ein schwerwiegender Vorwurf, wegen dem seine Familie seit einem Jahr auf Distanz geht und er seinen Job als Türsteher verloren hatte.
Dabei fing der Abend des 4. Januar 2012 schön an. Der Kreuztaler war mit seinen Freunden in einer Siegener Diskothek, trank ein paar Jägermeister und lernte eine attraktive, fröhliche 22-Jährige kennen. „Sie stand plötzlich direkt vor mir und lächelte mich an“, sagte der Kreuztaler. Die 22-jährige Thailänderin war mit ihrer Freundin unterwegs: tanzen, ein paar Drinks, Spaß haben.
Alle drei blieben, bis die Disko am frühen Morgen schloss. An der Bushaltestelle gab der Angeklagte der jungen Frau seine Jacke, nahm sie in den Arm, um sie zu wärmen. Im Bus war schnell klar, sie kommt mit zu ihm, die Freundin fuhr weiter. Mit dem Taxi ging es schließlich zur Wohnung seiner Eltern nach Buschhütten. Bis dahin decken sich beide Aussagen. Doch darüber, was schließlich gegen 6 Uhr geschah, gehen die Erinnerungen auseinander.
Angeklagter spricht von einvernehmlichen Sex
Nach Aussage des Angeklagten habe es sich in der Nacht um einvernehmlichen Sex gehandelt. Mit Küssen, aber ohne Kondom. Leise und im Dunkeln, weil nebenan die Eltern schliefen. Für die Abdrücke an den Handgelenken der jungen Frau, die später im Marienkrankenhaus dokumentiert wurden, habe er keine Erklärung. Am nächsten Tag habe er erst in einem Internetforum erfahren, dass die Frau bei der Polizei angegeben habe, dass sie vergewaltigt worden sei. „Ich habe mich daraufhin sofort bei der Polizei gemeldet.“
Die 22-Jährige sagte hingegen aus, dass sie nur bei ihm übernachten wollte, ein „bisschen kuscheln“ vielleicht, mehr nicht. Ja, es habe Küsse gegeben. Als er mit ihr schlafen wollte, habe sie zweimal gesagt: „Nein, ich möchte das nicht.“ Den Mann habe sie dann aber doch gewähren lassen. „Ich mache mir Vorwürfe, weil ich freiwillig mit zu ihm gefahren bin“, sagte sie.
Böse sei sie nicht auf den 31-jährigen Angeklagten. Um dann kurz nachher wieder zu sagen, „Ja, ich bin ihm böse.“ Mehrmals verhedderte sie sich in ihren Sätzen, fragte häufig nach, weil ihr die deutschen Vokabeln fehlen. Die junge Frau auf dem Stuhl in der Mitte des Saals 183 wirkt schüchtern. Ihre Cousine und eine Freundin werden später aussagen, dass sie sich seit der Nacht in der Buschhüttener Wohnung verändert habe. „Sie geht nicht mehr so offen auf Menschen zu wie früher, verlässt allein kaum noch das Haus“, erzählt die Freundin. Freunde beschreiben sie als Menschen, der normalerweise viel spricht und lacht.
Aussage gegen Aussage
Diese Wesensveränderung gehört zu den Punkten, die für Staatsanwältin Pia Knebel eine Vergewaltigung wahrscheinlich machen. „Hierbei handelt es sich, wie so oft, um Aussage gegen Aussage. In der Nacht waren nur die beiden dabei“, sagt sie und plädierte trotz vorhandener Zweifel für einen Freispruch. Für Richter Uwe Stark ist jedoch nach kurzer Beratung mit den Schöffen klar. „Hierbei handelt es in strafrechtlicher Hinsicht nicht um eine klassische Vergewaltigung. Ich kann keinen Vorsatz erkennen.“ Die Frau habe dem Mann klare Signale gesendet.