Bad Berleburg. (hal) Geschlagene 45 Minuten benötigte gestern ein 67-jähriger Rentner aus Bad Laasphe, um sich zu folgendem Satz durchzuringen: „Ja, ich gebe das zu!” Mit dieser Aussage hat er seinem Vergewaltigungsopfer eine eigene Aussage vor Gericht erspart.
Folgendes hat sich im August vergangenen Jahres zugetragen. Eine Frau aus Vietnam - das Alter wurde nicht genannt - besuchte ihre Tochter, die in Siegen mit einem deutschen Mann verheiratet ist.
Alle drei beschließen, einen Ehemann für die Mutter zu finden und geben eine entsprechende Kontaktanzeige auf. Mehrere Interessenten, darunter auch der Bad Laaspher, melden sich. Die Tochter entscheidet sich für den 67-Jährigen, der nach kurzer Zeit gemeinsam in seiner Laaspher Wohnung besucht wird.
Es kommt zu einer weiteren Entscheidung, die der Verteidiger, Rechtsanwalt Frank Henk, als „erhebliches Mitverschulden” bezeichnete: Tochter und Ehemann treten die Rückreise in die Krönchenstadt ohne Mutter an, die am gleichen Abend gemeinsam mit dem Mann das Altstadtfest besucht.
Anschließend wird es ernst. Die Beiden kehren in die Wohnung zurück. Der Beschuldigte versucht, die Vietnamesin zu küssen. Wenig später zerrt er sein wehrloses Opfer ins Schlafzimmer, wo sie von dem Rentner brutal vergewaltigt wird.
Vor Gericht sprach der Bad Laaspher gestern von Zärtlichkeiten, die von „beiden Seiten ausgegangen” sein sollen. Zudem soll sich die Frau ihm gegenüber nicht verweigert haben. Gewalt? Keinesfalls!
Rund 15 Minuten benötigte gestern Strafrichter Torsten Hoffmann, um das polizeiliche Vernehmungsprotokoll des Opfers zu verlesen, das mit den Ausführungen des potentiellen Täters wenig gemein hatte.
Mehrfach hatte die Frau, die der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig war, das Wort „wong” (gesprochen: kaum), formuliert. Das steht in Vietnam für „Nein!” Weiterhin hieß es im Protokoll: „Ich habe geweint, aber es war ihm scheißegal!”
Warum der Rentner trotz der erwiesenen Vergewaltigung nicht ins Gefängnis muss, zeigt ein Blick in den Auszug des Bundeszentralregisters. Es war bis gestern lupenrein. „Gesessen” hat der Mann allerdings bereits zwölf Jahre, als politischer Gefangener in der ehemaligen DDR.
Einig waren sich alle Beteiligten bei der Strafzumessung. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Yvonne Helm, und auch Rechtsanwalt Frank Henk plädierten für eine zweijährige Bewährungsstrafe, die anschließend auch vom Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Torsten Hoffmann verhängt wurde.
Hat eine Frau, die sich in einem fremden Land in eine solche Situation begibt, Anspruch auf Schmerzensgeld? Verteidiger Frank Henk mochte sich damit nicht anfreuden. Ähnlich sah es auch das Gericht und sprach dem Opfer schließlich die Summe von 500 Euro zu.