Siegen. . Es war das bittere Ende einer gescheiterten Beziehung. Am 20. August 2011 verblutete eine junge Frau (18) aus Bad Kreuznach in einer Unterführung des Siegener Hauptbahnhofs, tödlich verletzt durch eine Messerattacke ihres ehemaligen Lebensgefährten. 52 Mal stach der 22-Jährige zu, der sich seit Donnerstag vor dem Schwurgericht verantworten muss.

Staatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss geht von Mord aus, Verteidiger Dr. Frank Nobis von einer Affekttat. Sein Mandant schwieg. Der Mann aus Lahnstein bereue aber die Tat und würde sie gern ungeschehen machen.

Am Tattag war der Angeklagte nach Kreuztal gekommen, um bei seinem ehemaligen Vermieter Sachen abzuholen. Er hatte dort einige Zeit mit dem Opfer zusammengelebt, bis die Beziehung aufgrund ständiger Streitereien und Eifersuchtsanfälle des Mannes zerbrach. Als er erfuhr, dass sich die junge Frau mit dem gemeinsamen Kind (damals fünf Monate) und einem fremden Mann in Siegen aufhalte, fuhr er dorthin, um sie am Bahnhof abzupassen. Sie gestatte ihm nicht mal eine halbe Stunde mit dem Kind, soll der Angeklagte gesagt und gedroht haben, den Mann „abzustechen“.

Am Bahnhof traf er seine ehemalige Gefährtin allein mit dem Kind an und fiel in der Unterführung zwischen den Gleisen 2 und 3 über sie her. Was dort geschah, schilderte ein 28-jähriger Zugbegleiter, der durch einen „erbärmlichen Schrei“ auf das Geschehen aufmerksam wurde.

Beziehungskrach und Eifersuchtsanfälle

Der Angeklagte habe das Opfer die Treppe hinabgezerrt und in die Ecke geworfen. „Er stand über sie gebeugt und hat sehr gezielt in Richtung Hals gestochen“, schilderte der Zeuge. Überall sei Blut gewesen, „ihr Gesicht war kaum noch zu sehen“. Einmal habe der Täter eine Pause gemacht, sei ein paar Schritte zurückgegangen, dann wieder über die Frau hergefallen.

Ein weiteres Mal habe der Angeklagte abgelassen, als er selbst ihn angebrüllt und ihm mit der Polizei gedroht habe: „Er kam ein paar Schritte auf mich zu. Seine Augen waren leer, er wirkte apathisch.“ Dann sei die dritte Attacke erfolgt. Anschließend „trat er ihr gegen den Kopf, dass der gegen die Wand schlug und wie ein Fußball wieder auf den Boden prallte“. Einerseits habe der Täter gewirkt, „als sehe er nichts um sich herum“, anderseits aus seiner Sicht aber doch sehr zielgerichtet gehandelt.

Der Mann griff sich schließlich sein Kind und rannte Richtung Innenstadt, wo er bei einem türkischen Kulturverein Zuflucht fand. Dort erzählte er, seine Frau wegen Fremdgehens erstochen zu haben, ließ das Kind dort und floh. Passanten hatten ihn allerdings verfolgt, so dass er festgenommen werden konnte.

Passanten filmten nur, aber halfen nicht

Der Zeuge hatte während der Tat nicht nur verbal eingegriffen, sondern auch noch zwei Kinder aus der Unterführung entfernt, die dem Geschehen entsetzt zugeschaut hätten. Dann forderte er wartende Passanten auf, die Polizei und die Feuerwehr zu rufen. „Auf der gegenüberliegenden Seite sah ich auch viele Leute. Aber ich hatte nicht den Eindruck, die rufen die Polizei. Die haben ihre Handys draufgehalten, um zu filmen und zu fotografieren“, erzählte der Mann, der nach der Tat psychologisch betreut wurde und noch mitgenommen wirkte.

Die Stiche und Schnitte konzentrierten sich auf Kopf, Hals und Brust. Dazu gab es Verletzungen an den Armen, die offenbar auf Abwehrbewegungen zurückzuführen seien, attestierte Rechtsmediziner Dr. Eberhard Joseph. Beide Halsvenen und die Arterie seien verletzt worden, selbst ein Notarzt hätte nichts mehr ausrichten können.